Die Abenteuer des Sherlock Holmes. Sir Arthur Conan Doyle

Die Abenteuer des Sherlock Holmes - Sir Arthur Conan Doyle


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      Arthur Conan Doyle

      Die Abenteuer des Sherlock Holmes

      Saga

       Die Abenteuer des Sherlock Holmes

       10 Sherlock Holmes Geschichten:

       Fünf Apfelsinenkerne

       Ein Fall geschickter Täuschung

       Die Geschichte des blauen Karfunkels

       Der Mann mit der Schramme

       Der geheimnisvolle Mord im Thale von Boscombe

       Der Bund der Rothaarigen

       Die Geschichte des Beryll-Kopfschmucks

       Die verschwundene Braut

       Der Daumen des Ingenieurs

       Das getupfte Band

      Copyright © 1891, 2020 Arthur Conan Doyle und SAGA Egmont

       All rights reserved

       ISBN: 9788726372250

      1. Ebook-Auflage, 2020

      Format: EPUB 3.0

      Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit Zustimmung von SAGA Egmont gestattet.

      SAGA Egmont www.saga-books.com und Lindhardt og Ringhof www.lrforlag.dk

      – a part of Egmont www.egmont.com

      Fünf Apfelsinenkerne

      Ueberblicke ich meine Berichte und Notizen über die von Sherlock Holmes behandelten Fälle aus den Jahren 1882—90, so treten mir so viele absonderliche, interessante Züge entgegen, dass es mir schwer wird, die besten auszusuchen. Indessen sind einige bereits durch die Zeitungen bekannt geworden, während andere zur Entfaltung gerade derjenigen Eigenschaften, welche meinen Freund in so hohem Grade auszeichneten, keine rechte Gelegenheit darboten. In einigen Fällen scheiterte sogar seine Kunst, und die Erzählung derselben würde sich nicht lohnen, während andere nur teilweise aufgeklärt worden sind, so dass ihre Lösung mehr auf Vermutung und Wahrscheinlichkeit beruht als auf jenem absolut logischen Beweis, an dem Sherlock Holmes seine ganz besondere Freude hatte. Einer dieser letzteren Kriminalfälle war jedoch in seinen Einzelheiten so merkwürdig, so schrecklich in seinen Folgen, dass ich davon berichten möchte, obwohl mancher Punkt darin nicht aufgeklärt wurde und sich wohl nie völlig anfklären wird.

      Das Jahr 1887 war besonders reich an interessanten Fällen, über welche ich mir Aufzeichnungen gemacht habe. Ich finde darunter Berichte über die schwindelhafte Bettler-Gesellschaft, die einen luxuriösen Klub in den Kellerräumen eines Lagerhauses hatte, über die Thatsachen, die sich auf den Untergang des britischen Seglers ,Sophie Anderson‘ beziehen, über die merkwürdigen Erlebnisse der Patersons auf der Insel Uffa und schliesslich über den Camberwellschen Giftmord. Bekanntlich hat Sherlock Holmes in dem letztgenannten Falle durch das Aufziehen der Uhr des Verstorbenen festzustellen vermocht, dass diese zwei Stunden vorher aufgezogen, und jener demnach um diese Zeit zu Bett gegangen war — ein Beweismittel, das sich zur Aufklärung des Thatbestandes von grosser Wichtigkeit erwies. Auf alle diese Fälle komme ich vielleicht ein andermal ausführlicher zurück, aber kein einziger ist in seinem Verlauf so eigentümlich wie der, den ich mir für diesmal zur Wiedergabe ausgewählt habe.

      Es war in den letzten Septembertagen, und die Herbststürme tobten mit ungewöhnlicher Macht. Vom Morgen an heulte der Wind, der Regen schlug dermassen an die Fenster, dass wir auf Augenblicke von unserm gewohnten Thun und Treiben abgezogen wurden und uns selbst hier, inmitten des grossen von Menschenhand erbauten London, gezwungen sahen, die Gewalt jener Naturkräfte anzuerkennen, welche durch die künstlichen Schranken der Zivilisation hindurch die Menschheit antoben und anbrüllen wie ungebändigte Tiere im Käfig.

      Immer heftiger wurde der Sturm, als der Abend hereinbrach, und im Kamin seufzte und stöhnte es wie ein klagendes Kind. Verdriesslich sass Sherlock Holmes am Feuer und beschrieb die Rückenschilder seiner Kriminalakten, während ich mich ihm gegenüber in einen der trefflichen Seeromane Clark Russells vertiefte. 1 Das Toben draussen stimmte völlig mit dem Text überein, und im Prasseln des Regens wähnte ich das lang hingezogene Rollen der Meereswogen zu vernehmen. Meine Frau war bei ihrer Tante auf Besuch, und so hatte ich wieder einmal mein früheres Heim in der Bakerstrasse bezogen.

      „Was?“ sagte ich, auf meinen Freund blickend, „es hat wirklich geklingelt. Wer mag das sein heute abend?“ Vielleicht einer deiner Freunde?“

      „Ausser dir, Watson, habe ich keinen; ich lade niemand ein,“ gab er zurück.

      „So ist’s ein Klient.“

      „Ist’s einer, so ist die Sache wichtig. Geringes führt keinen Menschen bei solchem Wetter und zu solcher Stunde her. Aber wahrscheinlich ist’s eine alte Base der Wirtin.“

      Sherlock Holmes hatte sich geirrt. Draussen liessen sich Schritte vernehmen, und es klopfte an die Thür. Er strekte den langen Arm aus, um das Lampenlicht von sich hinweg nach dem leeren Stuhl zu richten, auf den sich der Ankömmling setzen musste.

      „Herein,“ rief er dann.

      Der Eintretende, ein junger Mann von ungefähr 22 Jahren, war wohl gebaut, gut gekleidet, ja seine Erscheinung zeigte eine gewisse Gewandtheit und Eleganz. Der triefende Schirm in seiner Hand und der lange, glänzende Gummimantel legten vom Wetter draussen, das er nicht gescheut, beredtes Zeugnis ab. Er blickte, vom Lampenlicht geblendet, unruhig umher; Seine Wangen waren blass, und es lag ein Druck auf seinen Augen, wie das bei Menschen vorkommt, auf denen schwere Besorgnis lastet.

      „Ich muss um Entschuldigung bitten,“ sagte er und setzte seinen goldenen Klemmer auf. „Hoffentlich störe ich nicht. Ich bedaure, die Spuren des Wetters in Ihr behagliches Zimmer gebracht zu haben.“

      „Geben Sie mir Schirm und Mantel,“ bat Holmes. „Hier am Kamin trocknet beides schnell. Sie kommen von Süd-West, wie ich sehe.“

      „Ja, von Horsham.“

      „Die Mischung von Thon und Kalk an Ihren Stiefelspitzen lässt daran nicht zweifeln.“

      „Ich kam, mir Rat zu holen.“

      „Den sollen Sie gern haben.“

      „Auch Hilfe!“

      „Die lässt sich nicht immer so leicht gewähren.“

      „Ich hörte von Ihnen, Herr Holmes. Major Prendergast erzählte mir, wie Sie ihn aus dem Tankervilleklub-Skandal retteten.“

      „Allerdings. Irrtümlich wurde er falschen Kartenspiels beschuldigt.“

      „Er sagt, Sie bekämen alles heraus.“

      „Da sagt er zuviel.“

      „Sie liessen sich nie hinters Licht führen.“

      „Viermal ist mir das passiert — dreimal von Männern, einmal von einer Frau.“

      „Was ist das im Vergleich zu Ihren Erfolgen?“

      „Allerdings hatte ich meist Erfolg.“

      „Hoffentlich werden Sie den auch in meinem Fall haben.“

      „Bitte, rücken Sie Ihren Stuhl näher an das Feuer, und teilen Sie mir gefälligst mit, um was es sich handelt.“

      „Es ist nichts Alltägliches, was mich herführt.“

      „In gewöhnlichen Fällen wendet man sich auch nicht an mich. Ich bin die letzte Instanz.“

      „Und dennoch zweifle ich, ob Sie bei all Ihrer Berufserfahrung je einer dunkleren und unerklärlicheren Verkettung von Umständen begegneten, als die sind, welche ich aus meiner Familie zu berichten habe.“

      „Sie


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