Das Asyl. Anton Baumgärtner
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Anton Baumgartner
Das Asyl
Geschichten aus dem Haus der Obdachlosen.
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Inhaltsverzeichnis
Die VERTRIEBENEN schlagen zurück.
Die GESTRANDETEN.
Im „Haus auf dem Hügel“ wohnen ehemalige Obdachlose, Scheidungswaisen oder Menschen die sonst wie gestrandet, aber nicht untergegangen sind. Es wird vom Samariterbund Wien betrieben. Die Zimmer sind klein, haben eine Toilette mit Duschen. Alles in allem 21 m². Das Haus auf dem Hügel war einmal ein Wohnheim von Krankenschwestern des nahen Krankenhauses und wurde zum Riga Plus. Die Bewohner fühlen sich wohl, denn sie dürfen ihre Zimmer so gestalten, wie sie wollen. So entstand eine Oase, in der es nicht nur gesittet und streng zugeht, sondern noch öfter kreativ, weise und fröhlich, aber immer auch etwas melancholisch. Selbst wenn nichts fehlt, geht ihnen etwas ab: - die Familie. Deshalb sind die anderen Bewohner die Familie. Irgendwann gründete sie eine Zeitung deren Beiträge ein Buch werden sollte. Denn viele Nachbarn gehen am Haus auf dem Hügel vorbei und wissen nicht, wie es dort zugeht. Die Bewohner sind allein aber nicht einsam, ein paar sind einsam aber nicht allein.
Das Haus auf dem Hügel war ein Geschenk des Bankiers Rothschild. Der Baron war zu Kaisers Zeiten ein jüdischer Milliardär und kam irgendwie zu den Gründen in der Nähe des Schlosses Schönbrunn. Er schenket sie der Stadt Wien.
Geplant war vom Direktor der Volkshochschuld Hietzing vorerst nur ein Buch mit vielen Storys. Diese sollten vorerst in einer Hauszeitung gesammelt werden. Wurden aber als Satiren bald in der ganzen Stadt bekannt. Denn viele Beiträge hatten das, was man den „Wiener Schmäh“ nennt. Der Schmäh ist eine Kreuzung aus Witz und Lüge mit einem guten Schuss Zynismus. Und wurde deshalb nicht nur gelesen, sondern von Politikern und Künstlern oft auch gefürchtet und verflucht. Warum? Das lesen Sie auf den kommenden Seiten.
Autor: ZEROZASTER.
Baron ROTHSCHILD
Er kommt für 3 Tage aus dem Reich des Todes und besucht das Haus der Gestrandeten (Obdachlosenherberge des Samariterbundes Wien). Auf dem Weg dorthin traf er auf den ersten Gestrandeten: Zerozaster (Verwandter des Zarathustra).
Irgendwann hatte sich Zerozaster eingebildet, genial wie Nietzsche zu sein. Er hat in den Spiegel geschaut und erkannt: Ein Genie. Diese Erkenntnis sollte sein künftiges Leben bestimmen.
Zerozaster schlich sich in jungen Jahren in eine Kirche und drückte die Tasten einer Orgel. Vieleicht könnte er ein zweiter Beethoven werden. Als er nach den ersten Tönen den tosenden Applaus ausblieb erkannte er scharfsinnig die Ursache: „Die Orgel muss gestimmt werden!“
Also nichts. Er war enttäuscht. Tröstete sich aber. Mozart hätte ich sowieso nicht übertreffen können. Aber vielleicht hatte er nur die falsche Kunst gewählt. Mit Schiller oder Goethe könnte er es bestimmt aufnehmen. Oder fast. Den Unterschied würde niemand bemerkten. Denn die Deutschen waren aus einem Volk von Dichtern und Denkern eines von Dodeln und Deppen geworden. Verleger und Hollywood waren beim ersten Anlauf nicht sehr begeistert. Seine Wohnungsvermieterin war es auch nicht. Es handelte sich bei ihr um eine Banausin a la Aristoteles, war aber brutaler als die Faust Goethes.
Sie packte seine Sachen und warf sie zum Fenster hinaus. Noch dazu aus dem dritten Stockwerk. Nach dem Ende ihrer Raserei gab es um einen weniger. Auch die wertvollen Manuskripte hatte sie den Lüften der Gosse anzuvertrauen. Eine Kulturbanausin. Der Untergang Wiens stand kurz bevor. Hätte sie Schloss Schönbrunn in die Luft gesprengt, wäre das ein geringerer Schaden gewesen.
Der UMZUG.
Stunden später kam Zerozaster von seinem Sparziergang durch den Burggarten zurück. Er hatte gerade den Entwurf einer Oper fertig und dirigierte im Geiste schon die Philharmoniker, da sah er seine Sachen auf dem Gehsteig liegen. Und es kam noch schlimmer. Die banausische Vermieterin warf auch noch einen Blumenstock hinterher. Worauf es zwei Wiener wenige gab. Hätte ein genialer Ruinenbaumeister nur ein paar Jahre später gelebt, er hätte er es in Germanien nie zum größten Feldherrn aller Zeiten gebracht. Nun lagen die edlen Produkte der Kunst in der Gosse.
Das Schicksal war ersichtlich grausam. Zero überlegte ernstlich, ob er sich in der Donau ertränken oder im Wiener Wald erhängen sollte. Der Wald war zu weit weg und die Donau war für seinen Weltschmerz zu seicht.
So kam es zur Begegnung von Baron Rothschild.
Als sich Zerozaster endlich für nichts entschieden hatte, kam ein seltsamer Fremder vorbei. Er war eigentlich kein wirklich Fremder. Aber es schien, als sei er aus Glas. Der Gläserne fragte, ob er helfen könne. Natürlich. Sah er denn nicht, dass da gerade eine Hoffnung der Menschheit vernichtet, delogiert worden sei?
„Delogiert? Sie meinen, man hat Sie rausgeschmissen?“
„Ja, natürlich. Bei uns heißt das so viel wie: Du kannst da nicht mehr wohnen, also nicht mehr schlafen, kochen und was man sonst noch so tut.“
„Und wo werden