Wir Seezigeuner (Abenteuer-Klassiker). Robert Kraft

Wir Seezigeuner (Abenteuer-Klassiker) - Robert Kraft


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sich etwas aufgerichtet hatte und dem Sheriff etwas zuflüsterte, der junge Mensch bekam einen ganz roten Kopf, dann schossen wir davon.

      Ich war natürlich im Recht. Ich hätte diesen Vertreter des Gesetzes wegen seiner Unkenntnis der Paragraphen noch ganz anders behandeln sollen.

      Das wäre ja noch schöner, wenn man einen Kapitän oder dessen Stellvertreter, der auf dem Wege von oder nach seinem Schiffe ist, anhalten könnte! Und wenn er als Raubmörder verhaftet werden soll – solange er im Dienst ist, darf er nicht aufgehalten werden. Das Schiff kann ja brennen, nur wenige Sekunden Verzögerung, es fliegt in die Luft, und mit ihm alle Menschen! Nein, so etwas gibt es nicht.

      Mein nächster Weg war auf die Bank.

      »Sie kommen wegen des Geldes der Lady Leytenstone? Das ist behördlicherseits mit Beschlag belegt worden … «

      Ich wußte genug, hielt mich keine Sekunde länger auf.

      Von hier nach dem Seeamt, und in weiteren fünf Minuten war aus einem englischen Schiff ein unter dem Sternenbanner der amerikanischen Union segelndes geworden. Nur mein Antrag, meine Schiffspapiere vorgezeigt, und es war geschehen. Und dann hinterher vierzehn Pfund Kosten.

      Weshalb das so schnell geht, ist schon gesagt worden. Eben Spekulationsverhältnisse. Die neue Anmeldung hebt die vorige auf, weiter nichts. Nur einen Schiffsnamen umändern, das bringt Schwierigkeiten mit sich.

      Nun schleunigst wieder zurück. Wie die meisten Schiffe, so hatte auch das meine sämtliche Nationalflaggen an Bord, doch kaufte ich unterwegs gleich noch den Quadratmeter mit Streifen und Sternen.

      Am Fallreep lag das große Polizeiboot, aber ohne zurückgelassene Mannschaft. Denn es lag nicht auf, sondern unter Wasser, schwabbelte nur noch so. Die Backbordseite war eingedrückt, das Anlegen war nicht geglückt.

      »Der Kutter wird sofort gehievt und eingeschwenkt,« sagte ich noch zu meinen Leuten, dann schnell das Fallreep hinauf.

      Oben stand ein Matrose und griente, als wolle er sich beide Ohren abbeißen.

      »Was gibt’s, Paul?«

      »Ach du blauer Dunnerslag!« sagte der Mann, fingerschlenkernd.

      Ich sah noch andere stehen, alle so grinsend, aber womöglich versteckt – nur die Polizisten, die herumlungerten oder herumschnüffelten, lachten nicht, und ich konnte mir ungefähr vorstellen, wie es hier inzwischen zugegangen war.

      Bei solchen Matrosen kamen diese uniformierten Spürhunde ja nun gerade an die Richtigen!

      Ich gab dem zweiten Offizier die zu einer Wurst zusammengerollte Flagge mit den nötigen Instruktionen.

      »Wo ist denn die Lady?« flüsterte ich.

      »Ich weiß faktisch nicht, wohin der Bootsmann sie praktiziert hat.«

      »Wie geht die Sucherei sonst?«

      »Ach du grüner Dunnerslag!« fing jetzt auch der Steuermann zu grienen an, nur seinem ›Dunnerslag‹ eine andere Farbe gebend.

      Wie gesagt, ich wußte mir alles zu erklären.

      Dort stand ein Polizist, wie aus einem Teerfaß gezogen, und jetzt tauchte aus einer Luke der Polizeiwachtmeister auf, der reine Mehlsack, über und über mit Mehl gepudert, und der ihm folgende hatte noch besonders eine Pfütze Wasser über den Kopf bekommen, so daß er gleich in den Backofen hätte geschoben werden können.

      »Wo sind sie denn jetzt?«

      »Ich glaube, im Proviantraum.«

      Ich hinab. Sie waren richtig unten, der erste Steuermann machte den Führer für den Herrn Sheriff, der Hauptmacher aber, der am eifrigsten mit suchte, war mein Bootsmann.

      Soeben hatte er von einem großen Fasse den Deckel abgenommen.

      »Hier is see, hier drin steckt see!« schrie er.

      »Wo denn?« fragte der junge Mensch im Bratenrock, in die Finsternis des mächtigen Fasses blickend.

      »Na da – na da — see hädd sich wat zusammduckt. Griepen Se mal rin!«

      Und der Herr Referendar griff denn wirklich hinein, gleich mit dem ganzen Arm, bis an die Achsel, zog ihn wieder heraus und … das Faß war o an den Rand voll Sirup gewesen!

      Wie der junge Mensch im Bratenfrack nun dastand, den Arm ausgestreckt, der durch den Sirup plötzlich ganz dick geworden war, die Finger gespreizt, und von jedem Finger lief eine lange Sirupsnudel herunter – es war ein Bild, das sich mit der Feder nicht wiedergeben läßt.

      Das war nur das eine, was ich zu sehen bekam. Aber was die nun während der halben Stunde sonst alles mit dem aufgestellt hatten!

      Sein ehemals hoher Zylinder glich einem zusammengeschobenen Teleskop, sein Bratenrock schillerte in allen möglichen Farben, und sogar die Stiefel waren ihm verbrannt, er lief nur noch in den Strümpfen, indem sie ihn unten im Heizraum auf eine glühendheiße Eisenplatte gelockt hatten, und nicht anders war es allen übrigen gegangen.

      Der Sheriff erkannte mich in der Dunkelheit nicht; ich flüsterte dem Bootsmann zu, wo die Lady denn versteckt sei. Es sei alles in Ordnung, sie könne hervorkommen.

      Oben an Deck sei sie. Ich hinauf, der Bootsmann wußte den Sheriff auch gleich nachzulotsen.

      Jetzt erkannte er mich im Abendsonnenschein, in dem er eine noch traurigere Figur spielte.

      »Herr Kapitän,« suchte er noch seine Würde zu wahren, »Sie selbst haben zugegeben, daß sich Lady Blodwen von Leytenstone an Bord Ihres Schiffes befindet.«

      »Ich glaube so. Was soll’s?«

      »Ich muß die Dame sprechen, und sie hat sich versteckt.«

      »Versteckt? Bootsmann, Steuermann, wissen Sie, wo sich Lady Leytenstone befindet?«

      »Da liegt sie ja, der Herr Wachtmeister sitt ja up uf see,« grinste der Bootsmann und deutete auf ein zusammengerolltes Segel, das da ganz harmlos mitten auf Deck lag, und eben hatte sich der Wachtmeister draufgesetzt, um sich den Semmelteig von seinen Stiefeln zu wischen.

      »Was, in dem Segel soll sie liegen?«

      »Ja freilich, der Herr Wachtmeister muß nur upstahn, sonst kann see ja nich rut.«

      Ich wollte es noch gar nicht recht glauben. Diese Dreistigkeit, die zu Suchende einfach in ein Segel zu rollen und gleich hier an Deck liegen zu lassen, ging doch etwas zu weit. Oder es war eben die alte Geschichte von der Höhle des Löwen, wo man am sichersten verborgen ist.

      »Blodwen, komm hervor!«

      Auf schnellte der Wachtmeister, wie von einer Tarantel gestochen.

      »Das Segel lebt ja,« schrie er, erschrocken auf die große Wurst aus Segeltuch blickend.

      Ja, es lebte, es rollte sich auseinander, Blodwen kam zum Vorschein, rieb sich wie schlaftrunken die Augen – »Ach, das war einmal gut geschlafen!« – aber ich sah, wie verräterisch es in ihrem Gesicht zuckte.

      Der Sheriff aber trat sofort auf sie zu und legte ihr seine Sirupspfote auf die vom Kleide etwas entblößte Schulter.

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      »Lady Blodwen von Leytenstone, ich verhafte Sie.«

      Während Blodwen noch ein erstauntes Gesicht zu machen suchte, trat ich schnell dazwischen.

      »Mit welchem Rechte?«

      »Im Namen des Gesetzes.«

      »Welches Gesetzes?«

      »Des englischen.«

      »Was haben wir mit dem englischen Gesetze tun?«

      Etwas verblüfft blickte mich der Sheriff an. Meine Frage schien ihm doch gar zu dumm gestellt.

      »Sie fahren doch unter englischer Flagge, das ist englischer Boden.«

      »Bitte,


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