Theater in Bresel. Gerhard Gemke
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Gerhard Gemke
Theater in Bresel
Bresel-Krimi 2
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Inhaltsverzeichnis
Wochenblätter zur Schweizer Geschichte, Ausgabe 7389
Testament
Ich
Baron Kuno der Kühne vom Breselberg
Herr auf Burg Knittelstein
Landvogt von Bresel
und Ritter vom goldenen Schlangenring
stehe gefasst an der Pforte des Todes.
Und ich verfüge,
daß Burg und Vermögen derer von Knittelstein
auf meine Töchter Tusnelda und Adelgunde
zu gleichen und gerechten Teilen
vererbt werde.
Unter folgender Bedingung:
Jede hat dafür Sorge zu tragen,
daß das Geschlecht derer von Knittelstein
durch reiche Nachkommenschaft
fortbestehe.
Sollte dies einer von ihnen
nicht gelingen,
so fällt die Hälfte des Vermögens
an Fräulein Sibylle von Oelmütz.
Sollten beide ohne Nachkommenschaft bleiben
das gesamte Vermögen.
Dies ist mein fester Wille –
euch zur Warnung!
Knittelstein
im Herbst des Jahres 1991
Kuno
Mimi
Sibylle von Oelmütz hob langsam den Kopf. Das Testament von Kuno dem Kühnen. Eine schlechte Kopie, die sie heimlich gemacht hatte. Damals. Das Original lag in der Knittelsteiner Bibliothek. Kunos Vermächtnis an seine Töchter.
Oder an sie. Je nachdem.
Sibylle legte die Testamentkopie beiseite.
„Sie müssen weg“, flüsterte sie. „Alle drei.“
Sibylle starrte hinaus in das Schneetreiben, das ihren Wintergarten einhüllte. Ein kalter Panzer gegen den Rest der Welt. Vor ihr in dem gläsernen Terrarium hielt Rosalinde eine zappelnde Heuschrecke zwischen den Kiefern. Allmählich wurden die Bewegungen des Insekts langsamer. Das Gift der Vogelspinne tat seine Wirkung.
„Das Beste wäre …“ Sibylle nahm gedankenverloren ein ausgestanztes Pappstückchen und drückte es in das Puzzle, das auf dem Tisch vor dem Terrarium lag. Ihre Lippen bewegten sich im Takt mit Rosalindes Kauwerkzeugen.
„… alle drei wären …“
Die Heuschrecke zuckte ein letztes Mal.
Dann war sie tot.
Montag, 8. Dezember, 7.35 Uhr, Augsburg
Zosch!
Adelgunde zog den Kopf ein. Um Haaresbreite flog ein schwarzweißgefleckter Lederball an ihrer lockengewickelten Frisur vorbei. Der Luftzug ließ ihre Wimpern flattern. Adelgunde kippte beinahe über die Balkonbrüstung und der Ball verabschiedete sich aus dem zweiten Stockwerk in die Tiefe.
Unten standen zwei Weihnachtsbaumverkäufer. Der kleine Dicke hielt einen riesigen Blechtrichter. Der andere, lang und dürr wie seine vertrocknete Ware, suchte gerade ein Tännchen aus, um es durch die Metallröhre in ein Netz schieben. Für eine pelzvermummte Kundin, die schon ungeduldig von einem Fuß auf den anderen trat.
Tschack! steckte das schwarzweiße Leder wie ein Korken in dem Trichter.
Der