Anatol. Arthur Schnitzler
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Arthur Schnitzler
Anatol
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Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Hohe Gitter, Taxushecken,
Wappen, nimmermehr vergoldet,
Sphinxe, durch das Dickicht schimmernd
... Knarrend öffnen sich die Tore. –
Mit verschlafenen Kaskaden
Und verschlafenen Tritonen,
Rokoko, verstaubt und lieblich
Seht ... das Wien des Canaletto,
Wien von Siebzehnhundertsechzig
... Grüne, braune, stille Teiche,
Glatt und marmorweiß umrandet,
In dem Spiegelbild der Nixen
Spielen Gold- und Silberfische ...
Auf dem glattgeschornen Rasen
Liegen zierlich gleiche Schatten
Schlanker Oleanderstämme;
Zweige wölben sich zur Kuppel,
Zweige neigen sich zur Nische
Für die steifen Liebespaare
Heroinen und Heroen ...
Drei Delphine gießen murmelnd
Fluten in ein Muschelbecken ...
Duftige Kastanienblüten
Gleiten, schwirren leuchtend nieder
Und ertrinken in dem Becken ...
... Hinter einer Taxusmauer
Tönen Geigen, Klarinetten ...
Und sie scheinen den graziösen
Amoretten zu entströmen,
Die rings auf der Rampe sitzen
Fiedelnd oder Blumen windend,
Selbst von Blumen bunt umgeben,
Die aus Marmorvasen strömen:
Goldlack und Jasmin und Flieder
... Auf der Rampe, zwischen ihnen
Sitzen auch kokette Frauen,
Violette Monsignori ...
Und im Gras, zu ihren Füßen,
Und auf Polstern, auf den Stufen:
Kavaliere und Abbati ...
Andre heben andre Frauen
Aus den parfümierten Sänften
... Durch die Zweige brechen Lichter,
Flimmernd auf den blonden Köpfchen;
Scheinen auf den bunten Polstern,
Gleiten über Kies und Rasen,
Gleiten über das Gerüste,
Das wir flüchtig aufgeschlagen.
Wein und Winde klettert aufwärts
Und umhüllt die lichten Balken.
Und dazwischen, farbenüppig
Flattert Teppich und Tapete,
Schäferszenen, keck gewoben,
Zierlich von Watteau entworfen ...
Eine Laube statt der Bühne,
Sommersonne statt der Lampen,
Also spielen wir Theater,
Spielen unsre eignen Stücke,
Frühgereift und zart und traurig,
Die Komödie unsrer Seele,
Unsres Fühlens Heut und Gestern,
Böser Dinge hübsche Formel,
Glatte Worte, bunte Bilder,
Halbes, heimliches Empfinden,
Agonien, Episoden ...
Manche hören zu, nicht alle ...
Manche träumen, manche lachen,
Manche essen Eis ... und manche
Sprechen sehr galante Dinge ...
... Nelken wiegen sich im Winde,
Hochgestielte, weiße Nelken,
Wie ein Schwarm von weißen Faltern ...
Und ein Bologneserhündchen
Bellt verwundert einen Pfau an ...
Die Frage an das Schicksal
Anatol, Max, Cora.
Anatols Zimmer.
MAX. Wahrhaftig, Anatol, ich beneide dich ...
ANATOL lächelt.
MAX. Nun, ich muß dir sagen, ich war erstarrt. Ich habe ja doch bisher das Ganze für ein Märchen gehalten. Wie ich das nun aber sah, ... wie sie vor meinen Augen einschlief ... wie sie tanzte, als du ihr sagtest, sie sei eine Ballerine, und wie sie weinte, als du ihr sagtest, ihr Geliebter sei gestorben, und wie sie einen Verbrecher begnadigte, als du sie zur Königin machtest ...
ANATOL. Ja, ja.
MAX. Ich sehe, es steckt ein Zauberer in dir!
ANATOL. In uns allen.
MAX. Unheimlich.
ANATOL. Das kann ich nicht finden ... Nicht unheimlicher als das Leben selbst. Nicht unheimlicher als vieles, auf das man erst im Laufe der Jahrhunderte gekommen. Wie, glaubst du wohl, war unseren Voreltern zumute, als sie plötzlich hörten, die Erde drehe sich? Sie müssen alle schwindlig geworden sein!
MAX. Ja ... aber es bezog sich auf alle!
ANATOL. Und wenn man den Frühling neu entdeckte! ... Man würde auch an ihn nicht glauben! Trotz der grünen