La San Felice. Александр Дюма
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La San Felice
Erster Theil
Vorrede
Die Ereignisse, welche ich im Begriff stehe zu erzählen, sind so seltsam, und die Personen, die ich auftreten lassen werde, so außerordentlich, daß ich, ehe ich denselben das erste Capitel meines Buches widme, einige Minuten lang über die Ereignisse und über diese Personen mit meinen künftigen Lesern plaudern zu müssen glaube.
Die Ereignisse gehören jener Periode des Directoriums an, welche den Zeitraum der Jahre 1798 bis 1800 umfaßt.
Die zwei Hauptsachen dieser Periode sind die Eroberung des Königreiches Neapel durch Championnet und die Wiedereinsetzung des Königs Ferdinand durch den Cardinal Ruffo – zwei Thatsachen, von welchen die eine ebenso unglaublich ist als die andere, weil Championnet mit zehntausend Republikanern eine Armee von fünfundsechzigtausend Mann Soldaten schlägt und sich nach dreitägiger Belagerung einer Hauptstadt von fünfhunderttausend Einwohnern bemächtigt, und weil Ruffo mit fünf Mann von Messina abgeht, gleich einem Schneeballe sich durch die ganze Halbinsel wälzt, mit vierzigtausend Mann Sanfedisten in Neapel anlangt und den vertriebenen König wieder auf den Thron setzt.
Es gehört aber auch Neapel mit seiner unwissenden, leicht beweglichen und abergläubischen Bevölkerung dazu, damit dergleichen Unmöglichkeiten historische Thatsachen werden.
Die Geschichte dieser Vorgänge ist mit kurzen Worten folgende:
Invasion der Franzosen; Proclamation der parthenopeichen Republik; Entwicklung der großen Individualitäten, die während der vier Monate, welche diese Republik dauerte, den Ruhm Neapels ausmachten; die sanfedistische Reaction Ruffos; die Wiedereinsetzung Ferdinands und die Metzeleien, welche die Folge dieser Wiedereinsetzung waren.
Was die Personen betrifft, so theilen sich dieselben hier, wie in allen Büchern dieser Art, welche wir geschrieben, in historische und erdichtete.
Es wird unseren Lesern eigenthümlich erscheinen, daß wir die von uns erdichteten Personen, welche den romantischen Theil dieses Buches bilden, ihnen ohne ein Wort der Verteidigung preisgeben. Unsere Leser sind aber seit länger als einem Vierteljahrhundert in Bezug auf uns so nachsichtig gewesen, daß wir, indem wir nach sieben- bis achtjährigem Schweigen wieder vor ihnen erscheinen, nicht nöthig zu haben glauben, an ihre früheren Sympathien appellieren zu müssen. Mögen sie uns sein, was sie uns stets gewesen sind, und wir werden uns dann nur zu glücklich schätzen.
Dagegen scheint es uns im höchsten Grade notwendig, einige Worte über mehrere der historischen Personen vorauszuschicken. Außerdem könnten wir leicht Gefahr laufen, daß dieselben, wenn auch nicht für Geschöpfe unserer Phantasie, doch wenigstens für nach unserem Gutdünken herausstaffierte Masken gehalten würden, so sehr stehen diese historischen Personen in ihrer lächerlichen Excentricität oder ihrer bestialischen Rohheit nicht blos außerhalb dessen, was vor unseren Augen geschieht, sondern auch dessen, was wir uns denken können.
So haben wir kein Beispiel von einem König wie Ferdinand der Vierte oder von einem Volke, als dessen Typus uns hier Mammone entgegentritt.
Der Leser sieht, ich halte mich an die beiden Extremitäten der socialen Stufenleiter – an den König, das Staatsoberhaupt, und an den Bauer und Bandenführer.
Beginnen wir mit dem König, und damit die royalistischen Gemüther nicht über Impietät gegen die Monarchie schreien, wollen wir einen Mann befragen, welcher zwei Reisen nach Neapel gemacht und der den König Ferdinand zu der Zeit, wo wir ihn dem Gange unserer Erzählung gemäß auftreten lassen müssen, gesehen und studiert hat.
Dieser Mann ist Joseph Gorani, französischer Bürger, wie er sich selbst tituliert, Verfasser der »geheimen kritischen Memoiren der Höfe und Regierungen und der Sitten der vornehmsten Staaten Italiens.«
Citieren wir drei Bruchstücke aus diesem Buch und zeigen wir den König von Neapel als Schüler, den König von Neapel als Jäger und den König von Neapel als Fischer.
Es ist also jetzt Gorani, welcher spricht, nicht ich.
Die Erziehung des Königs von Neapel
»Als nach dem Tode des Königs Ferdinand des Sechsten von Spanien Carl der Dritte den Thron von Neapel verließ, um den Spaniens zu besteigen, erklärte er den ältesten seiner Söhne für zur Regierung unfähig, machte den zweiten zum Prinzen von Asturien und ließ den dritten in Neapel, wo er, obschon noch sehr jung, als König anerkannt ward.
»Der älteste Prinz war in Folge der schlechten Behandlung verdummt, die er von der Königin erdulden mußte, welche ihn, gleich schlechten Müttern aus der Hefe des Volkes, fortwährend schlug. Sie war eine Prinzessin von Sachsen und von harter, habsüchtiger, herrschsüchtiger und boshafter Gemüthsart.
»Als Carl nach Spanien abreiste, fand er es nothwendig, für den König von Neapel, der noch Kind war, einen Gouverneur zu ernennen. Die Königin machte dieses Amt, eines der wichtigsten, dem Meistbietenden zugänglich.
»Dieser Meistbietende war der Fürst San-Nicandro und erhielt es zugeschlagen.
»San-Nicandro besaß die schmutzigste Seele, welche jemals in dem Kothe von Neapel vegetiert hat. Unwissend, den schimpflichsten Lastern fröhnend, ohne in einem Leben jemals etwas Anderes gelesen zu haben, als Gebetbücher, war er fast fortwährend betrunken und folglich ganz unfähig der wichtigen Mission, einen König zu erziehen, zu genügen.
»Man kann mit leichter Mühe errathen, was die Folgen einer solchen Wahl sein mußten. Da er selbst nichts wußte, so konnte er auch seinen Schüler nichts lehren.
»Dies war ihm aber noch nicht genug, um den Monarchen in einer ewigen Kindheit zu erhalten. Er umgab ihn daher mit Creaturen seines Schlages und entfernte von ihm jeden verdienstvollen Mann, der ihm den Wunsch, sich zu unterrichten, hätte einflößen können. Da er sich im Besitze unbeschränkter Autorität befand, so verkaufte er Gnadenbeweise, Aemter und Titel.
»Um den König unfähig zu machen, auch nur den geringsten Theil der Verwaltung des Königreiches zu überwachen, brachte er ihm frühzeitig Geschmack an der Jagd bei, unter dem Vorwande, daß dies dem Vater gefallen werde, welcher stets ein leidenschaftlicher Freund dieses Vergnügens gewesen war.
»Als ob diese Leidenschaft aber noch nicht hinreichend gewesen wäre, um den jungen König von den Geschäften fern zu halten, gesellte er zu derselben auch noch die des Fischfanges und dies sind gegenwärtig noch die Lieblingsvergnügungen des Königs.
»Derselbe ist sehr lebhaft und war es als Kind in noch höherem Grade. Es waren Vergnügungen nöthig, um ihn jeden Augenblick vollständig zu beschäftigen. Sein Gouverneur suchte ihm neue Erholungen und wollte ihn gleichzeitig von der zu großen Sanftmuth und Herzensgüte heilen, welche den Grundzug seines Charakters bildeten.
»San-Nicandro wußte, daß es ein Lieblingszeitvertreib des Prinzen von Asturien, jetzigen Königs von Spanien, war, Kaninchen zu erwürgen. Er brachte deshalb seinem Zöglinge Geschmack daran bei. Der König erwartete demgemäß die armen Thiere an einem schmalen Durchgange, den man sie zu passieren zwang, und schlug sie mit einer seinen Kräften angemessenen Keule unter lautem Gelächter todt.
»Um einige Abwechslung in diesen Zeitvertreib zu bringen, nahm er Hunde oder Katzen und machte es sich zum Spaß, sie zu prellen, bis sie verendeten. Um dieses Vergnügen noch pikanter zu machen, wünschte er endlich auch Menschen prellen zu sehen, was sein Gouverneur sehr vernünftig fand. Bauern, Soldaten, Arbeiter und selbst Hofcavaliere dienten auf diese Weise dem gekrönten Kinde zum Spielwerk; ein Befehl von Carl dem Dritten aber machte diesem noblen Zeitvertreibe ein Ende und dem jungen Könige war fernerhin blos noch gestattet Thiere zu prellen, mit Ausnahme der Hunde, welche der König von Spanien in seinen besonderen Schutz nahm.
»Auf diese Weise erzog man Ferdinand den Vierten, den man nicht einmal Lesen und Schreiben lehrte. Seine Gemahlin war seine erste Schulmeisterin.«
Der König von Neapel als Jäger
»Eine solche Erziehung mußte ein Ungeheuer, einen Caligula hervorbringen. Die Neapolitaner waren darauf gefaßt, die angeborene Herzensgüte des jungen Monarchen triumphierte aber dennoch über den Einfluß einer so verwerflichen Leitung. Ganz gewiß wäre er noch ein vortrefflicher Fürst geworden, wenn es ihm gelungen wäre, sich seines