Tausend und Ein Gespenst. Александр Дюма

Tausend und Ein Gespenst - Александр Дюма


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wo wir uns befanden, aber die ganze Tiefe in einer um so schwärzeren Dunkelheit ließ, da der Theil, wo wir uns befanden, in einem weit helleren Lichte war.

      Ich verhörte nun den Verwundeten; hier ist das, was er mir erzählte.

      Seine Verabschiedung hatte ihn wenig bekümmert. – Er hatte Geld in der Tasche, und bis dahin hatte er gesehen, daß man mit Geld keinen Mangel litte.

      Er war dem zu Folge in die Schenke gegangen.

      In der Schenke hatte er angefangen eine Flasche anzubrechen; aber bei dem dritten Glase hatte er den Wirth eintreten sehen.

      – Sind wir bald fertig? hatte dieser gefragt.

      – Und warum das? hatte der Arbeiter geantwortet.

      – Weil ich habe sagen hören, daß Du es wärest, der Heinrich IV. eine Ohrfeige gegeben hat.

      – Nun denn! ja, ich bin es, sagte der Arbeiter unverschämter Weise. – Was mehr?

      – Was mehr? ich will keinem schlechten Schurken zu trinken geben, wie Du einer bist, der den Fluch über mein Haus herbeiziehen würde.

      – Dein Haus, – Dein Haus ist das Haus für Jedermann, und sobald man bezahlt, – so ist man zu Haus.

      – Ja, aber Du wirst nicht bezahlen.

      – Und warum das?

      – Weil ich Dein Geld nicht will. – Da Du nun aber nicht bezahlst, so wirst Du nicht zu Haus sein, – sondern bei mir, und da Du bei mir sein wirst, so werde ich das Recht haben. Dich vor die Thür zu werfen.

      – Ja, wenn Du der Stärkere bist.

      – Wenn ich nicht der Stärkere bin, so werde ich meine Aufwärter rufen.

      – Wohlan! rufe ein wenig, damit wir sehen.

      Der Schenkwirth hatte gerufen; drei im Voraus benachrichtigte Aufwärter waren jeder mit einem Stocke in der Hand bei seiner Stimme eingetreten, und so große Lust er auch hatte sich zu widersetzen, so war der Arbeiter dennoch gezwungen worden, sich ohne ein Wort zu sagen zurückzuziehen.

      Nun hatte er sich entfernt, war einige Zeit lang in der Stadt herum geirrt und zur Stunde des Mittagessens zu einem Garkoch eingetreten, bei welchem die Arbeiter gewöhnlich ihre Mahlzeiten einnahmen.

      Er hatte kaum seine Suppe gegessen, als die Arbeiter eintraten, welche ihr Tagewerk so eben beendigt hatten.

      Als sie ihn erblickten, blieben sie auf der Schwelle stehen, und indem sie den Wirth riefen, erklärten sie ihm, daß wenn dieser Mann fortführe seine Mahlzeiten bei ihm zu nehmen, sie von dem ersten bis zum letzten sein Haus verlassen würden.

      Der Garkoch fragte, was dieser Mensch gethan hatte, der so der allgemeinen Verdammung unterläge.

      Man sagte ihm, daß es der Mann wäre, welcher Heinrich IV. eine Ohrfeige gegeben hätte.

      – Dann pack Dich hinaus, sagte der Garkoch, in, dem er auf ihn zuschritt, und möge das, was Du gegessen hast. Dir zu Gift werden!

      Es war noch weniger möglich, bei dem Garkoch Widerstand zu leisten, als bei dem Weinhändler. – Der geächtete Arbeiter stand auf, indem er seine Kameraden bedrohte, welche vor ihm zur Seite traten, nicht wegen der Drohungen, die er ausgestoßen, sondern wegen der Entweihung, die er begangen hatte.

      Er verließ voll Wuth im Herzen das Haus und irrte einen Theil des Abends fluchend und lästernd in den Straßen von Saint Denis herum. Dann ging er gegen zehn Uhr nach seiner Schlafstelle.

      Gegen die Gewohnheit des Hauses waren die Thüren verschlossen.

      Er klopfte an die Thür.

      Der Wirth erschien an einem Fenster. Da es finstere Nacht war, so konnte er den nicht erkennen, welcher klopfte.

      – Wer sind Sie? fragte er.

      Der Arbeiter nannte sich.

      – Ah! sagte der Wirth, Du bist es, der Heinrich IV. eine Ohrfeige gegeben hat; warte.

      – Wie, warum muß ich warten? sagte der Arbeiter ungeduldig.

      Zu gleicher Zeit fiel ein Bündel zu seinen Füßen.

      – Was ist das? fragte der Arbeiter.

      – Alles, was von Dir hier war.

      – Wie! Alles, was von mir hier war?

      – Ja, Du kannst schlafen gehen, wo Du willst; ich habe keine Lust, daß mir mein Haus über dem Kopfe zusammen stürzt.

      Der Arbeiter ergriff rasend einen Pflasterstein, und warf ihn gegen die Thür.

      – Warte! sagte der Wirth, ich will Deine Kameraden wecken, und wir werden sehen.

      Der Arbeiter sah ein, daß er nichts Gutes zu er, warten hätte. Er zog sich zurück, und als er Hundert Schritte weit von dort eine offene Thür gefunden hatte, so trat er ein, und legte sich unter einen Schoppen.

      Unter diesem Schoppen befand sich Stroh; er legte sich auf dieses Stroh und schlief ein.

      Um drei Viertel auf zwölf Uhr schien es ihm, als ob ihn Jemand, an der Schulter berühre.

      Er erwachte und sah vor sich eine weiße Gestalt, welche das Ansehen einer Frau hatte, und die ihm einen Wink gab, ihr zu folgen.

      Er glaubte, daß es eine jener Unglücklichen wäre, welche immer ein Lager und Vergnügen dem zu bieten haben, welcher das Lager und das Vergnügen bezahlen kann, und, da er Geld hatte, da er es vorzog die Nacht unter einem Obdache und in einem Bette, als hier unter einem Schoppen auf Stroh zuzubringen, so stand er auf und folgte der Frau.

      Die Frau ging einen Augenblick lang die Häuser der linken Seite der Großen Straße hinab, dann ging sie über die Straße, schlug eine Gasse zur Rechten ein, wobei sie dem Arbeiter immer winkte ihr zu folgen.

      Dieser, an dieses nächtliche Treiben gewöhnt, und indem er aus Erfahrung die Gassen kannte, in denen gewöhnlich die Frauen von der Art derer logirten, welcher er folgte, machte keine Schwierigkeit, und trat in die Gasse.

      Die Gasse führte auf das Feld; er glaubte, daß diese Frau ein abgelegenes Haus bewohne, und folgte ihr immer noch.

      Nach Verlauf von Hundert Schritten gingen sie durch eine Mauerlücke; als er aber plötzlich die Augen erhoben hatte, erblickte er die alte Abtei von Saint-Denis mit ihrem riesenhaften Glockenturme und ihren durch das innere Feuer, bei welchem der Wächter wachte, leicht gerötheten Fenstern vor sich.

      Er suchte mit den Augen die Frau; sie war verschwunden.

      Er befand sich auf dem Kirchhofe.

      Er wollte wieder durch die Mauerlücke zurück gehen.

      Aber es schien ihm, als ob er auf dieser Mauerlücke, finster, drohend, den Arm nach ihm ausgestreckt, das Gespenst Heinrich IV. sähe.

      Das Gespenst that einen Schritt vorwärts, und der Arbeiter einen Schritt zurück.

      Bei dem vierten oder fünften Schritte fehlte der Boden unter seinen Füßen, und er fiel rücklings in das Grab.

      Nun meinte er um sich herum alle diese Könige, die Vorgänger und die Nachkommen Heinrich IV. sich aufrichten zu sehen; – nun schien es ihm, als ob die einen ihre Zepter, die andern ihre Hände der Gerechtigkeit über ihn erhöben, indem sie ihr Wehe über den Heiligthums-Schänder schrien. Nun schien es ihm, als ob bei der Berührung dieser Hände der Gerechtigkeit und dieser wie Blei schweren, wie Feuer brennenden Zepter er seine Glieder eines nach dem andern zerschmettert fühlte.

      Dies war der Augenblick, wo es Mitternacht schlug und der Wächter die Klagen hörte.

      Ich that, was ich vermochte, um diesen Unglücklichen zu beruhigen; aber sein Verstand war zerrüttet, und nach dreitägigem Delirium starb er mit dem Ausrufe: Gnade!

      – Verzeihung, sagte der Doctor, aber ich verstehe den Schluß Ihrer Erzählung nicht recht. Der Unfall Ihres Arbeiters beweist, daß er, mit dem beschäftigt, was ihm am Tage begegnet war, entweder im wachenden Zustande, oder im Zustande des Somnambulismus, – des Nachts herumzuirren, begonnen hat, daß er im Herumirren auf den Kirchhof


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