Wheelchair Diary. Vivian Schey

Wheelchair Diary - Vivian Schey


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      Über Nora, 16, aus Fayetteville, Tennessee, kann man vieles sagen, doch nicht, dass sie langsam wäre. Doch mit einem Unfall ändert sich alles, sie ist nicht mehr sie selbst. Ihre Therapeutin hat dann da aber so eine Idee, und was aus der erwächst, hätte Nora nie erwartet ...

      Wheelchair diary

      Das Rollstuhltagebuch

       Impressum

      Wheelchair Diary

      Das Rollstuhltagebuch

      Eine LGTBI-Geschichte in 112 Tagen

      ©2019 Mathias Kronemann’s V-Ltier Verlag

      Adolf-Tegtmeier-Allee 12

      99438 Bad Berka, Deutschland

      Alle Rechte vorbehalten

      [email protected]

      [email protected]

      Leseempfehlung: ab 16 Jahren

      Alle Ereignisse und Personen in diesem Buch sind frei erfunden. Alle Ähnlichkeiten mit Lebenden oder Verstorbenen sind deshalb rein zufällig und nicht beabsichtigt.

       Für Eltern

      Halt, stopp! Hui, Sie sind aber schnell! Gut, dass ich Sie noch vor der Kasse erwischt habe. Denn wissen Sie, eigentlich sollten Sie dieses Buch besser nicht kaufen. Ernsthaft, ist eine dumme Idee. Gerade wenn es, wie in Ihrem Fall, als Geschenk gedacht ist. Ja, ich habe gelauscht, tut mir leid. Aber es war nötig, denn wenn Sie es dennoch tun, dann könnte diese gut gemeinte Idee ganz böse nach hinten losgehen. Und dafür möchte ich nicht verantwortlich sein!

      Falls Sie allerdings um dieses Buch gebeten worden, dann verzeihen Sie bitte die Störung, okay? Nur zu, ich will Sie nicht weiter aufhalten. Schönen Tag no… Sekunde mal! Das ist doch hier kein Buchladen? Halten Sie mich doch mal ein bisschen höher, bitte. Nein, nicht so! Andersrum! Stehen Sie da etwa im Kinderzimmer!? Also wirklich! Schämen Sie sich denn überhaupt nicht? Das hier geht Sie doch gar nichts an! Los, Nase raus und zuklappen! Sofort! Als ob ich in Ihren Sachen herumwühlen würde.

      So eine Unverschämtheit …

       Checkliste

      Willkommen in Deinem Zimmer! Oder wo auch immer Du dies liest. Bevor Du anfängst, hier noch ein paar Sachen, die Du vielleicht brauchst oder tun solltest:

      • Eine Flasche Wasser gegen Durst.

      • Einen Schokoriegel für Hungerattacken.

      • EINEN, leg den anderen zurück!

      • Den Bruder aus dem Zimmer jagen.

      • Zwei Kissen nehmen, ist bequemer.

      • Taschentücher nicht vergessen!

      • Nochmal auf’s Klo gehen.

      • Für ausreichend Licht zum Lesen sorgen!

      • Tür zu.

      Gut, das wär’s soweit. Dann mal los!

      Umblättern in 3... 2... 1...

      MO

      Meine Therapeutin hält das hier für eine gute Idee.

      Ich nicht.

      Liebes Tagebuch

      Schwachsinn

      MI

      Na schön, also ich mach’s.

      Soll ehrlich sein, hat sie gesagt. Von mir aus.

      Also: Liebes Tagebuch, ich hab’ Dich vorgestern beim Walmart geklaut! Rezzo war dabei!

      Ich soll nicht sagen, wie ich heiße, soll ja nur für mich sein zur Reputil Rekpuka zum nochmal ansehen. Finde ich erst recht doof, also: Ich bin Nora, 16, aus Fayetteville, Tennessee. Ich sitze im Rollstuhl. Das war so: Ich fahre, seit ich denken kann, ein BMX. Jetzt nicht mehr, keine Beine. Aber davor schon, jeden Tag. Zur Schule und auch danach, es hat riesig Spaß gemacht. Gut, ich habe auch mal ein paar Leute damit geärgert, weswegen die mir die Polizei auf den Hals gehetzt haben. Tja, bin ich eben abgehauen, aber die sind mir hinterher. Ich wollte abkürzen und noch schnell über die Straße, bevor der Müllwagen an der Ampel losfährt. Dass dahinter noch ein Müllwagen fuhr, hatte ich nicht gesehen. Hat mich voll erwischt, bin mit dem Kopf gegen den Kühler geknallt und die Vorderräder sind über meine Beine gerollt. Hab ich aber schon nicht mehr mitbekommen. Bin erst im Krankenhaus munter geworden, da waren die Beine aber schon ab. Sie hätten sie nicht retten können, haben sie gesagt. Wer braucht schon Beine

      DO

      Okay, neuer Tag.

      Soll ich so machen, jeden Tag auf eine neue Seite schreiben. Was mir so durch den Kopf geht und so. Ich finde das total blöde.

      Rezzo, mein Kumpel ist da. Hat mir einen Witz erzählt und ist dann in die Garage gegangen.

      Mein neuer Rennrollstuhl nimmt Formen an! Ich freue mich schon wahnsinnig darauf, ihn in echt ausprobieren zu können! Rezzo ist ein Genie, wenn es ums Handwerk geht. Er kann einfach alles reparieren. Oder eben was Neues basteln, wie meinen Rollstuhl. Er wird drei große Räder haben, die hinteren schräg, damit ich besser greifen kann. Rezzo hat gesagt, dass er sowas bei Olympia gesehen hat, die wären echt schnell damit gewesen. Mal sehen, wie schnell ich werde, wenn er fertig ist!

      FR

      Heute in der Schule hat sich mal wieder jemand über mich lustig gemacht. Wehren musste ich mich aber nicht, es kamen gleich ein paar Leute und wollten helfen. Obwohl das gar nicht nötig war. Jeder, der mich sieht, denkt immer sofort, ich wäre ein Krüppel. Ich hasse das!

      SA

      Rezzo hat für heute abgesagt, seine Familie wolle mit ihm wegfahren. Hoffentlich bringen sie ihn auch wieder mit zurück! Klingt doof, wenn ich daran denke, aber ohne ihn wäre ich manchmal ganz schön aufgeschmissen.

      SO

      Rezzo hat sich noch nicht gemeldet, ist aber nicht wild. Manchmal vergisst er die einfachsten Sachen.

      Ich hab’ gerade erinnert, wie ich ihn kennengelernt habe. Er ist mir in der Schule ständig nachgelaufen, hat sich nicht getraut, mich anzusprechen. In der Klasse haben sie sich schon lustig gemacht, weil er mir wie ein Hund hinterher gedackelt ist. Nach dem Unterricht ist er mit mir aus dem Bus gestiegen und als der weg war, hatte er wohl den Mut gefunden, mich anzuquatschen. Hat an einem Stück geredet, ohne Punkt und Komma, bis ihm die Luft ausging. Dann hätte er beinahe angefahren zu flennen, weil er keine Luft mehr und noch so viel zu sagen hatte. Hab ihn dann mit heim genommen, er hat sich geziert, als wäre er fünf Jahre alt! Als Erstes wollte er seine Mama anrufen, damit sie sich keine Sorgen machte. Ich musste fast lachen! Aber er war so grundehrlich, ich konnte einfach nicht. Dann hat er wieder angefangen zu reden und gesagt, dass er sowas wie Autismus habe und ich jetzt nicht weggehen sollte, weil er mich liebe. Tja, da musste ich ihm wohl oder übel das Herz brechen! Aber er hat es komischerweise sofort verstanden und war total erleichtert. Dann fing er an, mich nach meinen Hobbys zu fragen. Ich nahm ihn wie ein kleines Kind an die Hand und ging mit ihm in die Garage, wo mein Fahrrad stand. Er hat leuchtende Augen bekommen und fing wieder an zu reden wie ein Wasserfall! Zwischendurch sind Brian und Lisa nach Hause gekommen, er hat sie nur kurz begrüßt und schwafelte einfach weiter. Als dann die Sonne schon beinahe untergegangen ist, da hat er fast Panik bekommen und wusste nicht mehr, wie man telefoniert! Lisa hat dann die Wahlwiederholung gedrückt und seine Mama hat ihn abgeholt. Kaum war sie da, waren wir Luft und er hat sie zugequasselt. Eine Verabschiedung gab es nicht. Na ja, gibt es eigentlich bis heute nicht. Rezzo geht einfach, wenn er genug hat. Wir sind es gewohnt.

      MO

      Bin heute von der Therapie zurückgekommen und Rezzo hat in der Garage am Rahmen für meinen Rollstuhl geschweißt. Er ist dann mit uns reingegangen, hatte wahnsinnig Durst. Da hat er auch erzählt, dass seine Eltern ihn gestern zum Baumarkt gefahren und das Schweißgerät gekauft haben. Wir haben dann bis Sonnenuntergang


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