Phänomene der Arbeitswelt. DIE ZEIT

Phänomene der Arbeitswelt - DIE ZEIT


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      Einleitung

      Warum gibt es Raucher- aber keine Trinkerpausen? Was spricht gegen Sandalen im Büro? Sollte man Kollegen nach dem Feierabend treffen oder besser meiden? Diese und viele weitere Fragen aus unserer Arbeitswelt erklärt Jens Jessen, viele Jahre Feuilleton-Chef der ZEIT, auf unterhaltsame, scharfsinnige und nicht immer ganz ernste Weise. In diesem E-Book haben wir die besten Artikel seiner ZEIT CAMPUS-Kolumne für Sie zusammengestellt.

      Über den Autor: Jens Jessen war viele Jahre Feuilleton-Chef der ZEIT. Nach dem Germanistikstudium in München arbeitete er als Verlagslektor in Zürich und Stuttgart, zehn Jahre lang war er Feuilletonredakteur der "FAZ" und dann Feuilleton-Chef der "Berliner Zeitung", bis er im Jahr 2000 zur ZEIT kam.

      Inhaltsverzeichnis

       Einleitung

       Der erste Arbeitstag: Das Glück der Nichtbeachtung

       Sie und du: Tückische Vertraulichkeit

       Gehalt: Vorsichtige Verhandlungen

       Persönliche Importe: Eingeschleppte Unarten

       Soziale Herkunft: Siegelring und Arschgeweih

       Urlaubspostkarten: Krakelschrift mit Sonnenölflecken

       Führen: Wer sagt dem Chef die Wahrheit?

       Familie: Aus Chefs werden Muttersöhnchen

       Sekretärinnen: Liebevolle Erkundigungen

       Fahrstühle: Vor dem Knopf sind alle gleich

       Personaltraining: Lasset uns reden!

       Hitze im Büro: Die Saison der Disziplin

       Die Kantine: Mahlzeit!

       Der Jahreswechsel: Es ist ein Boss entsprungen

       Berufsanfänger: Resigniert – friedlich – Profi

       Statuszeichen: Die Raumnovelle

       Private Begegnungen mit Kollegen: Enttarnung nach Feierabend

       Der Ausstand: Sag beim Abschied leise Servus!

       Ordnung: Die Geologie der Schreibtische

       E-Mails: Da geht die Post ab

       Leistung: Erfolg ist Glückssache

       Drogen: Schon morgens einen im Tee

       Netzwerken: Nutzlose Kontakte sind die schönsten!

       Arbeitsgeschwindigkeit: Kreativität und Käfighaltung

       Arbeitsklima: Kuscheln und kämpfen

       Zigarettenpause: Vom Rauchen und Trinken

       Bürohistorie: Magischer Montag

       Dresscode: Der Chef trägt Chucks

       Kündigungsgründe: Kündigung und Wahrheit

       Überwachungstechnik: Kontrolle, Herrschaft, Großraumbüro

       Mittagspause: Über Mahlzeiten an der Computertastatur

       Nebenerwerb: Warum der Mensch ein Büro braucht

       Personalführung: Die Macht reagiert nur auf Macht

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       Impressum

      Der erste Arbeitstag

      Das Glück der Nichtbeachtung

      Von Jens Jessen

       ZEIT CAMPUS 6/2007

      Der erste Arbeitstag hat mit dem Vorstellungsgespräch in der Regel die Enttäuschung gemeinsam. Sie besteht darin, dass man am Abend danach den Eindruck hat, mit seiner Person, das heißt mit all den herzigen und brillanten Eigenschaften, die man so hat, nur unzureichend in Erscheinung getreten zu sein. Die neuen Kollegen haben gar nicht so richtig geguckt beziehungsweise zugehört. Für den Vorgesetzten war man fast unsichtbar. Die einzige starke Reaktion, die man zu spüren gemeint hat, war der missmutige Widerstand des Hausmeisters, den Schlüssel für den Fahrradkeller herauszurücken. Im Übrigen hätte man genauso gut wegbleiben können.

      Dieser Eindruck ist keineswegs trügerisch. Das herzlose Desinteresse ist aber kein Unglück, sondern in Wahrheit ein Glück, das den Einstieg sehr erleichtert. Denn wenn die Person des Neulings erst einmal mit all ihren herzigen und brillanten Eigenschaften erkannt ist, werden die Widerstände schon noch über den des Hausmeisters hinausgehen. Es ist nämlich nicht so, dass die Kollegen auf einen sympathischen und talentierten Neuling warten - auf den sie dann vielleicht neidisch sein müssten. Sie warten vielmehr auf einen dummen und primitiven Typen, über den sie sich in der Mittagspause das Maul zerreißen können.

      Es spricht deshalb viel dafür, den Welpenschutz zu akzeptieren, der in der anfänglichen Unerkennbarkeit der eigenen Person liegt, und mit der vollen Charakterwahrheit erst herauszurücken, wenn man schon einigermaßen fest im Sattel sitzt. Und noch eine Mahnung: Man geht oft treuherzig davon aus, der supersympathische Typ zu sein. Vielleicht ist man aber in Wahrheit eher der unsympathische Typ, der dankbar sein muss, wenn er nicht allzu detailliert gewürdigt wird. Kurzum, auch wenn es Narzissten und Egozentriker vielleicht enttäuschen mag: Am Arbeitsplatz sollte nur so viel Selbstdarstellung sein, wie man beim besten Willen nicht unterdrücken kann.

      Sie und Du

      Tückische Vertraulichkeit

      Von Jens Jessen

       ZEIT CAMPUS 1/2008

      Solange sich alle am Arbeitsplatz siezen, ist die Welt in Ordnung. Das Sie ist elastisch genug, um alle Tonarten von distanziertem Respekt über neutrale Unverbindlichkeit bis hin zu herzlicher Verbundenheit auszudrücken; in Frankreich oder anderen romanischen Ländern werden mitunter sogar die Eltern gesiezt, in Portugal siezten sich bis vor kurzem selbst Eheleute. Es gibt auch Freunde, die sich ein Leben lang siezen, um vielleicht erst in der Stunde des Todes zum Du überzugehen - nämlich dann, wenn es keinen Schaden mehr anrichten kann.

      Das Problematische am Du ist nämlich, dass es die Hoffnung auf eine Verbundenheit und Treue enthält, die bitter enttäuscht werden kann, und zwar nirgends schneller als am Arbeitsplatz. Der Kollege, dem man das Du anbot, weil er zum Freund wurde, kann sich auch zum Kollegen zurückverwandeln, vielleicht sogar zu einem besonders bösartigen. Aber selbst wenn er das nicht tut, und vielleicht gerade dann, kann das Du Schaden anrichten, weil es alle anderen ausgrenzt, die man noch siezt. Das Spiel mit Einschluss und Ausschluss, das die Anredeformen bieten, bleibt in der Firma besser ungespielt, denn im Gegensatz zu anderen Vertraulichkeiten, die sich auf einer gleitenden Skala entwickeln, funktioniert der Übergang vom Sie zum Du nur ruckartig - und in umgekehrter Richtung gar nicht, es sei denn um den Preis demonstrativer Kränkung.

      Anders ist das an Arbeitsplätzen, wo sich ohnehin alle duzen; hier als einsamer Hagestolz auf dem Sie zu beharren wäre kindisch und sinnlos. Das Du ist hier zum Sie geworden und kann genauso förmlich oder abweisend klingen. Beispiele dafür bietet das notorische Du im österreichischen Adel oder in der Sozialdemokratie; man duzt sich, weil eh alles in der Familie bleibt, aber zu den familiären Verbundenheiten können auch Todfeindschaften oder, wie im Falle der SPD, schlimmste Formen von Verrat gehören.

      Gehalt

      Vorsichtige Verhandlungen

      Von Jens Jessen

       ZEIT CAMPUS 2/2008

      Zu


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