Markenrecht. Jennifer Fraser
erkennbare Kombination „ASS“ für Arzneimittel nicht unterscheidungskräftig ist (BPatGE 39, 116, 119 – ASS). Auch „Fanmeile“ nimmt auf das jeweilige Sportereignis Bezug und ist nicht unterscheidungskräftig (Kortge/Mittenberger-Huber GRUR 2019, 451, 454). Der Buchstabe „M“ ist für „Sportwagen“ nicht beschreibend, da es sich nicht um eine übliche Abkürzung für „Motor“ oder eine sonstige Sachangabe in Verbindung mit „Sportwagen“ handelt (BPatG GRUR-Prax 2018, 330). Die Abkürzung muss klar als solche erkennbar sein, was das BPatG für „QE“ als Hinweis auf eine Heilmethode, für „B&P“, „LCM“ sowie die Buchstaben-/Zahlenkombination „MC3“ jeweils verneint hat (BPatG BlPMZ 2012, 283 – B&P; 28 W (pat) 47/11 –LCD; 30 W (pat) 536/11 – MC3). Schutzfähig sind „ZBV“ iSv „Zusätzliche Versicherungsbedingungen“ mangels Gebräuchlichkeit (BPatG BeckRS 2016 12533), „GSG-PDR“ für „Schusswaffen“ mangels entsprechender Nachweise (BPatG BeckRS 201616007), „ramuc“ dank Verschmelzung zu einem einheitlichen Kunstwort (BPatG BeckRS 2016 07097 für „Dienstleistungen eines Rechtsanwalts“) und „bb-nrw“ mangels Üblichkeit (BPatG BeckRS 2016 10732). Nicht schutzfähig als Hinweis auf ein „baden-württembergisches Netzwerk/Internet“ ist „BWnet“ und „@“ als populäres Symbol für den Datenaustausch im Internet (BPatG 2.12.2015 – 29 W (pat) 62/13). Für die Kombination von Buchstaben und Zahlen gelten die gleichen Maßstäbe wie für bloße Buchstabenkombinationen (BGH GRUR 2002, 884 – B-2 alloy; vgl auch BPatG PAVIS PROMA 25 – W (pat) 261/02 – b2, wo eine – am unteren Rand liegende – normale Kennzeichnungskraft angenommen wird für ua „Software“). Eine branchenübliche Verwendung von Buchstabenkombinationen kann dazu führen, dass eine warenbeschreibende Bedeutung vermittelt wird und der Verkehr hierin keine unterscheidungskräftige Marke sieht. Dies muss aber nicht sein; so ist die Eintragung gerechtfertigt und besteht sogar eine normale Kennzeichnungskraft laut BGH, wenn ein beschreibender Anklang nicht gegeben ist (BGH GRUR 2012, 930, 933 – Bogner B/Barbie B; so auch OLG München GRUR-RR 2008, 6 – B.T.I.; BPatG PAVIS PROMA 24 W (pat) 15/10 CC/CC; vgl Berlit WRP 2012, 1342, 1344; vgl auch BPatG PAVIS PROMA 25 – W (pat) 261/02 – b2, wo eine – am unteren Rand liegende – normale Kennzeichnungskraft angenommen wird für ua „Software“; OLG Köln Mitt 2009, 572 – Bezeichnung eines Bundesverbandes – LS –, wo eine glatt durchschnittliche Kennzeichnungskraft von „bsw“ verneint wird). Die Kombination „H 15“ ist ist unterscheidungskräftig, weil sie von medizinischen und pharmazeutischen Fachverkehrskreisen nicht als Synonym für Weihrauchextrakt und als Wirkstoffangabe verstanden wird (BPatG BeckRS2017, 141107; Kortge/Mittenberger-Huber GRUR 2018, 467). Besteht eine Marke aus einer beschreibenden Wortfolge und aus einer Buchstabenkombination, die für sich genommen schutzfähig wäre, in der konkreten Gestaltung der Gesamtmarke wegen der Übereinstimmung mit den Anlauten der beschreibenden Worte aber nur als Abkürzung dieser Bezeichnungen wirkt, so wird der Verkehr auch die Abkürzung als beschreibend auffassen (BPatG GRUR 2012, 637, 638 – ZVS Akronym; PAVIS PROMA – 33 W (pat) 3/05 – TRM Tenant Relocation Management; BPatG BeckRS 2016 03287 – GRM Gastro Relationship Management; BPatG BeckRS 2017, 125196 – BCM als Abkürzung von Body Cell Mass; vgl die Vorlagebeschlüsse BPatG GRUR 2011, 524 – NAI – Der Natur-Aktien-Index und GRUR 2011, 527 – Multi Market Fund MMF; vgl auch BGH GRUR 2008, 714, 719 – idw). Umgekehrt ist eine – auch längere Abkürzung – unterscheidungskräftig, wenn aus der Buchstabenfolge nicht ohne weiteres auf den zugrunde liegenden beschreibenden Begriff geschlossen werden kann (BGH GRUR 2013, 731 – Kaleido; BPatG 25 W (pat) 514/12 – REHAB (Rehabilitation)). Auch wenn „AC“ für pharmazeutische Produkte mehrdeutig ist, kann der Verkehr die Buchstabenverbindung aufgrund der branchenüblichen hervorgehobenen Bezeichnung von Vitaminpräparaten mit ihren Buchstabensymbolen auf den Verpackungen und in der Werbung als Sachangabe auffassen (BPatGE 41, 36, 40 – AC; aA BGH GRUR 2002, 261 f – AC). So kann auch auf dem Kfz-Sektor wegen der Jahrzehnte langen Übung, Buchstaben und -kombinationen zur Bezeichnung von Modell, Ausstattungsvarianten und Motorart zu verwenden, die Kombination „LT“ auch dann nicht unterscheidungskräftig sein, wenn der Sinngehalt nicht verstanden wird oder ein solcher überhaupt fehlt (Jahresbericht des BPatG GRUR 2000, 379 unter Bezugnahme auf BPatGPAVIS PROMA –28 W (pat) 78/98–LT; BPatGE 44, 77, 78 f – ATM).
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Erst im Kollisionsfall ist die Kennzeichnungsschwäche derartiger Buchstabenkombinationen zu berücksichtigen (BGH GRUR 2001, 344, 345 – DB Immobilienfonds; vgl OLG Düsseldorf GRUR-RR 2001, 106, 108 – GVP; BGH GRUR 2001, 161 – Buchstabe „K“; GRUR 2003, 343, 344 – Buchstabe „Z“; BGH GRUR 2012, 930, 933 – Bogner B/Barbie B). Wie der BGH sogar von normaler Kennzeichnungskraft auszugehen (BGH GRUR 2002, 1067, 1068 f – OKV/DKV; GRUR 2002, 626, 628 – IMS; GRUR 2004, 600, 601 – d-c-fix/CD-FIX; GRUR 2012, 930, 933 – Bogner B/Barbie B; GRUR 2016, 283 – BSA/DSA DEUTSCHE SPORTMANGEMENTAKADEMIE; Gründig-Schnelle GRUR 2003, 1002, 1004; allgemein zu Abkürzungen Bugdahl MarkenR 2017, 456), verbietet sich allerdings angesichts der häufigen Verwendung derartiger, meist durch die Initialen des Firmennamens gebildeter Marken (OLG München GRUR-RR 2002, 107, 108 – mbp.de/MB'&P; Fuchs-Wissemann GRUR 1999, 855, 857 f; v Gierke WRP 2000, 877, 878 f; Goldmann/Rau GRUR 1999, 216; vgl auch Berlit WRP 2012, 1042).
i) Zahlen
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Ob Zahlen unterscheidungskräftig sind, obliegt einer Einzelfallbeurteilung und kann auf den verschiedenen Waren- und Dienstleistungsbereichen unterschiedlich zu entscheiden sein (BGH GRUR 2002, 970, 971 – Zahl „1“). Nach Auffassung des BPatG verfügen selbst kleinere Zahlen wie „1“ oder auch „6“ in Alleinstellung über die nach § 8 Abs 2 Nr 1 erforderliche Unterscheidungskraft, wenn sie keinen Sachbezug erkennen lassen, insb nicht den Eindruck einer bloßen Mengenangabe vermitteln. Hierbei soll es nicht darauf ankommen, ob der Verkehr bereits an „nackte“ Ziff als Marke gewöhnt ist (BPatGE 41, 138, 143 – Zahl „1“). Im Rahmen einer Wettbewerbssache, in der es um die Prägung der mehrgliedrigen Vergleichsmarken durch die Zahl „1“ als solche ging, hat der BGH demgegenüber eine konkrete Unterscheidungskraft verneint, weil sie als Grundzahl und erste Ziff der Zahlenreihe nach der allg Lebenserfahrung vom angesprochenen Verkehr idR beschreibend und nicht kennzeichnend verstanden werde (BGH GRUR 2000, 608, 610 – ARD-1). Die Entsch zu ARD-1 war aus Sicht des BGH in späteren, gegensätzlichen Entsch dadurch zu rechtfertigen, dass der angesprochene Verkehr auf dem Fernsehseprogrammsektor an die Verwendung von derartigen Zahlen gewöhnt ist (BGH GRUR 2002, 970, 971 – Zahl „1“). Indes kann vor einer zu großzügigen Monopolisierung nur gewarnt werden. Gerade bei kleineren Zahlen spricht die Erfahrung dafür, dass der Verkehr hierin nur eine Mengenangabe, Produktreihenbezeichnung oder Nummerierung sieht (vgl Ströbele/Hacker/Thiering/Ströbele § 8 Rn 231). So ist insbesondere die Zahl „24“ geeignet, auf Waren und Dienstleistungen hinzuweisen, die rund um die Uhr erbracht werden (vgl BPatG PAVIS PROMA 24 W (pat) 522/10). Je willkürlicher eine Zahl oder Zahlenkombination erscheint, umso eher wird sie als Herkunftshinweis erscheinen und nicht wie eine Sachangabe wirken (Fuchs-Wissemann MarkenR 1999, 183, 188). Indes gibt es Unternehmensbereiche wie die Computerbranche, in denen die Verwendung von niedrigen und hohen Zahlen – auch komplizierten Ziffernfolgen – als Typenangaben üblich ist, so dass der Verkehr hierin nicht den Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen sehen wird (vgl BGH GRUR 2002, 884 – B-2 alloy). Auch kann auf dem Sektor der elektronischen Datenverarbeitung die Zahl 128 als Zweierpotenz (2 hoch 7) nicht unterscheidungskräftig sein (BPatG GRUR 2000, 330 f – 128). Demgegenüber gibt es für Waren und Dienstleistungen generell keinen Anhaltspunkt, dass der Verkehr in Zahlen wie „9000“ etwas anderes als ein Betriebskennzeichen sieht (BPatGE 39, 110, 114 – 9000). Dies gilt auch für Zahlworte wie „DREI“ (BPatG PAVIS PROMA 26 W (pat)38/00 und „Fünfer“ (BGH GRUR 2000, 231 – FÜNFER).