Kohlenstoffmonoxid. Jochen Thorns
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1. Auflage 2020
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© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
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ISBN 978-3-17-032483-1
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[7]1 Anstelle eines Vorwortes: Warum »Einsatz CO«?
Vermutlich ist fast jeder Feuerwehrangehörige in Deutschland bereits einmal bei einem Einsatz einer erhöhten Konzentration von Kohlenstoffmonoxid ausgesetzt worden. Dies ist normal, denn schließlich wird bei jeder unvollständigen Verbrennung unter anderem Kohlenstoffmonoxid (CO) freigesetzt. Seit einigen Jahren ist jedoch das Bewusstsein um die Auswirkungen einer erhöhten CO-Konzentration gestiegen und es kommt immer wieder zu Feuerwehreinsätzen mit dem Einsatzstichwort »Gasausströmung CO«, »CO-Austritt« oder ähnlich.
Dies hängt nicht nur mit möglichen Suiziden durch die Nutzung von Grillgeräten im Gebäude zusammen, sondern auch durch die Renaissance von feststoffbefeuerten Heizungsanlagen, mangelhaft gewarteten Schornsteinanlagen, Shisha-Bars und letztlich durch die Erkenntnis, dass Kohlenstoffmonoxid bei Bränden auch durch Bauteile diffundieren kann.
Warum aber ist der »Einsatz CO« ein Thema bei der Feuerwehr und beim Rettungsdienst, wenn dies jahrzehntelang mehr oder minder ignoriert wurde – denn das Auftreten einer erhöhten CO-Konzentration ist ja nicht neu. Dies hat mehrere Gründe: Einerseits ist das Gefahrenbewusstsein der Einsatzkräfte gegenüber einer erhöhten CO-Konzentration und damit auch der Anspruch eines besseren Eigenschutzes gestiegen. Andererseits haben verschiedene (Forschungs-)Projekte vergangener Jahre erst die Voraussetzungen dazu geschaffen.
Gerade die Erkenntnisse aus den (Forschungs-)Projekten sind nicht zu unterschätzten. Die Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rettungsdienst sind gehalten, sich selbst zu schützen und so genannte CO-Warner zu tragen. Außerdem sollten sie beim Auslösen der CO-Warner oder beim Vorhandensein von Erkundungsergebnissen, die auf eine erhöhte CO-Konzentration hindeuten, das Einsatzstichwort »CO« auslösen. Nur mit ausgebildeten und entsprechend ausgerüsteten Einsatzkräften kann der »Gefahr Kohlenstoffmonoxid« entsprechend begegnet und eine Gefahr für die eigenen Einsatzkräfte, aber auch für die Allgemeinheit abgewendet werden.
Dieses Buch soll zum Verständnis der Thematik »Kohlenstoffmonoxid« beitragen, Hinweise zu Technik und Taktik geben und Hintergrundwissen zur Abarbeitung eines Einsatzes »CO« liefern.
Kommen Sie gesund von Ihren Einsatz wieder!
Jochen Thorns
Filderstadt, im Sommer 2020
[9]2 Eigenschaften von Kohlenstoffmonoxid
2.1 Chemische und physikalische Eigenschaften von Kohlenstoffmonoxid
Kohlenstoffmonoxid ist ein anorganisches farbloses, geruchloses und geschmackloses Gas, das durch die menschlichen Sinnesorgane (Riechen, Hören, Sehen, Schmecken) nicht wahrgenommen werden kann. Es hat eine hochtoxische Wirkung auf das Blut, die Nerven und die Zellen des menschlichen Körpers.
Kohlenstoffmonoxid (engl. Carbon monoxide) wird im Deutschen oft umgangssprachlich mit Kohlenmonoxid oder mit der chemischen Formel CO bezeichnet. Dies bedeutet, dass Kohlenstoffmonoxid eine chemische Verbindung von Kohlenstoff und Sauerstoff ist (2 C + O2→ 2 CO). Es gehört zur Gruppe der Kohlenstoffoxide und entsteht bei der unvollständigen Oxidation von kohlenstoffhaltigen Substanzen. Dies erfolgt zum Beispiel beim Verbrennen dieser Stoffe, wenn nicht genügend Sauerstoff zur Verfügung steht oder die Verbrennung bei hohen Temperaturen stattfindet.
Kohlenstoffmonoxid hat ein Molekulargewicht von 28,01 g/mol. Die Dichte (Luft = 1) liegt bei 0,97 g/cm3. Dies bedeutet, dass Kohlenstoffmonoxid leichter als die Umgebungsluft ist und nach oben steigt. Durch das geringe Molekulargewicht verfügt Kohlenstoffmonoxid über eine hohe Diffusionsfähigkeit und kann durch Decken und Wände sowie Materialien wie Holz und Beton dringen (siehe auch Kapitel 6). Kohlenstoffmonoxid verteilt sich ungleichmäßig als Gaswolke in Räumen; die Ausbreitung wird stark von Luftströmungen und -verwirbelungen beeinflusst (ThFV/AGBF Thüringen, 2016). Der Stoff ist mit einer Wasserlöslichkeit von 2,23 g/l in die Wassergefährdungsklasse 1 eingestuft.
Besonders zu beachten ist das Brandverhalten von Kohlenstoffmonoxid. Es besteht eine extreme direkte Brandgefahr aufgrund der Siedetemperatur von –192 °C (bei 1013 hPa) und des weiten Explosionsbereiches mit einer Unteren Explosionsgrenze (UEG) – je nach Quelle – zwischen 10,9 und 12,5 Vol-% (109.000 bzw. 125.000 ppm) sowie einer Oberen Explosionsgrenze (OEG) von 74,0 Vol.-% (740.000 ppm). Die Bildung explosionsfähiger Gasgemische mit einer möglichen Entzündung durch Funken ist möglich. Bei Kohlenstoffmonoxid besteht zudem eine indirekte Brandgefahr, da sich die Verbindung elektrostatisch mit der Gefahr einer Entzündung aufladen kann.
Bei einem Brandprozess mit hohen Temperaturen muss als Gefahr für die Einsatzkräfte vor allem auch die Reaktion von Kohlenstoffdioxid zu Kohlenstoff[10]monoxid beachtet werden. Denn zwischen Kohlenstoffmonoxid und Kohlenstoffdioxid stellt sich bei der Umsetzung von Kohlenstoffdioxid und glühendem Kohlenstoff grundsätzlich zunächst das so genannte Boudouard-Gleichgewicht ein. Hohe Verbrennungstemperaturen verschieben dieses Gleichgewicht aufgrund der endothermen Reaktion auf die Produktseite, also zum Kohlenstoffmonoxid.
Tabelle 1: Technische Daten von Kohlenstoffmonoxid
GSBL – Gemeinsamer Stoffdatenpool Bund/länder | Hommel – Handbuch der gefährlichen Güter (nur abweichende/ergänzende Angaben zu GASBL) | |
Schmelztemperatur | –205 °C | |
Siedetemperatur | –192 °C (bei 1013 hPa) | |
Flammpunkt | < –191 °C | |
Kritische Temperatur | –140 °C | |
Zündtemperatur | 607 °C | |
Relative Dichte/Dampfdichteverhältnis (Luft = 1) | 0,97 g/cm3 | |
Dampfdruck |
30.609 hPa (entspricht: |