Wir Seezigeuner (Abenteuer-Klassiker). Robert Kraft

Wir Seezigeuner (Abenteuer-Klassiker) - Robert Kraft


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Nicht allein, weil ich die Treue dieser Burschen erkannte. Sie waren ja schwankend geworden.

      Aber das diente zu meiner eigenen Rechtfertigunq. Alles, was ich mir vorgenommen, war plötzlich über den Haufen geworfen worden – und bei mehr als dreißig Männern, die durch nichts an dieses eigensinnige Weib gebunden waren, darunter rohe Patrone, darunter Kerls von Stahl und Stein, die sonst auf nichts Rücksicht nahmen, ebenfalls!

      Wenn also auf dreißig solche Männer der Zauber der Umwandlung gewirkt hatte, dann hatte wohl auch ich einzelner Mensch, dem dieses verlassene und verfolgte Weib so nahe ging, ihm unterliegen müssen.

      Dies nur zu meiner Rechtfertigung.

      Ich hatte noch etwas an Land zu tun. Was ich eigentlich vorhatte, sagte ich Blodwen gar nicht. Jetzt mußte das Schiff unbedingt versichert werden.

      Die Versicherung eines Schiffes wird gewöhnlich von Fall zu Fall vorgenommen, d. h. für jede Reise. Und dann darf man natürlich keine Abstecher machen; denn passiert etwas, und man kann sich nicht verantworten, dann ist die Versicherung hinfällig.

      Doch auch anders kann versichert werden, für eine bestimmte Zeit, auf Jahre hinaus, ganz gleichgültig, was man unternimmt. Es werden ja sogar die Schiffe für Nordpolexpeditionen versichert. Nur Kriegsschiffe und Kaper sind ausgeschlossen. Natürlich kostet das einen Haufen Geld zu höchsten Prozenten.

      So viel besaß ich nicht. Nicht daran zu denken. Doch das läßt sich anders arrangieren. Die Versicherungsprämie wird als Hypothek auf das Schiff, vorausgesetzt, daß dieses noch nicht zu hoch belastet ist, eingetragen, braucht nur noch verzinst zu werden.

      Ueber Summen will ich hier gar nicht sprechen, denn aus alledem sollte nichts werden.

      Ich begab mich zu einer ersten Versicherungsgesellschaft, trug mein Anliegen vor. Mit der gewohnten Schnelligkeit, die im Schiffswesen herrscht, konnte dies alles in einer halben Stunde geregelt sein.

      Da bekam ich zu hören, wie es mit uns stand!

      »Nicht wahr, an Bord der ›Sturmbraut‹ befindet sich die Lady von Leytenstone?« fragte der Direktor.«

      »Jawohl,« stutzte ich.

      »Bedaure, ich kann Ihr Schiff nicht versichern.«

      »Weshalb denn nicht?«

      »Weil…«

      Der Direktor begnügte sich, die Achseln zu heben.

      Also so stand es mit mir! Jetzt konnte ich in der ganzen Welt herumlaufen, nirgends mehr würde ich mein Schiff versichert bekommen. Denn diese Seeversicherungen sind doch international, arbeiten alle Hand in Hand. Und dadurch würde ich natürlich auch keine Fracht mehr bekommen – nicht deshalb, weil mein Schiff nicht versichert war – (daß dies gar nichts mit der Befrachtung zu tun hat, wurde schon früher gesagt) – sondern deshalb, weil der Kapitän, dessen Schiff man nicht für versicherungswürdig hält, doch natürlich auch von allen Maklern boykottiert wird.

      Wem ich das zu verdanken hatte, war ja ganz klar. Das ging alles von London, von jenem Konsortium aus. Die Lady Blodwen sollte unmöglich gemacht werden. Ich brauchte sie nur von Bord zu jagen, dann war meine Ehre wiederhergestellt.

      Na, daß ich nicht an so etwas dachte, brauche ich wohl nicht erst zu sagen. Ich ärgerte mich überhaupt sehr wenig über diese ganze Geschichte. Im Gegenteil, als ich so wieder nach dem Hafen bummelte, überkam mich die vergnügteste Stimmung.

      Recht so! So hatte es kommen müssen! Jetzt wurde va banque gespielt! Aber mit sieben Millionen! Und die wollen auf diese Weise doch erst vermöbelt sein, da konnten wir gut ein halbes Dutzend mal hintereinander Schiffbruch leiden, da konnten wir uns immer wieder ein neues kaufen, und immer noch tun, was uns beliebte.

      Ha, die konnten doch nicht an uns tippen!!

      Um Blodwen nicht erst aufzuregen, sagte ich ihr gar nichts davon, ich hatte ihr ja schon mein Vorhaben verschwiegen gehabt, und was kümmerte die sich überhaupt um Versicherung und dergleichen.

      Sonst habe ich nur noch zu sagen, daß die Polizei von Doktor Selo noch keine Spur gefunden hatte, und ebensowenig war mir über Monrovia etwas gemeldet worden, daß in einem Hafen oder von einem Schiff auf offener See ein kleiner Dampfer beobachtet worden wäre, der ein holländisches Wrack geschleppt hätte.

      Sehr traurig, sehr rätselhaft – aber im Grunde genommen mir alles äußerst schnuppe. – –

      Mit vollen Segeln ging es in die See, um von sieben verschiedenen Stellen das ganze Geld und den versenkten Schmuck wieder zu heben. Es war eine ganz unnütze Arbeit, die wir uns gemacht hatten – immerhin, es war ein Ziel, das wir jetzt vor Augen hatten, das war an sich schon etwas wert.

      Zu einer magnetelektrischen Maschine, wie ich beabsichtigt, um die Kassetten von Bord aus zu heben, war ich noch nicht gekommen, hatte dagegen zwei vollkommene Taucherapparate mit allem, was dazu gehört, gleich in London mitgenommen.

      Die nächste Stelle, wo wir in vierzig Kassetten etwa 50 000 Pfund Sterling – wir hatten ja niemals gezählt, immer nur so hineingeschaufelt – versenkt hatten, lag ungefähr auf dem Kreuzungspunkte des südlichen Wendekreises und des zweiten Grades östlicher Länge, in drei Tagen bequem zu erreichen.

      Bis dahin wurden viele Zukunftspläne geschmiedet.

      Die Erforschung der Robinsoninseln trat etwas in den Hintergrund zurück. Da diese alle im polynesischen Archipel gefunden worden waren, dachten wir wieder an den Vogelberg und beschlossen, erst einmal diesen zu ergründen; denn ein Geheimnis war mit dem verbunden, der mußte mit jenem geheimnisvollen Kapitän Zusammenhängen, das hatte damals der Schreck des unbekannten Mannes gar zu deutlich verraten.

      Außerdem kam Blodwen jetzt auf den Gedanken, sich selber auf so einer Insel als Robinson zu etablieren, dort eine Kolonie zu gründen.

      Geht das? Gibt es noch unbewohnte Inseln, auf denen man sich ernähren kann, wo man auch in Ruhe gelassen wird?

      Nu allemal! Die Welt sieht ja überhaupt ganz anders aus, als wie der Schulmeister den Jungen erzählt, damit sie nicht durchbrennen — oder weil er’s selber nicht anders weiß.

      Kommt nur mal hin nach dem Stillen Ozean, in die Region dieser Inselgruppen! Ich war selber noch nicht dort gewesen, aber ich konnte es mir vorstellen, schon die Seekarten erzählten mir davon.

      Wieviele solcher Inseln und Inselchen gibt es denn im Stillen Ozean?

      Tausend? Oder zehntausend? Oder hunderttausend? Das kann vorläufig ein Mensch noch nicht einmal abschätzen! Man betrachte sich nur einmal die großen, speziellen Seekarten. Was für Punkte da zusammengequetscht sind! Und dann diese vielen Fragezeichen! Unbekannt, alles unbekannt! Da muß erst noch der Kolumbus kommen, hundert Kolumbusse!

      Da nun die Möglichkeit gegeben war, baute Blodwen auf derselben auch gleich weiter, gründete auf der Insel ein Königreich, ein ganzes Inselreich, spickte es mit Kanonen, und so weiter.

      Ich ließ sie phantasieren, phantasierte sogar mit. Mich freute es ja nur, daß sie wieder solche Tatkraft zeigte, wenn auch nur in der Phantasie.

      Hierbei machte ich eine eigentümliche Beobachtung. Im Vollbesitz ihres Geldes hatte sie alles kaufen können, was auf der Welt nur käuflich ist. Aber da hatte ihr nichts Freude gemacht.

      Jetzt rechnete sie in ihren Plänen schon immer mit viel Mühe und Arbeit, mit Mißlingen, mit Geldschwierigkeiten, die zu besiegen waren, wie alles am billigsten zu beschaffen, und darin war sie glücklich.

      Es ist eben die alte Geschichte. Das sieht man ja schon beim kleinen Kinde. Kauft dem Kinde das kostbarste Spielzeug, Puppen mit seidenen Kleidern, mechanische Spielwerke, an denen man nur zu leiern braucht, und sie führen ein ganzes Theater auf – es wird bald alles überdrüssig beiseite werfen. Aber gebt dem Jungen ein paar Bretter, Messer, Hammer usw, und er wird nie müde werden, sich eigenes Spielzeug herzustellen, und schneidet er sich einmal in den Finger und pocht sich auf den Nagel, das gehört mit zum Vergnügen.

      Außerdem bereiteten wir uns während dieser drei Tage


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