Wir Seezigeuner (Abenteuer-Klassiker). Robert Kraft

Wir Seezigeuner (Abenteuer-Klassiker) - Robert Kraft


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      »Well, ich zahle Ihnen jeden Vorschuß, den Sie wünschen. Oder einen anderen Vorschlag, um Ihrer Bescheidenheit zuvorzukommen.«

      Wie dieser Junge nur sprechen konnte! Nein, das war kein Junge, sondern ein alter Zwerg!

      »Welchen Vorschlag?«

      »Ich will Ihr Schiff chartern, auf ein ganzes Jahr. Wieviel verlangen Sie pro Tonne und Tag?«

      Ob der wußte, was das kostete?

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      »Sagen wir,« fuhr er fort, als ich noch überlegte, »pro Tonne einen halben Dollar. Ihr Schiff hat 1000 Tonnen, das sind pro Tag 500 Dollar, das sind für das Jahr rund 180 000 Dollar. Sind Sie damit zufrieden?«

      O, wie genau dieserh albwüchsige Junge in allem und jedem Bescheid wußte! Ich hätte genau dieselbe Summe gefordert, das war und ist tatsächlich der Miet- oder Charterpreis für einen Dampfer, wenigstens im Durchschnitt. Je kleiner ein Dampfer, desto höher wird der Preis. Bei 1000 Tonnen traf fast genau zu.

      Hierbei sieht man auch, was mit einem Schiffe zu verdienen ist. Für mein Schiff, welches 100 000 Dollar gekostet hatte, bekam ich pro Jahr fast die doppelte Miete. Freilich sind hiervon die Heuern – doch das ist ebenso Nebensache wie die Beköstigung der Leute – und Kohlen abzurechnen. Immerhin verzinst sich ein Schiff mit mindestens 100 Prozent. Nun aber kommt die Versicherung hinzu – die ist es, die alles wieder auffrißt, daß für Aktionäre auch nicht viel mehr als eine zehnprozentige Dividende bleibt. Und ein Schiff muß doch versichert sein, das ist etwas anderes als ein Haus, von dem bei einem Feuer doch wenigstens der Grund und Boden stehen bleibt; aber wenn ein Schiff wegsackt, dann ist eben alles futsch! Oder man spielt va banque, und solche Spieler zur See gibt es ja allerdings auch genug. Aber ein gutes Ende hat wohl noch keiner genommen. Deren Vorsatz ist ja von vornherein, mit ihrem Schiffe auch ihr Leben zu verlieren – wie Spieler es eben machen. Und ich hätte es früher auch so gemacht, war noch jetzt bereit dazu.

      »Ich zahle Ihnen,« fuhr Karlemann fort, »180 000 Dollar, in der Annahme, daß die ganze Expedition ein Jahr währt. Was Sie daran ersparen, gehört Ihnen. Diese Summe ziehe ich dann von Ihrer Hälfte am Gewinn ab. Das ist wohl rechts und billig; denn ich bin der Urheber der ganzen Idee. Gesetzt aber den Fall, Sie finden auf der Insel gar nichts, was des Mitnehmens wert ist, dann trage ich die Kosten des ganzen Unternehmens allein, ich habe die 180 000 Dollar verspielt, ich verlange nichts von Ihnen, auch nicht, was von dieser Summe übrig geblieben ist. – Herr, kann ich Ihnen ein günstigeres Anerbieten machen? Und glauben Sie nun endlich, daß es sich um etwas Reelles handelt? Oder denken Sie, ich bin so einer, der 180 000 Dollar nur so zum Fenster hinauswirft?«

      In der Tat, ich war wieder einmal baff! Ja, hier mußte wirklich etwas ganz Besonderes vorliegen.

      »Abgemacht!« rief ich sofort.

      »Ihre Hand her!«

      Ich gab sie ihm.

      »Etwas anderes gibt es nicht bei mir. Etwas Schriftliches braucht es nicht bei mir.«

      Wenn jemand ebenso dachte, dann war ich es.

      »Ich kann Sie doch nicht betrügen,« fügte Karlemann noch hinzu, »vielmehr muß ich es sein, der Ihnen unbedingt traut, und das tue ich.«

      In der Tat, so war es. Wenn ich nun dort einige Berge Gold fand, wer sagte ihm da, daß ich die Berge nicht für mich behielt?

      Ja aber, da war doch Karlemann selbst…

      »Mir scheint fast, daß Sie selbst gar nicht mitgehen wollen?!«

      »Will ich auch nicht.«

      »Warum nicht?«

      »Ja, mein lieber Jansen, was soll ich denn dabei tun? Sie sind doch selbst Mann genug, um so etwas durchzuführen, in dieser Hinsicht kann ich mich doch nicht mit Ihnen vergleichen, und ich habe hier noch genug zu tun, auch noch genug zu verdienen und … ich traue Ihnen eben. Was soll ich da die Expedition mitmachen?«

      Wenn ich diesen Knaben-Charakter nicht schon erwogen hätte, so hätte ich abermals mißtrauisch werden können. Aber ich wurde es nicht, eben weil ich diesen Charakter begriff.

      Denn im Grunde genommen war dieser deutsche Zigeunerknabe gar nicht so besonders abenteuerlich und romantisch veranlagt.

      Ist denn etwa der Zigeuner, der Indianer romantisch und abenteuerlich veranlagt zu nennen? Nein, eigentlich nicht.

      Der Zigeuner zieht unstet umher, lebt lieber vom Stehlen als von ehrlicher Arbeit, weil dies in seiner innersten Natur liegt, und dasselbe gilt von der amerikanischen Rothaut, die von der Jagd lebt, und deren Lust der Schleichkrieg ist. Wollte man aber einen Zigeuner oder eine Rothaut abenteuerlich nennen, so trifft das gar nicht zu.

      Der Junge, der Mann ist abenteuerlich veranlagt, der eine bequeme Heimat verläßt, um das Leben eines Zigeuners oder eines Indianers zu führen! Das ist ein gewaltiger Unterschied!

      Nun allerdings hatte dieser deutsche Junge ja ebenfalls seine Heimat verlassen: aber doch nicht so aufs Geratewohl, sondern mit allem ausgerüstet, was zu seiner Verfügung stand, mit der wohlgeplanten Absicht, möglichst schnell viel Geld zu verdienen – und diese Pläne waren nur für andere abenteuerlich, nicht für ihn selbst! Ich hatte überhaupt schon erkannt, daß es diesem Jungen immer nur aufs Geldverdienen ankam, daß er sonst durchaus nicht auf Abenteuer ausging.

      Kurz, in mir stieg deswegen kein Mißtrauen auf.

      »Well, ich bin mit allem einverstanden, und ich werde tun, was nur ein Mann tun kann. Wie stellen Sie sich nun das mit den Messern vor?«

      Das wurde ebenfalls sofort hier oben auf dem Plateau besprochen. Karlemann offenbarte mir seinen sicherlich wohlüberlegten Plan, der aber auch gar nicht anders hätte ausfallen können.

      Es handelte sich also darum, am Bug des Schiffes eine Vorrichtung anzubringen, welche die hemmenden Wasserschlingpflanzen leicht durchschnitt. Das konnte nur ein Messer sein, das von Deck aus bis hinab an den Kielsteven reichte. Der Stahl mußte verzinkt werden, um dem ätzenden Seewasser besser widerstehen zu können, darüber vielleicht noch so ein Lack wie der von meinen Kassetten, verschiedene solcher Messer, die nach Bedarf ausgewechselt wurden, noch eine besondere Vorrichtung, um solche Messer leicht einzuschieben und wieder zu entfernen, also auszuwechseln.

      Wir gingen die nächsten Häfen durch, wo dies alles in Werkstätten gefertigt werden konnte. Außer Kapstadt kam wohl nur noch Monrovia in Betracht.

      »Wissen Sie was – fahren Sie gleich nach New-York. Dort finden Sie alles, was Sie brauchen, dort geht es am schnellsten, und New- York ist schließlich auch nicht viel weiter als Kapstadt.«

      »Hm. Dann könnte ich auch gleich von Westen her in die Fucusbank eindringen, und das ist um so günstiger, weil doch meistenteils Westwind herrscht, da sparen wir Kohlen.«

      »Das können Sie machen, aber erst müssen Sie noch einmal hierher kommen.«

      »Weshalb?«

      »Weil … ich die ganze Vorrichtung erst noch einmal sehen möchte.«

      Mir kam es fast vor, als hätte er noch einen anderen Grund. Er hatte hinter dem ›Weil‹ eine so verdächtige Pause gemacht. Doch das war mir schließlich ganz gleichgültig, ich stand jetzt gewissermaßen in Karlemanns Diensten.

      »Aber jede Verzögerung kostet Ihr Geld.«

      »Geld, lieber Jansen, spielt bei mir gar keine Rolle, vorausgesetzt, daß ich es doppelt oder lieber dreifach wiedergewinne. Sie müssen sich erst mit Trinkwasser versehen?«

      »Auch mit Proviant und, wenn ich dampfen soll, auch mit Kohlen.«

      »Dann nehmen Sie auch Kohlen ein, gleich als Ballast, wenn die hier an der afrikanischen Küste nicht gar zu teuer sind.«

      »In New-York sind sie natürlich bedeutend billiger.«

      »Wieviel beträgt der Unterschied?«

      »Die


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