Wo der Wind weht. Frederik Hetmann

Wo der Wind weht - Frederik Hetmann


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       Im Springfield-Gebirge, wo ich wohnte,

       kannte ich einen netten Jungen.

       Eines Tages lief er durch eine Wiese.

       Er wollte Gras mähen gehen.

       Kaum war er über das halbe Feld hin gelaufen,

       als ihn eine Schlange in die Ferse biss.

       Er legte sich auf den Boden und verdrehte die Augen.

       »Ach, mein lieber Vater, sag doch bitte meinem Mädchen,

       ich werde gewiss sterben müssen.«#

       ,,O John, warum bist du nur in diese

       Wiese gelaufen, um zu mähen?«

       »Ach Sally, weißt du denn das nicht: Wenn das

       Gras gewachsen ist, muss es gemäht werden!

       Sally nahm seine Ferse in den Mund

       und versuchte das Schlangengift auszusaugen.

       Sally hatte einen verfaulten Zahn.

       Beide mussten von dem Schlangengift sterben.

       Ihr jungen Leute, vergießt eine Träne: so jung

       waren sie, und mussten doch schon sterben.

       Deswegen, junge Männer, seht euch vor.

       Passt auf, dass euch keine Schlange beißt.

      (Die deutsche Übersetzung ist – wie bei den anderen Liedern dieses Buches auch – lediglich als Verständnishilfe gedacht. Ich gehe davon aus, dass die Lieder in englischer Sprache gesungen werden.)

       Über den Hexenglauben in Neu-England

      Der Glaube, dass der Teufel in einen Menschen fahren könne und sich diesen mit Gold und Versprechungen untertan mache, ihn dann aber um seine Seele bringe, war unter den Puritanern Neu-Englands besonders ausgeprägt. Cotton Mather, einer der Chronisten der Kolonie, fürchtete allen Ernstes, dass Anhänger des Satans ganz öffentlich in Neu-England die Macht übernehmen würden. Als Gegenmaßnahme empfahl er drakonische Strenge und äußerste Wachsamkeit. Es kam zu einer ganzen Kette von Hexenprozessen, wobei vor allem die Geständnisse hysterischer Frauen, die man folterte, immer neue Verdächtigungen, Verhöre und Todesurteile auslösten. Auch in der Folklore hat der Satans- und Hexenglaube tiefe Spuren hinterlassen, und es gibt im Osten Amerikas eine Fülle von Teufelsmärchen und Hexensagen. Über die tieferen Ursachen des Hexenglaubens ist seither viel geschrieben worden. Das Problem bedarf einer weit ausholenden und genauen Auseinandersetzung, auf die wir uns hier nicht einlassen können. Recht pauschal ließe sich sagen, dass sich in den Hexenjagden unterdrückte Schuldgefühle, verdrängte Sexualität und Neid entluden. Auf welch geringfügige und noch dazu phantastische Behauptungen hin Menschen der Hexerei angeklagt (und schließlich auch hingerichtet) wurden, geht aus dem folgenden Gerichtsprotokoll aus Little Harbor in New Hampshire hervor:

      Am Tag des Herrn, dem 30. März, ist die Zeugin (Susanna Trimmings) mit der Frau Bartons abends heimgegangen. Sie trennten sich an einem Bach nahe ihrem Haus. Als die Zeugin dann umkehrte, hörte sie zwischen Herrn Evens und Robert Davids Haus im Wald ein Rascheln, von dem sie zunächst meinte, es müsse wohl von einem Schwein herrühren. Unmittelbar darauf aber sah sie sich einer alten Frau gegenüber, die sie als Frau Walford erkannte.

      »Sie fragte mich, ob noch jemand bei mir sei. Ich verneinte. Darauf sagte sie: ›Die bei dir war, ist jetzt daheim. Leih mir ein Pfund Baumwolle.‹ Ich sagte ihr, ich hätte noch zwei Pfund daheim, aber selbst für meine Mutter hätte ich keines übrig. Sie erwiderte, ich würde besser daran tun, es ihr doch zu geben, denn seien meine Sorgen jetzt schon groß, so würden sie sonst noch größer werden. Ich würde auf eine lange Reise gehen, aber niemals am Ziel ankommen. Sie ging dann fort, und mir war es, als träfe mich ein Blitzschlag auf den Rücken. Sie verschwand gegen den Bach hin, nach meiner Vorstellung in Gestalt einer Katze. Sie trug auf dem Kopf eine weiße Leinenhaube, die unter dem Kinn zusammengebunden war, ihr Rock und ihr Unterrock waren rot, und darüber trug sie eine alte grüne Schürze, und über der Leinenhaube hatte sie einen schwarzen Hut auf.«

      Zu Protokoll genommen und beschworen am 18. April 1665 vor Bryan Pendleton, Henry Sherburne und Renald Fernald.

      Aussage des Ehemanns Oliver:

      »Sie kam heim und war ganz elend. Sie ging an mir vorbei mit dem Kind auf dem Arm und legte das Kind ins Bett, setzte sich auf eine Kiste und stützte den Kopf auf die Hände. Dreimal fragte ich sie, was denn sei. Sie konnte nicht sprechen. Ich nahm sie in die Arme, tröstete sie und wiederholte die Frage. Sie rang nach Atem. Es war, als würge sie etwas im Hals. Ich schnürte ihr das Kleid auf, da redete sie und sagte: ›Der Herr sei mir gnädig, dieses böse Weib wird mich noch töten.‹ Ich fragte sie, was für ein Weib. Da sagte sie: ›Frau Walford!‹ Ich versuchte, sie davon zu überzeugen, dass sie sich das in ihrer Schwäche nur einbilde. Sie antwortete: ›Nein‹, und erzählte, auf ihrem Rücken sei eine Feuerflamme eingeschlagen und der Unterleib sei ihr ganz gefühllos gewesen. Ich kniff sie und sie spürte nichts. Die Nacht über, den anderen Tag und die nächste Nacht war sie krank. Es war ihr übel, und sie war so schwach, dass sie sich kaum auf den Beinen halten konnte. Und sie ist immer noch schlecht auf den Beinen.«

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       Der Teufel ist tot

      Anno 1668. In Neu-England traf ein Einwohner von Boston, ein gewisser J. Bradbent, seines Zeichens Steuereinnehmer und dazu ein Bursche, der gern in Saus und Braus lebt, auf der Straße ein ehrliches einfältiges Bäuerchen und sprach zu ihm:

      »Na, was gibt es Neues, guter Mann?«

      »Ich weiß keine Neuigkeit«, antwortet der Bauer.

      »Aber ich«, spricht der andere, »soll ich sie dir sagen?«

      »Und was wäre das?«

      »Der Teufel ist tot.«

      »Wie?« sagt der Bauer, »das kann ich nicht glauben.«

      »Ja doch, er ist tot … ganz gewiss.«

      »Nun«, erwidert der Bauer, »gestorben mag er wohl sein, aber zurückgelassen hat er zu Boston viele vaterlose Kinder!«

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       Blow ye winds in the morning

      Das nördliche Neu-England war bis ins 20. Jahrhundert das Zentrum der Walfängerei in der Neuen Welt. Eine Anzeige aus einer Zeitung des 19. Jahrhunderts, mit der Walfänger angeworben wurden, hatte folgenden Wortlaut:

      Hilfskräfte gesucht! Für die Walfangexpeditionen, die wöchentlich Boston, New Bedford und andere Häfen verlassen, werden 500 Seeleute gesucht. Erfahrungen wünschenswert, jedoch nicht Bedingung. Wir bitten in Brigg's Counting House, North-Spruce-Street, Boston, Massachusetts vorzusprechen.

      Matrosen- und Seefahrerlieder gibt es viele. Die meisten davon wurden jedoch wohl von Leuten verfasst, die vom warmen Ofen her durchs Fenster auf die stürmische See hinausschauten.

      Die echten Seemannslieder entstanden und wurden gesungen auf dem Vorschiff bei sehr harter Arbeit.

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