Diener zweier Herren. Barbara Kindermann

Diener zweier Herren - Barbara Kindermann


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       »Wie viele gibt es nicht, die einen Herrn suchen, und ich habe nun gleich zwei …«

      Armer Truffaldino! Da ist er doch tatsächlich heimlich noch in den Dienst eines zweiten Herrn getreten, um sich endlich einmal so richtig für zwei satt essen zu können – und was ist? Nie bleibt Zeit dafür. Seine zwei Herren halten ihn mit Aufträgen auf Trab und scheuchen ihn pausenlos hin und her. Kein Wunder, dass er bald in Bedrängnis gerät und tricksen muss, damit sein Doppelspiel nicht auffliegt. Dabei verwickelt er sich in immer dreistere Widersprüche und das Schlamassel nimmt unaufhaltsam seinen Lauf. Wird es dem pfiffigen Truffaldino gelingen, sich mit heiler Haut aus der Affäre zu ziehen und obendrein noch das Herz der reizenden Magd Blandina zu gewinnen …?

      Carlo Goldonis beliebtes Commedia dell’arte-Stück wird in der packenden Nacherzählung von Barbara Kindermann zum heiteren Lesespaß für die ganze Familie, voll Humor und Vitalität. Die herrlich atmosphärischen Bilder von Claudia Carls in typisch italienischen Farbnuancen lassen die turbulente Verwirrkomödie um den lustigen Truffaldino lebendig werden.

      WELTLITERATUR FÜR KINDER

      Diener zweier Herren

      nach Carlo Goldoni

      Neu erzählt von Barbara Kindermann

       Mit Bildern von Claudia Carls

      Die Personen

       Truffaldino, Diener aus Bergamo

       Beatrice, verkleidet als ihr Bruder Federico Rasponi

       Florindo, Beatrices Verlobter

       Pandolfo, Vater von Rosaura

       Rosaura, verliebt in Silvio

       Blandina, Rosauras Magd

       Dottore Lombardi, Vater von Silvio

       Silvio, verliebt in Rosaura

       Tebaldo, Wirt vom „Goldenen Pfau“

      Es geschah vor langer Zeit in Venedig, dass im Hause eines reichen Kaufmanns namens Pandolfo eine glückliche Verlobung beschlossen wurde. Rosaura, Pandolfos Tochter, sollte Silvio heiraten, den Sohn des angesehenen Dottore Lombardi. Pandolfo klopfte dem Dottore zufrieden auf die Schulter: »Es bleibt also dabei? Ihr Silvio und meine Rosaura sind ein Paar?«

      Der Dottore streckte Pandolfo die Hand hin: »Es bleibt dabei! Heute Verlobung und morgen Hochzeit!«

      Rosaura und Silvio liebten sich schon lange, und dennoch kam ihre Verlobung jetzt überraschend, denn Pandolfo hatte seine Tochter vor vielen Jahren bereits einem Edelmann aus Turin versprochen. Doch nun war ganz unerwartet die Nachricht eingetroffen, dass eben dieser Edelmann, Federico Rasponi, bei einem Straßenkampf getötet worden sei. Rosaura war also wieder frei und einer Hochzeit mit ihrem geliebten Silvio stand nichts mehr im Wege.

      »Ja, lieber Dottore«, sagte Pandolfo gut gelaunt, »ohne den plötzlichen Tod des jungen Rasponi wären wir wohl nie Schwäger geworden!«

      Bei diesen Worten fuhr der Gastwirt Tebaldo, der von Pandolfo hergerufen worden war und bislang im Hintergrund gewartet hatte, erschrocken auf: »Was? Der junge Rasponi tot?«

      »Erstochen«, nickte Pandolfo. »Haben Sie ihn gekannt?«

      »Aber ja«, antwortete Tebaldo betroffen, »vier Jahre lang hatte ich in Turin eine Wirtschaft. Er war mein täglicher Gast. Auch seine Schwester Beatrice habe ich gut gekannt, ein braves Mädchen, nur etwas zu männlich erzogen. Sie ritt, als Mann gekleidet, die wildesten Pferde!«

      »Sie wird sich wohl trösten«, erwiderte Pandolfo ungerührt. »Doch wir wollen nicht vergessen, weswegen ich Sie herbitten ließ, Tebaldo: Wir möchten das Hochzeitsmahl unserer Kinder morgen in Ihrem Gasthof, dem ‚Goldenen Pfau‘, einnehmen. Nicht prächtig, aber gut.«

      Sofort war Tebaldo wieder ganz Gastwirt und meinte eifrig: »Lassen Sie mich nur machen! Der erste Gang soll so kraftstrotzend sein wie der Bräutigam, der zweite so delikat wie die Braut. Der dritte …«

      Bevor Tebaldo weitersprechen konnte, trat die Magd Blandina ein und verkündete: »Der Diener eines Fremden wartet draußen, ein gar lustiger Geselle. Er möchte Sie sprechen.«

      Schon tauchte hinter ihr ein bunt gekleideter Bursche auf und betrat den Raum. Er verbeugte sich vor den Herren und begrüßte sie umständlich: »Habe die Ehre, zu sein Euer Hochedelgeboren dienstwilliger Diener und Freund.«

      Pandolfo winkte ungeduldig ab und fragte kurz: »Was willst du?«

      Doch der spaßige Diener hatte sich indessen der hübschen Blandina zugewandt und fragte neugierig: »Wer ist eigentlich dieses entzückende, artige, gutgenährte, rotbäckige, freundliche Kind?«

      »Was geht dich das an!«, gab Pandolfo unwirsch zurück. »Sie ist die Dienerin meiner Tochter Rosaura. Doch zur Sache: Wer bist du und was willst du?«

      »Ich bin Truffaldino aus Bergamo, der Diener meines Herrn.«

      Mit diesen Worten wollte er sich wieder zu Blandina umdrehen, doch Pandolfo packte ihn ärgerlich an der Schulter: »Und wer zum Henker ist dein Herr?«

      »Es ist der Herr Federico Rasponi aus Turin«, antwortete Truffaldino.

      »Bist du von Sinnen?«, rief Pandolfo entgeistert, »wer soll dein Herr sein?«

      »Herr Rasponi aus Turin. Er wartet unten und will Sie sprechen.«

      Pandolfo schüttelte den Kopf. »Du bist verrückt oder betrunken! Wir haben es eben erfahren: Herr Rasponi ist tot! Erstochen!«

      »Tot?«, staunte Truffaldino ungläubig. »Mein Herr ist tot? Ich habe ihn doch eben quicklebendig unten zurückgelassen. Ich muss nachsehen, ob das stimmt.«

      Er machte auf dem Absatz kehrt und verschwand. Pandolfo fragte verwirrt: »Wofür soll man diesen Kerl halten? Für einen Spitzbuben oder einen Narren? Dottore, wenn es wahr wäre, dass Rasponi lebt, so wäre die Hochzeit unserer Kinder unmöglich! Rosaura müsste Rasponi heiraten, wie versprochen.«

      Doch schon stürmte Truffaldino wieder ins Zimmer und wetterte empört: »Ich wundere mich über Sie, meine Herren! So muss man Fremde nicht zum Narren halten. Das vergebe ich Ihnen in acht


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