Amerika Saga. Frederik Hetmann

Amerika Saga - Frederik Hetmann


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tanzen wolle. Sie sagte zu und nach dem Tanz setzte ich mich neben sie, und es begann ein sehr freundliches Gespräch. Die Mutter kam hinzu, und so im Spaß nannte sie mich ihren Schwiegersohn. Das verwirrte mich, aber ich fasste es als einen Spaß auf und versuchte zurückzugeben, so gut ich konnte. Den ganzen Abend über war ich immer freundlich zu der alten Dame, denn ich dachte an das alte Sprichwort: Man muss die Kuh einsalzen, wenn man das Kalb fangen will ...

      Das Tanzvergnügen dauerte bis zum Morgen, und ich kann mich nicht erinnern, je eine so fröhliche Nacht verbracht zu haben.

      Heimgekehrt zu meinem Quäker, schloss ich mit ihm einen Vertrag. Ich würde für seinen Sohn arbeiten und dafür sein Pferd bekommen. Es war das erste Pferd, das ich je besessen habe, und es kostete mich sechs Monate. Fünf oder sechs Wochen vergrub ich mich in die Arbeit, dann hielt ich es nicht mehr aus. Ich musste das Mädchen besuchen, das ich auf dem Erntefest kennengelernt hatte. Ich sattelte mein Pferd, und auf ging's. Als ich zum Haus ihrer Eltern kam, war sie nicht daheim. Ich sprach mit ihrem Vater, der ein kluger alter Mann war, auch ihre Mutter war da und gesprächig und lustig wie damals.

      Eine Weile später kam das Mädchen von einer Versammlung heim. Sie brachte einen jungen Mann mit, der gewisse Rechte auf sie zu haben schien, denn er tat sehr vertraut mit ihr und ließ mich kaum zu Wort kommen, wenn wir uns unterhielten. Solltest du wieder einmal vor dem falschen Baum bellen? fragte ich mich. Du wirst dir Klarheit verschaffen, das ist das Beste, so oder so! Es begann schon dunkel zu werden, und wenn ich in derselben Nacht zurückreiten wollte, lag noch ein Weg von fünfzehn Meilen vor mir. Da begann das Mädchen dem anderen Gentleman zu verstehen zu geben, dass er nun besser mit seinen eigenen vier Wänden Zwiesprache halte. Sie begleitete ihn zur Tür, kam dann zurück und bestand darauf, dass ich über Nacht bleiben müsse. Auch war es nun all ihren Handlungen und Andeutungen zu entnehmen, dass sie mich dem anderen vorzog.

      Aber es dauerte nicht lange, bis sich eine neue Schwierigkeit ergab. Die Mutter des Mädchens stand auf der Seite meines Rivalen, und ich hatte nun sowohl gegen ihren, als auch gegen den Einfluss des anderen Mannes zu kämpfen. Das Mädchen war der Preis, und da sie mich mochte, war ich ganz sicher, schließlich doch den Sieg davonzutragen, mochte kommen, was wollte. Als ich ihren alten Verehrer erst einmal losgeworden war, begann ich mit ihr zu schäkern. Ich blieb bei ihr bis zum Montagmorgen, dann musste ich zu der Quäkerfamilie zurück.

      Etwa zwei Wochen später nahm ich mit vielen anderen Männern an einer Wolfsjagd teil. Das war eine Beschäftigung ganz nach meinem Sinn: groß wie das Leben selbst. Ich streifte durch Waldgebiete, die ich nicht kannte. Diese Gegend war nur dünn besiedelt. Unversehens begann sich der Himmel zu bedecken und einen Augenblick später wusste ich nicht mehr, wo ich war. Ich lief in eine Richtung, in der ich eine Behausung vermutete. Aber es war genau der falsche Weg, und als Ratschlag für junge Jäger will ich nur dieses sagen: der Weg nach Hause führt immer dort entlang, wo du instinktiv nicht entlanggehen würdest! Diese Regel stimmt in neun von zehn Fällen. Ich schritt kräftig aus, denn es wurde nun schnell dunkel. Da sah ich ein Mädchen, das eilig vor mir herlief. Ich sagte mir: Wo ein Mädchen ist, kann auch ein Haus nicht weit sein! Also rannte ich ihr nach, bis ich sie eingeholt hatte. Und wer stand da vor mir? Meine kleine irische Freundin, die ich sechs Wochen nicht gesehen hatte! Ein Pferd ihres Vaters war fortgerannt, und auf der Suche nach dem Tier hatte auch sie sich verirrt. Sie war den ganzen Tag gelaufen und sehr müde. Ich wusste mich kaum zu fassen vor Freude. Nie war sie mir so schön vorgekommen wie jetzt in diesem dunklen Wald.

      Schließlich kamen wir an einen Weg, der ja irgendwohin führen musste. Wir folgten ihm und gelangten kurz nach Einbruch der Dunkelheit an ein Haus. Hier blieben wir über Nacht. Wir taten kein Auge zu. Wir redeten und kosten, bis es Morgen wurde. Dann trennten wir uns. Sie ging zum Haus ihrer Eltern zurück, das etwa sieben Meilen entfernt lag, und ich lief zurück zu der Quäkerfarm.

      Es gab viel zu tun, und es vergingen fast vier Wochen, bis ich sie wieder sah. Als ich mein Pferd abgearbeitet hatte, überlegte ich mir, wie mir eine neue Abfuhr wohl bekommen würde. Ach, sagte ich mir, versuch es! Bei unserer nächsten Zusammenkunft setzten wir den Hochzeitstag fest, und dann ging ich zu ihren Eltern. Die alte Dame schien mächtig wütend, und als ich zur Sache kam, warf sie mir einen Blick so schartig wie die Klinge einer Fleischeraxt zu. Der Vater hingegen schien mir wohlgesonnen und behandelte mich freundlich.

      Aber es dauerte nicht lange, und die Frau wurde wieder zornig und setzte mich gewissermaßen vor die Tür. Ich dachte, du willst sie an die alten Zeiten erinnern und sehen, wie das wirkt. Also erinnerte ich sie daran, dass sie mich »Schwiegersohn« genannt hatte, längst ehe ich es wagte, sie mir als meine Schwiegermutter vorzustellen.

      All das machte gar keinen Eindruck auf sie. Im Gegenteil, ihr irisches Temperament riss sie zu immer neuen Zornesreden hin. Schließlich gab ich mein Zureden auf. Für mich war es schließlich auch nur wichtig, die Tochter auf meiner,Seite zu haben, und in diesem Punkt gab es nun keine Zweifel mehr. Ich fühlte mich von der alten Dame beleidigt, und so sagte ich ihrer Tochter, ich würde sie am nächsten Donnerstag holen kommen. Zwar erklärte ihre Mutter, davon könne gar keine Rede sein, aber ich ließ mich nicht beirren:

      Als der Donnerstag herankam, waren im Hause meines Vaters alle Vorbereitungen getroffen, um meine Frau zu empfangen. Zusammen mit meinem ältesten Bruder, dessen Frau, meinem zweiten Bruder, meiner Schwester und zwei anderen jungen Leuten machte ich mich auf, um meine Braut abzuholen. Als wir uns der Siedlung, in der ihre Eltern wohnten, bis auf zwei Meilen genähert hatten, trafen wir eine große Gesellschaft, die von der Hochzeit hatte läuten hören und auf uns wartete.

      Als wir vor das Haus der Brauteltern kamen, empfing uns meine zukünftige Schwiegermutter mit bösen Reden. Mein Schwiegervater aber füllte die leeren Flaschen meiner Brautwerber, und diese liefen zu meiner Hochzeitsgesellschaft, um ihnen einzuschenken. Ich ritt mit meinem Pferd bis unter die Haustür und tat so, als käme es mir gar nicht in den Sinn, abzusteigen. Ich fragte das Mädchen, ob sie bereit sei, und sie sagte: »Ja.« Sie bestieg dann das zweite Pferd. Inzwischen war ihr Vater ans Tor gelaufen und versuchte, mich dazu zu bewegen, dazubleiben und in seinem Haus zu heiraten. Er habe keine Einwände gegen unsere Ehe und seine Frau, wie die meisten Weiber, rede zu viel, ich möge mich doch darum bitte nicht kümmern.

      Ich antwortete ihm, ich sei bereit zu bleiben, wenn sie mich ebenfalls dazu auffordere. Er ließ sie herbeiholen, sprach mit ihr eine Weile, dann kam sie zu mir, machte plötzlich ein freundliches Gesicht, bat mich um Verzeihung und forderte mich auf, zu bleiben. Sie sagte, dies sei nun mal ihr einziges Kind und sie könne es einfach nicht fassen, dass sie es an mich verlieren solle. Wie die Dinge jetzt aber ständen, sehe sie ein, dass ihr Widerstand sinnlos sei, und sie wolle uns deshalb nun von Herzen alles Gute tun.

      Wir stiegen ab, schickten nach dem Pfarrer, und eine Stunde später waren wir verheiratet. Nun begann eine prächtige Hochzeitsfeier, die einen ganzen Tag und eine Nacht lang dauerte. Am nächsten Tag ritten wir zu meinem Vater hinüber, wo schon eine große Gesellschaft auf uns wartete. Wieder waren wir lustig, tranken und aßen gut, bis die letzten Gäste gegangen waren. Ich hatte das Gefühl, nun vollkommen glücklich zu sein. Ich hatte eine Frau, was auf der Welt brauchte ich mehr! Bald stellte sich heraus, dass dies ganz falsch war, denn nun, da ich eine Frau hatte, gab es tausend Dinge auf der Welt, die ich mir darüber hinaus wünschte und aber mir nicht kaufen konnte.

      Ein paar Tage blieben wir bei meinem Vater, dann ritten wir zu meinen Schwiegereltern zurück, wo ich, sehr zu meinem Erstaunen, meine alte irische Schwiegermutter in bester Stimmung vorfand. Sie gab uns zwei Kühe und zwei Kälber, und wenn das nun auch wahrlich keine große Mitgift war, so war es doch besser als nichts und weit mehr, als ich erwartet hatte. Ich pachtete eine kleine Farm und ein Blockhaus und machte mich an die Arbeit. Sorgen machte mir der Hausrat. Doch da half uns mein guter alter Freund, der Quäker. Er schenkte uns einen Scheck über fünfzehn Dollar, mit dem meine Frau in dem Dorfladen die tausend Kleinigkeiten kaufen konnte, die uns noch fehlten.

      Damit waren wir aller Sorgen vorerst ledig, und es ging uns recht gut. Meine Frau verstand gut mit der Spindel umzugehen und war – wie die meisten irischen Frauen – eine geschickte Weberin. Wir arbeiteten ein paar Jahre lang sehr hart, pachteten Land und zahlten dafür hohe Zinsen, bis es mir eines Tages in den Sinn kam, dies sei vielleicht doch nicht das Leben, das ich mir gewünscht


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