Mein Blutsbruder: Der Orden der Schwarzen Löwen – Die Jagd auf eine Mörderbande. Tomos Forrest

Mein Blutsbruder: Der Orden der Schwarzen Löwen – Die Jagd auf eine Mörderbande - Tomos Forrest


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wo ich auf meinen Blutsbruder Winnetou traf, der wie ich wieder einmal auf Mörderjagd war …

      ***

      Mein Blutsbruder:

      Der Orden der Schwarzen Löwen

      Trilogie Teil 1

      In fröhlicher Stimmung stieg die Jagdgesellschaft aus den Kutschen, nahm Gewehre und Taschen mit der frischen Leibwäsche an sich und folgte dann den ersten Vorausgehenden hinauf zu der Pirschhütte. Wir waren im Gebiet des Karwendelgebirges und wollten am frühen Morgen zur Gamsjagd aufbrechen. Aber noch waren wir nicht vollständig, als wir uns am Tisch in der Hütte einfanden und dort zunächst einmal einen guten Tiroler Obstschnaps erhielten, der uns nach dem etwas frischen Anfahrtsweg die ausgekühlten Glieder wärmen sollte. Es war wohl ein halbes Dutzend Jäger, die hier oben zusammenkamen, dazu erwartete man die hohen Gäste, deren Name zwar niemand aussprach – aber auf deren Einladung wir hier schließlich zusammengekommen waren.

      Mein Sitznachbar konnte seine Herkunft nicht leugnen.

      Von großer Gestalt, mit einem sorgfältig gestutzten Schnurrbart und kerzengerader Haltung, dazu einem gewissen, forschen Ton bei den wenigen, kurzen Sätzen, die er während der Kutschfahrt mit uns gewechselt hatte, war er durch und durch das Urbild eines Offiziers. Zwar sprach er ein sehr klares Hochdeutsch, doch ein gewisser Einschlag, der den Berlinern so eigen ist, konnte ich immer wieder heraushören.

      »Bitte meine Neugier zu entschuldigen!«, sprach er mich jetzt an und räusperte sich noch einmal. Dann sah er hinüber in die Ecke, wo ich meine beiden sorgfältig verpackten Gewehre abgestellt hatte. Wie auf meinen Reisen üblich, hatte ich sie in eine wasserabweisende Hülle gewickelt und mit Lederriemen so geschnürt, dass ich sie mir gut über die Schulter hängen konnten. Bei seinem Blick ahnte ich bereits, was jetzt folgen würde. »Sie nehmen wirklich zwei Gewehre mit auf die Gamsjagd? Ich meine doch, dass Sie vorhin flüchtig von Gewehren, nicht von Jagdbüchsen sprachen.«

      Ich lächelte freundlich und antwortete:

      »Das ist tatsächlich so. Ich möchte diese Gewehre nicht mehr missen. Sie haben mir bei unzähligen Gelegenheiten das Leben gerettet, und ich kann mich auf sie verlassen wie auf kaum eine andere Waffe.«

      Der Offizier verzog ein wenig die Mundwinkel, dann nickte er mir zu und erkundigte sich: »Aber für die Gamsjagd, Herr? Sind sie dafür auch geeignet? Zumal sie mir ziemlich schwer vorkommen!«

      »Nun, der Bärentöter hat schon einiges Gewicht, ist aber sehr weittragend und deshalb eine gute Ergänzung zu meinem Stutzen.«

      Jetzt erhielt ich einen Blick, als würde mein Nebenmann ein wenig an meinem Verstand zweifeln. Höflich erkundigte er sich:

      »Sie haben bereits Bären geschossen? Vielleicht in den Karpaten?«

      »Nein, sondern drüben in Nordamerika, wie auch Panther und Bisons. In Afrika dann andere Tiere wie den Löwen oder auch einmal ein Krokodil.«

      Der Offizier lächelte mich jetzt auf eine Weise an, als wolle er gleich hinzufügen: ›Ja, natürlich, und vielleicht auch schon ein Mondkalb auf unserem Trabanten?‹ Aber er wahrte die Form und nickte noch einmal.

      »Würden Sie die Güte haben, und mir Ihre Gewehre einmal in die Hand geben? Ich würde zu gern einmal eine Waffe halten, mit der solche gewaltigen Tiere erlegt wurden. Unsereiner ist ja stolz, wenn er einen kapitalen Hirsch erlegt oder eben einen prächtigen Gamsbock, dessen Krickeln (Hörner) einen besonderen Schmuck ergeben. Aber Löwen, Büffel und – Krokodile? Na, man staunt!«

      »Ich werde sie Ihnen gern nach dem Abendessen einmal vorführen. Aber jetzt scheint es dafür nicht mehr die Zeit zu sein, dort bringt man uns Schinken, Brot und Schmalz zum Abendbrot!«

      »Wunderbar! Hier draußen an der guten Luft bekommt man ja auch einen mächtigen Appetit!«, schwärmte mein Nachbar, und ich ergänzte:

      »Ist doch etwas anderes als daheim in Berlin, was?«

      Der Offizier stutzte, dann lachte er auf.

      »Hören Sie, Herr, Sie sind ja köstlich! Woher meinen Sie denn, dass ich aus Berlin komme?«

      Während ich nach Brot und Schinken griff und mir eine Scheibe ordentlich belegte, antwortete ich: »Nun, ich beobachte meine Mitmenschen ziemlich genau. Bei Ihnen ist das auch gar nicht so schwer, Sie sprechen zwar ein ausgezeichnetes Hochdeutsch, doch so gänzlich lässt sich der Berliner Dialekt nicht leugnen!«

      »Nicht schlecht, und was haben Sie bei Ihrer Beobachtung noch über mich erfahren?«

      Jetzt wurden frisch vom Fass gezapfte Bierkrüge herumgereicht, und ich wich dem Mann aus, damit er seine Last auf dem Tisch abstellen konnte. Es war einer der Treiber, die uns morgen die Gämsen vor die Flintenläufe treiben sollte. Als er wieder zum Fass zurückkehrte und weitere Krüge aufnahm, die von zwei anderen Helfern unter dem stetig laufenden Strahl aus dem Fass gefüllt wurden, antwortete ich:

      »Nach Ihrer Haltung zu schließen, sind Sie ein Militär. Und wenn ich Ihr Alter berücksichtige, tippe ich auf den Dienstgrad Oberst.«

      »Potztausend, das ist mir ja noch nie passiert! Allerdings bin ich Oberstleutnant, aber – wie unhöflich von mir, habe mich ja noch gar nicht vorgestellt.« Der Offizier erhob sich halb von der Bank und neigte seinen ganzen Oberkörper in einer raschen Bewegung nach vorn. »Oberstleutnant von Zastrow, derzeit auf Urlaub und dabei, einen prächtigen Gamsbock zu erlegen!«

      Ich nannte auch meinen Namen und meinen Beruf, und das war jetzt zu viel für den preußischen Offizier. Er konnte es gar nicht glauben, dass ein Schriftsteller auszog, um die Welt kennenzulernen und dabei auch noch mit zwei Gewehren unterwegs war. In der nächsten halben Stunde musste ich ihm zwischen meinem Schinkenbrot und dem Bierkrug immer wieder in kurzen Worten erzählen, was ich erst kürzlich erlebt und vor allem – geschossen hatte.

      Gerade hatte ich mit wenigen Sätzen meine kürzlich im Zweistromland erlebten Abenteuer berichtet, weil mein Nachbar erfahren wollte, wann ich denn den letzten Löwen erlegt hatte, da merkte ich, wie er immer stiller wurde und dachte schon, dass ich ihn durch eine Bemerkung vielleicht verärgert hätte. Aber dann klopfte er schließlich leicht mit der rechten Hand auf die Tischkante und lächelte mich an.

      »Also, ich will doch einen Besen fressen, wenn das nicht das beste Jägerlatein war, das ich jemals gehört habe!«

      »Sie glauben mir nicht? Nun, das ist nicht weiter schlimm. Ich gebe Ihnen gern morgen auf der Jagd eine Probe meiner Schießkunst.«

      »Einverstanden!«, antwortete der Oberstleutnant und bot mir die Hand. »Und ich wette, dass ich die erste Gams erlegen werde!«

      Gerade wollte ich einschlagen, als sich unser Gegenüber leicht räusperte und dann anmerkte: »Meine Herren, so interessant ja eine solche Wette ist, aber Sie vergessen, wer unsere Gastgeber sind. Es wäre ausgesprochen unhöflich, vor den hohen Herren zum Schuss zu kommen!«

      Ich zuckte bei der Anrede schon ein wenig zusammen, aber das hatte auch seinen Grund im Aussehen des Sprechers. Sein längliches Gesicht, dazu die schmalen Lippen, leicht nach unten gebogene Mundwinkel, übertrieben hoch gezogene Augenbrauen – das war Baron Hermann von Falkenstein, ein im Land bekannter Spieler und Frauenheld mit vermutlich unbegrenzten Finanzmitteln. Jedenfalls berichtete man öfter über seine Besuche der Casinos in Baden-Baden und Monte Carlo. Aber ich musste ihm beipflichten. Unser Vorhaben wäre nicht auszuführen gewesen, ohne die Gastgeber zu brüskieren. So verneigten wir uns höflich im Sitzen voreinander, und dann hob der Oberstleutnant seinen Bierhumpen und trank mir zu. Ich erklärte lächelnd:

      »Keine Sorge, Herr Oberstleutnant. Sicher wird es noch eine Gelegenheit geben, Sie von der Qualität meiner Gewehre zu überzeugen, vielleicht ja auch schon bei der morgigen Jagd.«

      »Apropos, haben Sie es schon gehört? Es wird zunächst eine Treibjagd geben. Die Männer brechen


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