Gesammelte Werke. Henrik Ibsen

Gesammelte Werke - Henrik Ibsen


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Nikolas halblaut. Håkon Håkonsson ist König – und der Jarl hat des Königs Siegel – es wird schon gehen, wird schon gehen!

      Håkon. Was sagt Ihr, Herr Bischof?

      Bischof Nikolas. Ich sage, Gott und Sankt Olaf wachen über ihre heilige Kirche. Ab in die Königshalle.

      Håkon nähert sich Margreten. Eine kluge Königin kann Großes im Lande wirken; Euch durft' ich ruhig wählen, denn ich weiß, Ihr seid klug.

      Margrete. Nur das?

      Håkon. Was meint Ihr?

      Margrete. Nichts, nichts, Herr.

      Håkon. Und Ihr hegt keinen Groll wider mich, daß Ihr vielleicht holde Wünsche um meinetwillen habt aufgeben müssen?

      Margrete. Ich habe keine holden Wünsche um Euretwillen aufgeben müssen.

      Håkon. Und Ihr wollt mir nahe stehen und mir guten Rat geben?

      Margrete. Ich möchte so gern Euch nahe stehen.

      Håkon. Und mir guten Rat geben. Ich dank' Euch dafür. Der Rat der Frauen frommt jedem Manne, und ich habe fortan keine andere als Euch; – meine Mutter mußt' ich fortschicken –

      Margrete. Ja, sie war Euch allzu teuer.

      Håkon. Und ich bin König. Lebt denn wohl, Margrete! Ihr seid so jung noch – aber nächsten Sommer soll unsere Hochzeit sein, und ich gelobe, von der Stunde an Euch in aller geziemenden Treue und Ehre bei mir zu halten.

      Margrete mit wehmütigem Lächeln. Ja, ich weiß, es wird lange dauern, bis Ihr mich fortschickt.

      Håkon lebhaft. Euch fortschicken? Das werd' ich niemals tun!

      Margrete mit tränenerfüllten Augen. Nein, das tut Håkon nur mit denen, die ihm allzu teuer sind.

      Sie geht auf den Ausgang zu. Håkon blickt ihr gedankenvoll nach.

      Frau Ragnhild von rechts. Der König und der Jarl so lange hier drinnen! Die Angst tötet mich – Margrete, was hat der König gesagt und getan?

      Margrete. O, so viel! Zuletzt hat er sich einen Vogt und eine Königin erkoren.

      Frau Ragnhild. Du, Margrete?

      Margrete am Halse ihrer Mutter. Ja!

      Frau Ragnhild. Du wirst Königin!

      Margrete. Nur Königin – aber ich glaube, ich bin auch darüber froh.

      Sie und ihre Mutter rechts ab.

      Jarl Skule zu Ivar Bodde. Da sind Eure Briefe – bringt sie der Königsmutter und Kanga.

      Ivar Bodde verneigt sich und geht.

      Dagfinn in der Tür zur Halle. Der Erzbischof von Nidaros begehrt, dem Könige Håkon Håkonsson seine Huldigung darbringen zu dürfen.

      Håkon aus voller Brust aufatmend. Endlich bin ich denn König in Norwegen! Ab in die Halle.

      Jarl Skule steckt das Siegel des Königs in den Gurt. Ich aber regiere Land und Reich.

      Der Vorhang fällt.

      Zweiter Akt

       Inhaltsverzeichnis

      Festhalle im Königsschloß zu Bergen.

      Ein großes Bogenfenster in der Mitte des Hintergrunds. Längs der Wand eine Erhöhung mit Sitzen für die Frauen. An der linken Seitenwand steht der um einige Stufen erhöhte Königsstuhl; in der Mitte der rechten Seitenwand eine große Eingangstür. Paniere, Feldzeichen und Waffen nebst bunten Decken hängen von den Wandpfeilern und der geschnitzten Holzdecke herab. Ringsumher im Saale stehen Zechtische mit Kannen, Trinkhörnern und Bechern.

      König Håkon sitzt auf der Erhöhung neben Margrete, Sigrid, Frau Ragnhild und vielen vornehmen Frauen. Ivar Bodde steht hinter dem Stuhle des Königs. An den Tischen sitzen auf Bänken die Mannen des Königs und des Jarls samt anderen Gästen. Am vordersten Tische rechts sitzen unter anderen Dagfinn der Bauer, Gregorius Jonsson und Paul Flida. Jarl Skule und Bischof Nikolas spielen Schach an einem Tische zur Linken. Diener des Jarls kommen und gehen und bringen Getränke. Aus einem anstoßenden Gemache erklingt Musik während der folgenden Szene.

      Dagfinn. Nun geht das schon in den fünften Tag, und noch immer bringt das Dienervolk gleich flink die gefüllten Krüge herbei.

      Paul Flida. Es war nie des Jarls Art, seine Gäste dürsten zu lassen.

      Dagfinn. Nein, so scheint's. Solch prächtige Königshochzeit hat man bisher noch nicht in Norwegen erlebt.

      Paul Flida. Jarl Skule hat auch bisher noch keine Tochter verheiratet.

      Dagfinn. Wohl wahr; der Jarl ist ein mächtiger Mann.

      Einer aus dem Gefolge. Regiert euch den dritten Teil des Reiches. Das ist mehr, als irgend ein Jarl zuvor gehabt hat.

      Paul Flida. Des Königs Teil ist doch größer.

      Dagfinn. Davon wollen wir hier nicht reden; wir sind jetzt Freunde und ehrlich versöhnt. Er trinkt Paul zu. Lassen wir also den König König und den Jarl Jarl sein.

      Paul Flida lacht. Man hört Dir's gleich an, daß Du ein Königsmanne bist.

      Dagfinn. Das müssen auch die Jarlsmannen sein.

      Paul Flida. Nimmermehr. Wir haben dem Jarl den Eid der Treue geleistet, aber nicht dem König.

      Dagfinn. Das kann noch geschehen.

      Bischof Nikolas beim Spiele dem Jarl zuflüsternd. Hört Ihr, was Dagfinn der Bauer sagt?

      Jarl Skule ohne aufzublicken. Ich hör' es wohl.

      Gregorius Jonsson blickt Dagfinn scharf an. Sinnt der König auf dergleichen?

      Dagfinn. Na, na, – laß gut sein; – heut keinen Zank!

      Bischof Nikolas. Der König will Eure Mannen in Eid nehmen, Jarl.

      Gregorius Jonsson nachdrücklicher. Sinnt der König auf dergleichen? frag' ich.

      Dagfinn. Ich antworte nicht. Trinken wir auf Frieden und Freundschaft zwischen dem König und dem Jarl! Das Bier ist gut.

      Paul Flida. Es hat auch lange genug liegen können.

      Gregorius Jonsson. Dreimal hatte der Jarl die Hochzeit gerüstet, dreimal versprach der König zu kommen – dreimal hielt er nicht Wort.

      Dagfinn. Dafür scheltet den Jarl; er machte uns genug zu schaffen in Vike.

      Paul Flida. Sigurd Ribbung machte Euch wohl noch mehr zu schaffen in Varmeland, nach allem, was man hört.

      Dagfinn auffahrend. Ja, wer war es, der Sigurd Ribbung entwischen ließ?

      Gregorius Jonsson. Sigurd Ribbung entsprang uns in Nidaros, das ist männiglich bekannt.

      Dagfinn. Aber es ist nicht männiglich bekannt, daß Ihr ihn daran hindertet.

      Bischof Nikolas zum Jarl, der sich auf einen Zug besinnt. Hört Ihr, Jarl? – Ihr wart es, der Sigurd Ribbung entwischen ließ.

      Jarl Skule rückt einen Stein. Das Lied ist alt.

      Gregorius Jonsson zu Dagfinn. Ich dächte doch, Du hättest von dem Isländer gehört, von Andres Torstejnsson, Sigurd Ribbungs Freund –

      Dagfinn. Jawohl – als Sigurd entwischt war, hängtet Ihr den Isländer, das weiß ich.

      Bischof Nikolas setzt einen Stein und sagt lachend zum Jarl. Nun schlag' ich den Bauer, Herr Jarl.

      Jarl Skule laut. Schlagt ihn – ein »Bauer« ist nicht viel wert. Rückt einen Stein.

      Dagfinn. Nein – der Isländer mußte dran glauben, als Sigurd Ribbung nach Varmeland entwischte.


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