Die Klinik am See Staffel 1 – Arztroman. Britta Winckler

Die Klinik am See Staffel 1 – Arztroman - Britta Winckler


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      Inhalt

       E-Book 1-10

       Als sein Traum Wirklichkeit wurde

       Die Tochter des Chefarztes

       Ein Chefarzt spielt Schicksal

       Eine Lawine kam ins Rollen

       Gegen Vorurteil und Tradition

       Dr. Reichel im Zwiespalt

       Für alle war's ein Wunder

       Gibt es noch eine Rettung

       Hat mein Baby eine Chance?

       Gibt es ein neues Glück für Lore?

Die Klinik am See – Staffel 1 –
Als sein Traum Wirklichkeit wurde

      »Nein, nein, das darf doch nicht sein«, rief der schlanke Mann in dem dunklen Anzug laut und klagend, als der Sarg sich immer tiefer in das Grab senkte. »Helen, was soll ich ohne dich tun? Ich… ich… konnte doch gar nicht mehr helfen. Loslassen… loslassen!« fuhr er auf, als er spürte, daß ihn jemand fest am Handgelenk und an der Schulter packte und rüttelte.

      »Paps, um Gottes willen, wach doch auf!« rief da eine helle Stimme.

      »Was… was ist?«

      »Du hast geträumt, Paps.«

      Der so Angesprochene riß die Augen auf. Verwirrt blickte er umher. Es dauerte einige Sekunden, bis er wußte, wo er sich befand – nämlich im Bett seines Schlafzimmers in der ersten Etage des Doktorhauses. Im Schein der Nachttischlampe erkannte er seine Tochter Astrid, die auf der Bettkante saß und ihn besorgt ansah. »Wie kommst du denn in mein Zimmer?« fragte er. »Mitten in der Nacht und noch dazu im Nachthemd...« Um seine Mundwinkel zuckte es verräterisch.

      Für Astrid Lindau war das der Beweis dafür, daß ihr Vater wieder voll in der Gegenwart war. »Aber Herr Doktor Lindau, was sind das denn für Gedankengänge?« gab sie mit einem lustigen Blinken in ihren rehbraunen Augen zurück. »Es wird deiner Tochter doch keinen moralischen Schaden zufügen, wenn sie nachts und im Nachthemd ihren gutaussehenden Vater in seinem Zimmer besucht. Oder?« Liebevoll blickte sie ihren Vater an, der sich im Bett aufgerichtet hatte. »In deiner Praxis unten bekommst du doch von anderen Weiblichkeiten mehr zu sehen als bei mir«, fügte sie ihren vorherigen Worten hinzu.

      »Ich muß sagen, daß du mit deinen achtzehn Jahren schon ganz schön frech bist, Astrid«, ging Dr. Hendrik Lindau auf den burschikosen Ton seiner Tochter ein. »Wie spät haben wir es denn?« fragte er ernst werdend.

      »Gleich ein Uhr nachts«, antwortete Astrid und wurde auch ernst. »Dein lautes Rufen hat mich geweckt«, fuhr sie fort, »und da bin ich eben gekommen, weil ich dachte…«

      »Ich habe wieder geträumt«, unterbrach Dr. Lindau seine Tochter. »Es war nicht das erste Mal.«

      »Du hast von Mama geträumt, stimmt’s?«

      Hendrik Lindau nickte. »Ich sah mich wieder am Grab stehen«, murmelte er.

      »Das tut mir leid, Paps, daß dich solche Träume immer noch quälen, obwohl seit Mamas Tod doch schon fünfzehn, nein, sechzehn Jahre vergangen sind.« Mit einer zärtlichen Geste strich Astrid ihrem Vater über das ein wenig zerzauste dunkelbraune Haar. »Irgendwie bin ich aber auch ein wenig glücklich darüber«, setzte sie leiser hinzu.

      Verdutzt sah Dr. Lindau seine Tochter an.

      »Es freut dich, daß mich solche Träume quälen?« fragte er mit einem rauhen Ton in der Stimme. »Das verstehe, wer kann…«

      Astrid lächelte schwach. »Nicht darüber freue ich mich«, gab sie erklärend zurück, »sondern weil deine Träume für mich ein Beweis sind, daß du Mama sehr geliebt haben mußt und sie immer noch in Erinnerung hast.«

      Dr. Lindaus Züge nahmen einen weichen Ausdruck an. Mit der Linken zog er seine Tochter näher an sich heran. »Hast du daran gezweifelt?« fragte er leise.

      »An deiner Liebe zu Mama?« Astrid schüttelte heftig ihren braunen Wuschelkopf. »Nein, Paps, nie«, versicherte sie.

      »Danke, mein Mädchen«, sagte Hendrik Lindau in fast flüsterndem Ton. »Deine Mutter wird stets einen Platz in meinem Herzen haben. Du selbst erinnerst mich immer wieder an sie, weil du äußerlich wie innerlich ihr Ebenbild bist.«

      Astrid schluckte. Die Worte des Vaters gingen ihr nahe. Sie wußte nicht, was sie darauf erwidern sollte. Spontan neigte sie sich vor und gab dem Vater einen Kuß. »Jetzt mußt du aber schlafen, Paps«, flüsterte sie. »Morgen früh wird bestimmt wieder eine Menge Patienten im Wartezimmer sitzen. Da mußt du fit sein. Ich übrigens auch.«

      »Du hast doch Ferien, Mädchen«, entgegnete Dr. Lindau, »und kannst länger schlafen.«

      »Ich möchte aber mit dir zusammen frühstücken«, gab Astrid mit fester Stimme zurück und erhob sich. Nachdenklich sah sie ihren Vater an. Es schien, als habe sie noch etwas auf dem Herzen.

      »Ja?« Fragend und gleichermaßen auffordernd blickte Hendrick Lindau seine Tochter an. »Ist noch etwas?«

      »Ja… das heißt nein…« Mit einem geflüsterten Gutenachtgruß verließ Astrid das Zimmer ihres Vaters.

      In dessen Augen war ein sinnender Ausdruck, als er sich wieder zurücklegte und das Licht löschte. Eine ganze Weile starrte er noch in die Dunkelheit des Raumes. Im Zeitraffertempo zogen die Geschehnisse von damals hinter seiner Stirn vorbei – jener unglückliche Nachmittag, als er von seinen Hausbesuchen zurückgekommen war und seine sterbende Frau vorgefunden hatte und das noch im Mutterleib bereits verstorbene ungeborene Baby. Dabei hatte er nach der ersten Verzweiflung erkannt, daß er Helen und dem Kind hätte gar nicht helfen können, selbst wenn er zu Hause gewesen wäre. Die Lösung der Plazenta hatte sich bei Helen so rasch eingestellt, daß selbst bei einem sofortigen Transport in die nächste, zwei Autostunden weit entfernte Klinik jede Hilfe zu spät gekommen wäre. Die innere Blutung war schneller und stärker gewesen. Sie hatte nicht nur Helens Tod verursacht, sondern auch den des erhofften und erwarteten kleinen Bruders von Astrid.

      Ein verhaltener Seufzer kam über Hendrik Lindaus Lippen, als er sich zur Seite drehte, die Augen schloß und dann von einer Sekunde auf die andere wieder in Schlaf fiel.

      *

      In der richtig gemütlich eingerichteten Wohnküche saßen sie sich gegenüber – Dr. Hendrik Lindau und seine Tochter Astrid. Schweigend nahmen sie das von Astrid zubereitete Frühstück zu sich. Mit einem nachdenklichen Ausdruck in ihren braunen Augen betrachtete Astrid ihren Vater.

      »Du siehst mich so eigenartig an, Mädchen«, ergriff Dr. Lindau das Wort und legte die Serviette beiseite. Ein feines Lächeln huschte um seine Mundwinkel. »Stimmt an mir etwas nicht?« fragte er.

      »Du siehst wie immer blendend aus, Paps«, gab Astrid zurück. »Ich mache mir lediglich Gedanken.«

      »Worüber?« Dr. Lindau begann etwas zu ahnen.

      »Über dich«, antwortete Astrid. »Über... über... deine Träume zum Beispiel«, fügte sie leiser und zögernd hinzu. »Kommt das öfter bei dir vor?«

      Hendrik Lindau wurde ernst. »Öfter?« wiederholte er fragend und


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