Junge Pferde! Junge Pferde!. Pauline Boldt

Junge Pferde! Junge Pferde! - Pauline  Boldt


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Junge Pferde! Junge Pferde!

      FRÜHJAHR

      Die ganze Nacht durch kamen Wanderungen

      Wie auf der Flucht, in sohlenloses Schreiten

      Vermummt. Am Morgen bargen es die Weiten:

      Nur Sturm schwimmt durch die dunkelen Waldungen.

      Als wäre allem Licht ein Tor gesprungen,

      Will es sich in die Aderbäume breiten,

      Darin die Pulse spülen, Säfte gleiten

      Wie Frühjahrströme durch die Niederungen.

      Mein gutes Glück, märzlich dahergetänzelt.

      Mädchen, gut, daß du Weib bist! Diese Stunde

      Verlangt das. Küsse mich! O unsere Munde

      Haben noch niemals um ihr Glück scharwenzelt.

      Du – du – dein Haar riecht wie der frühe Wind

      Nach weißer Sonne – Sonne – Sonne – Wind.

      NÄCHTE ÜBER FINNLAND

      Die Nadelwälder dunkeln fort im Osten,

      Und aus den Seen taucht das Nachtgespenst

      Den gelben Kopf, von Feuerrauch gekränzt,

      Den Sterngeruch der neuen Nacht zu kosten.

      Zu weißen Pilzen filzen Fichtenpfosten,

      Und Ast an Ast in zartem Lichte glänzt,

      – befrorne Linien – Filigran umgrenzt,

      Zieht die Kontur aus reinen, reifen Frosten.

      Bis auf das alte, runde, schwarze Eis

      Des Grundes sind die Flüsse zugefroren.

      In Schuttmoränen glänzt der glatte Gneis

      Und in den leuchtenden, polierten Mooren.

      Die Krähen schreien ewig: Tag – und Tat —

      Nebel und Kälte fällt wie Sack und Saat.

      WEICHSEL

      Ein Thema: Weichsel; blutsüßes Erinnern!

      Der Strom bei Kulm verwildert in dem Bett.

      Ein Mädchen, läuft mein Segel aufs Parkett

      Aus Wellen, glänzend, unabsehbar, zinnern.

      In Obertertia. Julitage flammen,

      Bis du den Leib in helle Wellen scharrst.

      Die Otter floh; mein weißes Lachen barst

      Zwischen den Weiden, wo die Strudel schwammen.

      Russische Flöße in den Abend ragend.

      Die fremden Weiber, die am Feuer sitzen,

      Bewirten mich: Schnaps und gestohlener Speck.

      Wir ankern und die Alten bleiben weg.

      Die Völlerei. Aus grausamen Antlitzen

      Blitzt unser Blick, ins Weiberlachen schlagend.

      NÄCHTIGE SEEFAHRT

      Die Winde sind von einem Möwen-Dutzend

      Geschwänzt und schlagen durch die Luft, dumpf, pfeifend.

      Und hart herrollend, seltsam vorwärtsgreifend,

      Zerbraust das Meer, der Riffe Rücken putzend.

      Es klatscht das Segel, patscht das Ruderblatt.

      Die gleichen Wogen streifen, weichen vorn

      Und fallen hinten, wo der Möwen Zorn

      Sie schmäht, matt, hingemäht, ins glatte Schwad.

      Dann steift der Wind. Er gibt die Brise doppelt

      Und schmeißt die hellen Wasserhaufen steiler,

      Wie ein Pikeur die Meute noch gekoppelt

      Voll Gier losläßt; allein der starke Keiler

      Stockt, steht, stößt einmal in die Runde

      Entblößter Zahnreihn und zerfetzt die Hunde.

      FRIEDRICHSTRASSENDIRNEN

      Sie liegen immer in den Nebengassen,

      Wie Fischerschuten gleich und gleich getakelt,

      Vom Blick befühlt und kennerisch bemakelt,

      Indes sie sich wie Schwäne schwimmen lassen.

      Im Strom der Menge, auf des Fisches Route.

      Ein Glatzkopf äugt, ein Rotaug’ spürt Tortur,

      Da schießt ein Grünling vor, hängt an der Schnur

      Und schnellt an Deck einer bemalten Schute,

      Gespannt von Wollust wie ein Projektil!

      Die reißen sie aus ihm wie Eingeweide,

      Gleich groben Küchenfrauen ohne viel

      Von Sentiment. Dann rüsten sie schon wieder

      Den neuen Fang. Sie schnallen sich in Seide

      Und steigen ernst mit ihrem Lächeln nieder.

      MITTAGS

      Jetzt ruht der Tag am Himmel wie ein Krake,

      Des blasses Maul die Wälder überschwemmt.

      Laubbäume zittern in dem Sonnenhemd,

      Als ob der Park von hellen Flammen blake.

      Die schwere Mühle rudert strahlumwellt

      In glattem Takt, daß sie den Abend hebe;

      Noch hält der leuchtende Kristall die Schwebe,

      Der Azur aus dem leichten Lichte fällt.

      Orangewolken mit zitterndem Bauch,

      Die nachts den Flächenblitz gebären sollen.

      Libellen flügeln, Falter, und verschollen

      Summen die Bienen in dem Bohnenstrauch.

      In deinen Adern glüht des Heliotrops

      Arom, gekühlt von süßerem Jasmin,

      Und durch die Nerven klingen Phantasien,

      Bizarre Phantasien Félicien Rops’.

      Im Walde schlägt der Keiler durstgequält

      Die hellen Zähne in das Holz der Kiefer.

      Die tote Schonung raucht wie heißer Schiefer,

      In dem der Nacht erstickter Atem schwält.

      NACHT FÜR NACHT

      Wie helle Raupen kriechen die Chausseen

      Aus Wäldern über Berge in die Tale.

      Gestrandet liegen Wolken, groß wie Wale,

      Still in der Abendröte blanken Seen.

      Der Tag versiegt. Bis ihn die Frühen speisen,

      Quillt schwarze Nacht aus allen Himmelsbronnen.

      Die Sterne scheinen, kleine, ferne Sonnen.

      Der Teich im Hofe glänzt wie dunkles Eisen.

      Der Mond steht, wie ein Junge in der Pfütze,

      Hell über jedem Garten. Und wie Gaze

      Schimmert der Wald, des Berges blaue Mütze.

      Aus einer Kleinstadt ragt des Kirchturms Vase

      Verschnörkelt aus der Giebeldächer Nippes. —

      Schlaf


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