Wyatt Earp Staffel 4 – Western. William Mark D.
Falbhengst. Die Revolver hielten die drei Indianer in Schach.
Aus seinen Augen, die jetzt tiefdunkel erschienen, sprühten Blitze. »Wenn ihr vernünftige Männer seid, dann wißt ihr jetzt, daß ihr keine Chance mehr habt – daß ihr jetzt sterben müßtet, wenn ich euch töten wollte.«
Mit zwei gedankenschnellen Handsaltos ließ er die großen Revolver in die Halfter gleiten, nahm den Falben herum und ritt in leichtem Trab davon.
Die Cheyennes folgten ihm erst nach einer Weile und blieben im Abstand von einigen hundert Yards auf seinen Fersen.
Nach anderthalb Stunden ritt Wyatt einen Hügel hinauf, der eine breite Mulde hatte, die buschumstanden war.
Auf dem jenseitigen Kamm der Muldenbegrenzung angelangt, blickte er auf die deutliche Spur zurück, die er im Gras der Bodensenke hinterlassen hatte, dann wandte er sich scharf nach Westen, ritt einen Bogen und hielt wieder nach Süden zu.
Als er am Eingang der Mulde angelangt war, sah er die drei Indianer vor sich in der Senke. Langsam ritt er hinter ihnen her.
Plötzlich wandte sich Schwarze Feder um.
Entsetzen lag in den Augen des Roten.
Er hielt sein Pferd an.
Die anderen hatten seine Bewegung bemerkt, wandten sich ebenfalls um und hielten auch die Pferde an.
Wyatt ritt auf sie zu. In seinen Augenwinkeln war ein Lächeln, als er die Cheyennes ansah.
Schwarze Feder hatte seinen Schrecken überwunden; er trug wieder sein Holzschnittgesicht. »Der weiße Mann ist hinter uns?«
»Wie du siehst.«
»Weshalb – hat er nicht geschossen?«
Der Missourier lächelte. »Schwarze Feder hat noch nicht begriffen, daß es ebenso gute und schlechte weiße Männer gibt, wie es gute und schlechte rote Männer gibt. Wenn ich die Krieger der Cheyennes hätte niederschießen wollen, so hätte ich das vorhin schon tun können.«
Der Indianer-Chef überlegte einen Augenblick und fragte dann: »Weshalb reitest du hinter uns her?«
»Ich richte die gleiche Frage an dich: Weshalb reitest du hinter mir her?«
Das winzige Lächeln, das jetzt über das Gesicht des Indianers flog, verschönte das rissige bronzefarbene Antlitz direkt. »Du bist nicht Madden?«
»Nein. Ich habe dir meinen Namen ja genannt.«
»Earp? Das ist ein sonderbarer Name. Er ist so kurz.« Plötzlich zog der Indianer die Brauen zusammen. »Ich habe den Namen schon gehört, jetzt fällt es mir ein. Drüben in Kansas gibt es einen berühmten weißen Mann, der einen Stern trägt und auch Earp heißt. Wyatt Earp.«
Der Missourier griff in die Tasche und nestelte seinen Marshalstern hervor.
Schwarze Feder ritt langsam näher und blickte auf den Stern und dann in die Augen des Missouriers.
»Du bist Wyatt Earp?« forschte er ungläubig.
»Yeah.«
Der Indianer sah seine Begleiter an, dann sagte er schnell: »Du folgst einem Mann?«
Wyatt nickte.
»Der ein schwarzes Pferd reitet?«
»Yeah!« Wyatt zog die Brauen zusammen. Und plötzlich wurde ihm alles klar. »Ihr seid diesem Mann begegnet, und er hat euch erzählt, daß ich Madden wäre?«
Schwarze Feder nickte stumm.
Wyatt stieß einen winzigen Pfiff aus. »Das ist nicht schlecht. Und wo habt ihr den Mann getroffen?«
»Vierzehn Meilen südwestlich von hier. Er ritt auf die Berge zu.«
»Und er hat gesagt, ich hätte euren Freund erschossen?«
»Ja, das hat er gesagt. Wir trafen ihn und hielten ihn auf, weil er eine merkwürdige Eile hatte. Da hat er uns dich beschrieben, sehr genau beschrieben.«
Wyatt hatte plötzlich ein merkwürdiges Gefühl in der Brust. »Und weshalb habt ihr mir nicht einfach irgendwo aufgelauert?«
Da reckte der Indianer stolz den Kopf. »Wir sind keine Tramps, keine Banditen. Wir sind Krieger vom Stamme der Cheyenne. Wir fallen keinem Mann in den Rücken.«
»Ich weiß es. Und deshalb habe ich es gewagt, euch den Rücken zuzukehren, vorhin als ich wegritt.«
Schwarze Feder hatte ein Leuchten in den Augen. »Ich habe noch kein Blaßgesicht gesehen, das das gewagt hat. Da kamen mir die ersten Zweifel, daß du wirklich Madden sein solltest. Nur – der Mann hatte dich so genau beschrieben. Das machte mich irre.«
Wyatt blickte nach Westen. »Vierzehn Meilen. Das ist ein schönes Stück. Jedenfalls danke ich dir.«
Er reichte dem Indianer die Hand. Der nahm sie und drückte sie kräftig.
Dann wandte Wyatt das Pferd nach Westen und trabte davon.
*
Wyatt hielt scharf nach Westen und hoffte durch diesen Kurs dem flüchtigen Verbrecher ein Teil des Weges abschneiden zu können.
Kurz vor Einbruch der Dunkelheit erreichte er die Stadt. Florissant, die schon tief in den Bergen lag.
Er suchte den Sheriff auf und erkundigte sich bei ihm nach Halbot.
Der Hüter des Gesetzes zog die Brauen zusammen. »Hören Sie, Mister Earp, als Sie mir Ihren Namen nannten, habe ich mich wirklich gefreut, Sie einmal von Angesicht zu Angesicht sehen zu können, weil ich schließlich schon eine ganze Menge von Ihnen gehört habe. Aber nun – ich weiß nicht – Sie wollen Jake Halbot nach Sescattewa bringen – und lassen ihn entkommen!«
»Vielleicht wäre es gut, wenn Sie auch daran dächten, daß ich es war, der ihn gestellt hat.«
»Yeah – ich habe davon gehört. Aber niemals werde ich begreifen, daß Sie den Mann ohne Handschellen durch die Gegend führen wollten.«
Wyatt winkte ab. »In Ketten liegt er später noch lange genug.«
»Später? Glauben Sie denn allen Ernstes, daß Sie diesen gerissenen Verbrecher noch jemals wieder einfangen könnten?«
»Ich habe ihn zweimal gefangen und werde ihn auch ein drittes Mal stellen. Und noch etwas: daß er keine Handschellen trug, mag eine Schwäche von mir sein. Aber daß er entkommen ist, dankt er nicht dem Umstand, daß er ohne Handschellen war. Ich lag schließlich schwer betäubt am Boden, als er floh. Da hätte er sogar mit Fußketten das Weite suchen können. Und hätte sich der Falbe nicht in dem tückischen Bodenloch verfangen, wäre Halbot nie entkommen.«
Der Sheriff winkte ab. »Well, ich hatte nicht die Absicht, Ihnen einen Vorwurf zu machen. Schließlich haben Sie den Kerl ja damals geschnappt – damals und jetzt wieder. Vielleicht hätte er noch mehr Leute umgebracht, wenn Sie ihn nicht überwältigt hätten…«
Wyatt wußte, daß Halbot damals in Florissant gewesen war. Es war nicht anzunehmen, daß der Bandit die Stadt auf seiner Flucht berühren würde. Hier kannten ihn die Menschen schließlich. Er hatte also mehr Feinde hier als er brauchen konnte.
*
Gegen zehn Uhr in der Nacht ritt der Marshal weiter.
Der Falbe hatte sich wieder erholt und schien seinem Herrn die vielen kühlen feuchten Verbände zu danken. Er trabte leichtfüßig aus der Stadt.
Als Wyatt an der Farm vorüberkam, in der Halbot damals gelebt hatte, warf er einen forschenden Blick über die Gebäude.
Der Sheriff hatte ihm die Lage des Anwesens beschrieben.
Wyatt ritt weiter. Hundert Yards. Dann rutschte er aus dem Sattel, ließ den Falben an einem Gatter stehen und ging zurück.
Das Hoftor war verschlossen.
Wyatt blickte an der Fenz entlang zum Corral hinüber. Drei Pferde weideten