Gesammelte Werke. Henrik Ibsen
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(Schwanhild will sich entfernen.)
Goldstadt.
Nein, nicht!
Schwanhild.
Ich soll –?
Goldstadt. Ja, bis Sie mich vernommen;
Es muß nun zwischen uns zur Klarheit kommen.
Wir drei, wir wollen uns jetzt alles sagen.
Falk (überrascht.)
Wir drei?
Goldstadt.
Ja, Falk, – das Spiel sei aufgeschlagen!
Falk (unterdrückt ein Lächeln.)
Zu Diensten.
Goldstadt. Es ist jetzt ein halbes Jahr,
Daß wir bekannt geworden sind, obzwar
Nicht grade freund –
Falk. Nein.
Goldstadt. Einigkeit war selten,
Wir ließen manche glatte Lage spielen;
Sie standen da, vorkämpfend großen Zielen,
Ich konnte nur als simpler Gegner gelten.
Und doch umschloß uns ein gemeinsam Band;
Berührten Sie doch tausend alte Fragen
Aus meiner eignen Zeit Entwicklungstagen,
Daß mir so manches wieder auferstand.
Sie zweifeln, daß dies graugesprenkte Haar
Auch einmal frisch und braun und lockig war?
Und diese Stirn, vom Alltagsschweiß zerfressen,
Sie hätte nie der Jugend Glanz besessen?
Genug davon! Ich bin Geschäftsmann und –
Falk (leicht spottend.)
Ihr Sinn ist einfach, praktisch und gesund –
Goldstadt.
Was ihm Ihr hoffnungsfroher Sinn nicht neidet. (Tritt zwischen die beiden.) Doch deshalb, Falk und Schwanhild, steh' ich da. Wir müssen sprechen, – denn die Stund' ist nah, Die unser Unglück oder Glück entscheidet.
Falk (gespannt.)
Nun denn!
Goldstadt (lächelnd.)
Sie wissen, daß mich eine Dichtung
Bewegt –
Falk. Realer Art –
Goldstadt (nickt langsam.)
Jawohl, real!
Falk.
Nun, und auf welchen Stoff fiel Ihre Wahl?
Goldstadt (blickt einen Moment Schwanhild an und wendet sich wieder Falk zu.)
Wir wählten beide in der gleichen Richtung.
Schwanhild (will gehen.)
Jetzt darf ich wohl –
Goldstadt. Nein, bleiben Sie noch, bitte!
Von keiner andern bät' ich solcherlei;
Doch wären Sie nicht Sie, wenn Ziererei Nicht Ihrem ganzen Wesen widerstritte! Ich sah Sie wachsen, sah Sie hold gedeihn; Was ich am Weibe schätzte, schien gefunden, – Doch lang' hab' ich nur väterlich empfunden: – Heut frag' ich, – wollen Sie mir Gattin sein?
(Schwanhild weicht scheu zurück.)
Falk (ergreift ihn beim Arm.)
Nicht weiter!
Goldstadt. Ruhig! Sie soll Antwort geben.
Fragen auch Sie, – – so mag sie selbst ihr Los
Entscheiden.
Falk. Ich?
Goldstadt (blickt ihn fest an.)
Jawohl! Es gilt, drei Leben
Dem Glück zu wahren, – nicht das meine bloß.
Im Sichverstellen, Falk, sind Sie nicht groß;
Und bin ich auch ein schlichter Mann, ich habe
Doch eine Art hellseherischer Gabe.
Ja, Falk, Sie lieben Schwanhild. Ohne Neid
Verfolgt' ich Ihrer Liebe Blütezeit;
Doch scheint sie auch den Himmel zu versprechen,
Gerade sie kann Schwanhilds Glück zerbrechen.
Falk (fährt auf.)
Mit welchem Recht –!
Goldstadt (ruhig.) Mit dem des Älteren.
Wenn Sie sie nun gewännen –
Falk (trotzig.) Gut?
Goldstadt (langsam und mit Nachdruck.)
Nun denn,
Und sie, sie setzte nur auf diese Karte,
Sie baute alles nur auf diesen Grund, – Und dann, dann bröckelte die Mauer und Der Winter dräng' herein, die Blüt' erstarrte –?
Falk (vergißt sich und ruft aus.)
Unmöglich!
Goldstadt (blickt ihn bedeutungsvoll an.)
Hm, so dacht' ich auch einmal.
Da war ich jung und tat mich auch verlieben.
Nun, gestern traf ich hier mein Ideal
Von damals wieder, – nichts mehr ist geblieben.
Falk.
Hier?
Goldstadt (mit einem ernsten Lächeln.)
Hier. Die Frau des Pastors, die Sie kennen –
Falk.
Wie? Sie, sie brachte –
Goldstadt. Einst mein Herz zum Brennen.
Ihr trauert' ich so manche Jahre nach,
Und immer stand sie so vor meiner Seele,
Wie sie, das junge Mädchen sonder Fehle,
An einem Frühlingstag einst mit mir sprach.
Nun lodert Ihr in gleicher blinder Glut,
Nun wagt Ihr an das Gleiche Euer Blut, –
Seht, darum sag' ich Euch: Bedenkt Euch ehrlich!
Ihr spielt ein Spiel – Ihr wißt nicht wie gefährlich!
Falk.
Ich ließ vorhin das ganze Teegelag'
Mein unerschütterliches Credo wissen –
Goldstadt (den Sinn ergänzend.)
Daß rechte Liebe, was sie will, vermag –
Trotz Alter, Alltag, Not und Kümmernissen.
Vielleicht, daß man ein Beispiel finden kann, –
Doch sehn Sie's mal von anderm Standpunkt an.
Was Lieb' ist, weiß wohl keiner recht zu sagen; Woher man just den frohen Glauben nimmt, Man sei zu seligem Doppelsein bestimmt – Das dürften Sie von niemandem erfragen. Die Ehe, ja, die ist was Praktisches, Auch ein Verlöbnis ist schon mehr konkret, Und leicht erkennt man, wo ein faktisches Verständnis zwischen dem und dem besteht. Die Lieb' hingegen kürt in blinder Minne, Sie hat das Weib nur, nicht die Frau im Sinne! Und wenn nun dieses Weib zu Ihrer Frau Nicht paßt –?
Falk (gespannt.)
Was dann?
Goldstadt (zuckt mit den Achseln.)
So wankt der ganze Bau.
Ein glückliches Verlöbnis hängt von