Ermittlungen im Sexparadies. David Poppen

Ermittlungen im Sexparadies - David Poppen


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      David Poppen

      Ermittlungen im Sexparadies

      Dieses ebook wurde erstellt bei

      

      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       1

       2

       3

       4

       5

       6

       7

       8

       9

       10

       11

       12

       Impressum neobooks

      1

      Ich stand da, und der Kohlestift in meiner Hand zitterte. Daran konnte auch das durch das hohe Atelierfenster einströmende Sonnenlicht nichts ändern, das den vertrauten Raum mit einem warmen Schimmer übergoss.

      Ich starrte auf das jungfräulich weiße Blatt, das ich kurz zuvor auf die Staffelei gestellt hatte. Aber ich sah das Blatt nicht. Ich sah auch nicht Simon Degenfelds unverschämt schönen Körper, weil ich mich, zumindest im Augenblick, nicht traute, noch einmal hinzuschauen.

      Der erste Blick war katastrophal genug gewesen!

      Er hatte mich ganz schlicht umgehauen, in eine Art paralytische Trance versetzt. Obwohl komplett angezogen mit Höschen, BH, Kleid und Arbeitskittel, kam ich mir ausgezogener vor als je zuvor.

      Es war, als sei ich die neunzehn Jahre meines bisherigen Lebens mit der üblichen Anordnung von Armen, Beinen, Brüsten, Geschlecht und Rumpf herumgelaufen, ohne mir der Einzelteile mehr als dumpf bewusst zu sein - bis es zu diesem völlig unerwarteten, verheerenden, vernichtenden Augenblick kam.

      In diesem Augenblick wurde mir zum ersten Mal bewusst, dass ich rosig bräunliche Brustwarzen besaß, die plötzlich so rund und prall waren, dass sie vor lauter Spannung beinahe wehtaten.

      Ich hatte Waden und Schenkel, überzogen von einer straff gespannten Haut, die mit jeder Pore nach Beachtung schrie.

      Ich hatte eine feuchte, leicht zuckende Vagina, die im Takt mit den kurzen, raschen, erregten Stößen meiner Lungen zu atmen schien.

      Ich hatte sogar eine Klitoris, die erwartungsvoll anschwoll. In mir drin, in meinen Eingeweiden, vollführten Millionen Schmetterlinge einen rasenden Flattertanz um Billionen Würmer, die sich aus meinen Lenden zu meiner Kehle hochwanden, während mein Herz drauflos klopfte, als trommelten tausend Wilde in seinen Kammern.

      Das war das niederschmetternde Ergebnis des einen Blicks, mit dem ich Simon Degenfeld unter einer ebenmäßig gebräunten Haut kraftvoll hervortretende Muskeln gemustert hatte. Vielleicht war es aber auch gar nicht Simon gewesen.

      Vielleicht war ich einfach reif?

      Vielleicht hätte jedes andere gutgewachsene Mannsbild einen ähnlichen Effekt ausgelöst. In einer Zeit, da Jungfräulichkeit nach dem zwölften Geburtstag als Perversität galt, war ich ein Freak, da ich bis vor kurzem mit einiger Hartnäckigkeit am Zustand eines Neutrums festgehalten hatte.

      Kann sich ein Mensch vorstellen, dass ich mit meinen neunzehn Jahren noch nie für mehr als fünf Minuten mit einem Knaben oder Mann allein gewesen war - außer mit meinem Vater oder mit meinem Onkel?

      Wie dumm, naiv und unschuldig kann ein junges Mädchen im einundzwanzigsten Jahrhundert überhaupt noch sein? Ich weiß es. Sehr!

      Nicht, dass ich ein sonderlich behütetes Leben gehabt hätte. Keineswegs. Es war nur so, dass mich diese Sache nicht interessierte, und meine mangelnde Begeisterung für dunkle Ecken, Wagenfonds und das übliche Gefummel teilte sich den Knaben nicht nur mit - es verschreckte sie nachhaltiger als jeder prüde Protest jungfräulicher Tugend.

      Mein Interessengebiet, praktisch mein einziges Interessengebiet, war die Malerei gewesen, und das ist zweifellos der Grund, warum ich - obwohl noch ein Teenager - mit der Ausführung der Wandgemälde im neuen Münchner Konzertsaal betraut wurde.

      Ferner ist das natürlich auch der Grund, warum Simon Degenfeld an einem sonnigen Mittwochmorgen halbnackt in meinem Atelier einher spazierte, wo er mein inneres Gleichgewicht erschütterte, meine Hormondrüsen zu einer affenartigen Aktivität stimulierte und - obwohl ich das damals noch nicht ahnte - im Begriff stand, mein ganzes Leben zu ändern.

      Simon hatte mir für die zentrale Figur des Wandgemäldes als Model dienen sollen. Der Einfall war alles andere als originell. Stark stilisiert und zwar so, dass sie eine Überhöhung der natürlichen und von Menschenhand geschaffenen Wirklichkeit darstellten, sollten über die Seitenwände die Industrie, die Landwirtschaft und die übrigen, in diesem Landstrich anzutreffenden Gewerbe heraufgezogen kommen. Die diese ganze Prozession beherrschende Gestalt sollte jedoch der Arbeiter sein. Nicht ein realistischer, erschöpfter und verschwitzter Arbeiter, sondern ein alles überragender, gottähnlicher Apoll, von Kopf bis Fuß bronzefarben, strotzend vor Gesundheit und in jener männlichen Schönheit erstrahlend, die Europäer gern für eines ihrer typischen Merkmale halten.

      Mit anderen Worten - ein Simon Degenfeld!

      Bis auf diese Zentralfigur war das Wandgemälde fertig. Später würde Simon mir an Ort und Stelle, im Konzertsaal, Model stehen. Im Augenblick hatte ich ihn jedoch in meinem Atelier, wo ich offiziell damit beschäftigt war, eine Reihe von Skizzen anzufertigen.

      In Wirklichkeit aber stand ich kurz vor der Ohnmacht, hatte eine Birne von der Farbe eines Sonnenuntergangs auf einem billigen Kalender und war außerdem plötzlich so überwältigend Sex bewusst, dass mir vor lauter Aufregung übel wurde.

      Simon, der von mir zu hören erwartete, welche Pose er einnehmen sollte, stand - die Hände in den Hüften, den Kopf leicht geneigt - mit gespreizten Beinen inmitten des Raums und sah mich verdutzt an. Er hatte seegrüne Augen und blondgelocktes Haar. Er trug hautenge Jeans und sonst nichts.

      „Ihnen fehlt doch nichts, Frau Rabenau?“, fragte er besorgt.

      Es war nett von ihm, zu fragen, aber obwohl es vielleicht auch nur meine rasende Fantasie war, hatte ich trotzdem das Gefühl, in seinen Augen ein wissendes Blitzen erspäht zu haben, die Spur eines auftrumpfenden Lächelns in den Mundwinkeln, was zur Folge hatte, dass ich noch roter wurde.

      In dem Augenblick hasste ich ihn, und ihn zu hassen machte es etwas einfacher, die Fassung zurückzugewinnen, die Trockenheit in meiner Kehle weg zu schlucken und ihm im krächzenden Ton eines von Halsweh geplagten Frosches die Stellung mitzuteilen, in der ich ihn gern sehen wollte.

      Halbblind setzte ich mit einem verzweifelten Ruck den Kohlestift an. Er brach natürlich ab, aber ich machte mit dem Stummel weiter. Während


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