Kalle und der Grünforscher. Heiko Fritschen
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Heiko Fritschen
Kalle und der Grünforscher
Das zweite Abenteuer der kleine Ratte aus der Vahr in Bremen
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Inhaltsverzeichnis
Kalle und der Grünforscher
Kalle ist eine ganz normale Ratte und wohnt unter dem Kanaldeckel sieben in der Bürgermeister Reuter Straße in der Vahr. Die Vahr ist ein Stadtteil in der Stadt Bremen. Im Gegensatz zu Euch heißt sein Zuhause nicht Zimmer, sondern Nest. Überhaupt unterscheidet sich der Raum – oder wie gesagt das Nest – erheblich von Euren Zimmern. Anstatt eines Teppichs hat er getrocknetes Moos auf dem Boden liegen, anstelle einer Tür mit der Aufschrift Für Eltern verboten hängen dort ein paar Zweige.
Er muss morgens zu Bett gehen und steht abends auf, da Ratten in der Nacht ihren Tag haben. Man nennt das nachtaktiv sein. Da hören die Unterschiede aber auch schon auf.
Wie jeder kleine Junge sammelt Kalle alle möglichen Sachen. An einer freien Wand hängt ein getrocknetes Ahornblatt, auf dem er seine wichtigen Sammelstücke aufbewahrt. Ganz ähnlich Eurem Regal mit Fundstücken. Er hat eine Freundin namens Lisa.
Und er hat keine Lust, seine Hausaufgaben zu machen. Das ist auch der Grund, warum er heute Abend nicht mit Lisa spielen darf: Er hat seine Hausaufgaben noch nicht gemacht.
Kalle geht ebenso wie Lisa in die erste Klasse der Krähenmüllsortierschule bei Professor Federkiel, einer sehr strengen Krähe aus der gleichen Straße.
Da Kalle im Unterricht häufig Unsinn macht, hat er diesmal eine Strafarbeit aufbekommen – und das am letzten Schultag vor den Herbstferien.
Diese Aufgaben sind ziemlich schwierig, denn woher soll Kalle wissen, wohin ein Kronkorken – das ist ein bestimmter Verschluss einer Flasche –, gehört?
Kalle dreht den glänzenden Gegenstand in den Pfoten, bis er den rettenden Einfall hat: Im Namen steckt das Wort Korken. Das Wort kommt von der Korkeiche, aus deren Rinde Korken hergestellt werden. Also ist er aus einer Pflanze gemacht, denkt Kalle sich. Glücklich über diese Idee packt er den Kronkorken in die Schüssel für Biomüll. Dass das nicht richtig ist, wisst Ihr bestimmt schon.
Das zweite Ding, das er einsortieren soll, ist eine kleine Tüte aus braunem knisterndem Material. Ach, das ist einfach, denkt sich Kalle, denn Tüten sind aus Plastik und so packt er die Tüte in die gelbe Schüssel.
Das nächste Teil ist deutlich schwieriger zuzuordnen: Es sieht fast aus wie ein seltsames Ei aus Glas. Kalle schnuppert daran, aber es hat keinen eigenen Geruch. Innen ist es leer, nur ein dünner Faden wippt hin und her. Er packt es in die Schüssel für Altglas.
Recht zufrieden schaut er auf seine Ergebnisse.
Nur für den ganz jungen Leser: Kalle hat das nicht alles so ganz richtig gemacht, aber für diese Geschichte heute spielt das keine Rolle.
Ich denke, wir fangen jetzt mit der eigentlichen Erzählung an:
Kalle hört ein Tapsen. Seine Mutter kommt. Dann hört er sie auch schon fragen:
„Kalle, bist du mit den Hausaufgaben fertig?“
„Ja, darf ich jetzt gehen?“
Seine Mutter lacht ihm freundlich zu:
„Klar, der Mond scheint heute sehr schön, und es sieht nach einer trockenen Nacht aus. Kommt aber nicht zu spät wieder!“
Kalle rennt los. Denn Lisa, seine Rattenfreundin, und Rudi, sein Igelfreund, wollen heute wieder schwimmen gehen. Vor zwei Monaten hatte Kalle ihnen das Schwimmen beigebracht. Jetzt gehen sie so oft sie können im Vahrer See schwimmen. Ja, sogar Rudi.
Kalle schnappt sich schnell seinen Rucksack mit den belegten Brötchen und etwas zu trinken, gibt seiner Mutter einen Kuss und läuft los.
Weit entfernt und doch gleich
So viel Glück wie Kalle hat der andere Junge in dieser Geschichte noch nicht. Er brütet schon seit drei Stunden an seiner Strafarbeit über das Entstehen des Grüns. Auch er wohnt in einem kleinen Nest und muss am letzten Schultag vor den Ferien noch seine Strafarbeit beenden.
In dem Schulbuch Das Grün der Erde und wie es entstanden sein könnte ist er jetzt auf Seite zweihundertachtundsechzig und hat keine Idee, was dieses Grün eigentlich sein könnte.
Jetzt habe ich Euch diesen Jungen noch gar nicht vorgestellt. Er heißt ĦĦ¥æð, was in seiner Sprache so ungefähr wie Bö klingt. Und es ist für alle Leser und Zuhörer wohl einfacher, wir merken uns Bö.
Warum er so einen komischen Namen hat?
Er lebt 778.852.369 km entfernt von Kalle und auch von allen anderen Kindern, die ihr kennt.
Bö wohnt auf Europa in einer unterirdischen Stadt. Ihr habt richtig gehört: auf Europa. Jemand hat doch tatsächlich einen Mond, der den Jupiter umkreist, auch Europa wie den Kontinent auf dem Ihr lebt, genannt. Aber obwohl er auf Europa – oder noch besser in Europa, schließlich wohnt er unter der Erde – lebt, hat er die gleichen Probleme wie alle anderen Kinder dieses Sonnensystems. Als Sonnensystem werden alle Planeten bezeichnet, die um eine bestimmte Sonne kreisen. Und davon gibt es eine ganze Menge.
Bö darf erst zum Spielen rausgehen, wenn er seine Hausarbeiten – oder heute Strafarbeiten – erledigt hat. Das bedeutet in diesem Fall für Bö: Kein Fernsehen, keinen Computer, keine sonstigen Spiele, keine Knisterkristallexperimente – nur ein Buch, ein leeres Blatt Papier und einen Stift vor sich liegen zu haben.
Bö schaut aus seinem Fenster und betrachtet die Stadt. Es ist schon spät am Tag. Einige Fluggleiter fliegen noch durch die Luft, und ein paar Europäer wandern durch die Kristallparks.
Bö holt tief Luft und pustet sie dann geräuschvoll wieder aus. Was soll´s? Er hat nur noch zehn Seiten vor sich. Er schlägt die Seite zweihundertneunundsechzig auf.
Herr Professor Mignatsch Wutusel stellt dort eine weitere Behauptung auf: Die Grünfärbungen, die auf dem Planeten