Der Bergpfarrer Staffel 8 – Heimatroman. Toni Waidacher

Der Bergpfarrer Staffel 8 – Heimatroman - Toni Waidacher


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wart’«, knurrte der Alte auch sofort. »Das werd’ ich ihm austreiben. Und wenn’s das Letzte ist, was ich auf dieser Welt tu’!«

      »Gemach, Vater, gemach«, winkte Wolfgang ab. »Der Tobias ist halt ein Träumer.«

      Er lehnte sich mit verschränkten Armen auf den Tresen seiner Bude und schmunzelte, als er seinen Vater wutentbrannt zur Bude des Bruders hinübergehen sah.

      Eigentlich wäre es ihm egal gewesen, in wen Tobias sich verliebt. Aber da er selbst bei Christel Ottinger kein Glück gehabt hatte, sollte sein Bruder schon gar nicht bei ihr landen können! Nur aus diesem Grund hatte er dem Vater davon erzählt.

      *

      Naturgemäß war das Kinderkarussell nicht so lange geöffnet, wie die anderen Fahrgeschäfte und Buden auf dem Festplatz. Es war kurz nach neun, als Wenzel Ottinger die Lichter ausschaltete, und Karsten Steiner die Bahnen aus dicker Zeltplane herunterzog. Christel hatte schon früher Feierabend gemacht und sich um das Abendessen gekümmert. Unter dem Vordach des Wohnwagens war der Tisch

      gedeckt, eine bunte Lichterkette

      erhellte alles. Zufrieden setzten sich die drei an den Tisch und betrachteten das bunte Treiben des Jahrmarkts, das munter weiter-

      ging.

      »Na, heut’ können wir uns net beklagen«, meinte Wenzel. »Schad’, daß die Buben und Madln schon so früh schlafen geh’n.«

      Christel schmunzelte. In der Tat hatte sie heute ein sehr gutes Geschäft gehabt, wenn es morgen und übermorgen genauso würde – wovon sie eigentlich ausgingen –, dann hatte sich der Abstecher nach St. Johann gelohnt.

      Ihr Vater gähnte verhalten.

      »Ich glaub’, ich leg’ mich gleich hin«, meinte er, nachdem er sein Abendbrot verzehrt hatte.

      Bei diesem Lärm zu schlafen, bereitete ihm keine Probleme. Seit seiner Geburt war er von einem Festplatz zum anderen mitgenommen worden und hatte sich daran gewöhnt. Er schlief eher schlechter ein, wenn er in den Wintermonaten in seinem kleinen Haus war, weil ihm dann die gewohnten Hintergrundgeräusche fehlten.

      Karsten Steiner hatte sich zurückgelehnt und zufrieden festgestellt, daß Christel keinerlei Anstalten machte, sich auch schon schlafen zu legen.

      »Magst’ noch mit ins Festzelt gehen?« fragte er.

      Die junge Frau nickte.

      »Warum net? Es ist ja noch früh.«

      Welch eine Freude sie ihm damit bereitete, ahnte Christel nicht. Stolz ging der Schaustellergehilfe neben ihr über den Festplatz. An diesem ersten Wochenendabend herrschte deutlich mehr Betrieb, als gestern, und im Zelt war das Gedränge groß.

      Links vom Eingang stand der Tresen, hinter dem zahlreiche junge Madln damit beschäftigt waren, Maßkrüge zu füllen. Gleich daneben verlief in breiter Front die provisorische Küche, in der auf riesigen Gestellen die Hendln und Haxen gegrillt wurden, dahinter standen Kühlcontainer, in denen der Nachschub für Essen und Getränke gelagert wurde.

      Rechts und in der Mitte zogen sich die Tischreihen dahin, bis an die Stirnseite des Zeltes, wo, auf einem Podest, die Blaskapelle spielte, was das Zeug hielt. Ganz vorne war ein Platz freigelassen, der als Tanzfläche diente. Viele Paare konnten sich hier zwar nicht drehen, aber das war nicht weiter schlimm, wenn die Stimmung auf dem Höhepunkt war, dann tanzte die ausgelassene Menge auch schon mal auf den Tischen.

      Christel und Karsten schoben sich durch die Leute und suchten einen Platz. Kurz vor der Tanzfläche wurden gerade zwei frei, und sie setzten sich.

      »Superstimmung, was?« rief Karsten Steiner, um gegen den Lärm anzukommen.

      Die junge Frau nickte. Wie aus dem Nichts standen ein Maßkrug und ein gefülltes Weinglas vor ihnen. Sepp Reisinger hatte die beiden hereinkommen sehen und die Getränke selbst an den Tisch gebracht.

      »Einen schönen Gruß vom Haus«, brüllte er. »Laßt’s euch schmecken.«

      Er zeigte um sich.

      »Prima Stimmung, was?«

      Die beiden nickten.

      »Also viel Spaß. Ich muß wieder an den Tresen«, verabschiedete sich der Wirt.

      Christel und Karsten prosteten sich zu.

      »Magst’ tanzen?« fragte der junge Bursche.

      Die Tochter seines Chefs folgte ihm auf die kleine Tanzfläche, wo dichtes Gedränge herrschte. Auch wenn eigentlich kein Platz war, und sie sich gegenseitig auf die Füße traten, so tat es der Freude doch keinen Abbruch. Christel fühlte sich ausgesprochen wohl, auch wenn ihre Einwilligung, Karsten Steiner zu begleiten, einen ganz anderen Grund hatte, als den, welchen der Bursche sich vorstellte...

      Seit der junge Mann am Nachmittag so ungeniert mit ihr geflirtet hatte, war Christel ganz durcheinander. Noch zweimal war er an das Kassenhäuschen gekommen und hatte neue Fahrchips gekauft. Jedesmal hatte er sie dabei mit seinen strahlenden Augen so angesehen, daß Christel wohlige Schauer über den Rücken liefen.

      Wenn sie nur seinen Namen wüßte!

      Und noch mehr interessierte sie, ob das kleine Mädchen, das im Karussell fuhr, wohl seine Tochter war...

      So recht mochte sie nicht glauben, daß er verheiratet war, denn dann wäre es schon sehr unverschämt gewesen, sie so anzuschauen!

      Während sich Christel in Karstens Armen drehte, da stellte sie sich vor, es wäre dieser gutaussehende fremde Mann, der mit ihr tanzte.

      Die Stimmung im Zelt kochte immer höher, und die Musiker spielten ein Stück nach dem anderen. Immer schneller, immer fetziger. Die Besucher sangen lauthals die Texte mit und klatschten in die Hände. Nicht wenige standen oben auf den Tischen, und einige hatten Mühe, nicht herunterzufallen.

      »Mensch, ist hier was los«, brüllte Karsten Steiner ihr ins Ohr, um sich verständlich zu machen.

      Christel nickte und schaute sich um. Die feiernde Menge konnte gar nicht genug bekommen und forderte immer neue Stücke von der Kapelle. Zwischendurch sah die junge Frau zwei Polizeibeamte, die das Zelt mit einem Blick kontrollierten.

      Außer ihr selbst und Karsten Steiner, der seine Maß noch nicht ausgetrunken hatte, waren die Beamten wohl die einzigen Nüchternen hier drinnen – abgesehen vielleicht noch von Sepp Reisinger und seiner Mannschaft.

      Plötzlich schien ihr Herzschlag auszusetzen. Durch die Menge drängte sich ein Mann und kam genau auf den Tisch zu, an dem sie saß.

      Thomas Hofstetter blieb vor ihr stehen und deutete eine Verbeugung an.

      »Darf ich bitten?«

      Christel warf Karsten einen kurzen Blick zu. Der Schaustellergehilfe schien wie erstarrt. Schließlich stand sie auf und folgte, wie im Traum, Thomas auf die Tanzfläche.

      Verfolgt von Karstens Augen.

      *

      »Ich hab’ gehofft, Sie hier zu finden«, sagte Thomas Hofstetter.

      Die Kapelle spielte ein langsames Stück. Christel hatte ihre Arme um seinen Hals gelegt und lehnte den Kopf an Thomas’ Schultern. Sein Mund war an ihrem Ohr.

      Schon bald nach dem Abendessen hatte er sich umgezogen und wieder auf den Weg gemacht. Während er am Nachmittag am Karussell stand und zuschaute, wie Lisa eine Runde nach der anderen drehte, hatte er überlegt, wie er Christel Ottinger um ein Rendezvous bitten konnte, ohne einen Korb zu bekommen.

      Schließlich konnte er schlecht vor sie treten und sie bitten, sich mit ihm zu verabreden. Sie kannten sich ja kaum, und daß er sein Herz an sie verloren hatte, davon wußte die junge Frau überhaupt nichts.

      Aber irgendwie hatte Thomas das Gefühl, daß er ihr nicht unsympathisch war. Das Lächeln auf ihren Lippen, wenn sich ihre Blicke begegneten, schien Bände zu sprechen.

      Als er dann hier hergekommen war und sie tatsächlich


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