Mami Bestseller 12 – Familienroman. Gisela Reutling

Mami Bestseller 12 – Familienroman - Gisela Reutling


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      »Du liebst ihn immer noch«, stellte Bruno Meinrad fest. Dabei sah er prüfend in das Gesicht seiner Tochter, das abgespannt wirkte und doch wie von einer inneren Erregung gekennzeichnet war.

      »Nein, Vater, wo denkst du hin!« Mit einer nervösen Bewegung strich sich Cornelia über das Haar. »Das ist doch längst aus und vorbei.« Sie wandte sich beiseite, um dem durchdringenden Blick zu entgehen, der auf ihr ruhte.

      »Warum regt es dich dann so auf, dass du Dieter Markgraf wiedergesehen hast?«, fragte Bruno Meinrad trocken.

      »Es kam so überraschend – plötzlich stand er vor mir«, murmelte Cornelia abgerissen.

      »Und was sagte er?«

      »Nichts Besonderes«, antwortete Cornelia achselzuckend. »Hallo, wie geht es dir, du siehst gut aus … Ja, er redete, als wären nicht drei Jahre vergangen, sondern als hätten wir uns vorige Woche oder vorigen Monat zuletzt gesehen. Und eher beiläufig teilte er mir mit, dass er sich hier als Internist niederlassen würde.«

      »So ist das.« Bruno Meinrad nickte nachdenklich. Das war es wohl, was ihr zu schaffen machte. Wie froh war sie damals gewesen, dass er nach Norddeutschland gegangen war und damit eine beträchtliche Entfernung zwischen ihnen lag. Und sie sollte ihm nicht erzählen, dass es vorbei war. Trotzdem sagte er, wie um sie zu beschwichtigen: »Die Stadt ist groß genug, dass ihr euch nicht dauernd in die Arme laufen müsst, Cornelia.«

      »Natürlich.« Cornelia bezwang sich, sie bemühte sich sogar um ein Lächeln. »Es hat mich nur im Moment aus dem Konzept gebracht. Im Grunde geht es mich überhaupt nichts an, wo er arbeitet und was er tut.« Es klang herb, und das schwache Lächeln stieg ihr auch nicht bis in die leicht umschatteten Augen.

      »Dann ist es ja gut. – Übrigens … Markus hat angerufen«, lenkte er ab. »Er ist aus Norwegen zurück und wollte heute Abend mit dir ausgehen. Ich habe ihm gesagt, dass du Nachtdienst hast.« Als seine Tochter nur etwas apathisch nickte, trat er auf sie zu und legte ihr leicht die Hand auf die Schulter. »Leg dich jetzt hin, Cornelia, und versuch, etwas vorzuschlafen. Du siehst müde aus.«

      »Ich laufe lieber ein Stück, Vater, das tut mir wohler«, meinte sie. »Danach kann ich mich immer noch eine Stunde ausruhen.«

      Er stand am Fenster und sah ihr nach, als sie das Haus verließ. Sie hatte feste Schuhe angezogen zu ihrem sportlich-eleganten Kostüm, in dem sie in der Stadt gewesen war. Sonst trug sie oft Hosen, weil es praktischer für sie war. So oder so war sie eine hübsche Erscheinung, schlank und aufrecht, mit ihrem leichten, raschen Gang. Eine junge Frau, die man mit Wohlgefallen sah. Warum hatte sie nur kein Glück?

      Kein Glück in der Liebe, schränkte der Vater ein. Beruflich war alles wie erwünscht verlaufen: Studium, Staatsexamen, promovierte Ärztin. Doch das war ihrer Begabung, ihrem Fleiß und ihrer Strebsamkeit zu verdanken. Zu einem erfüllten Frauenleben gehörte mehr.

      Indessen lief Cornelia mit ausholenden Schritten zum Fluss, an dem sich die Auen entlangstreckten. Hier war es windiger als zwischen den Häusern, es wehte durch ihr Haar und kühlte ihre Stirn. Das frische junge Grün tat ihren Augen wohl. Allmählich besänftigte sich der unruhige Schlag ihres Herzens.

      Du hast anscheinend nichts dazugelernt, hielt sie sich vor. Dieter braucht dich nur anzusehen mit seinen blauen Augen, mit diesem gewissen Lächeln, und schon ist es um dein Gleichgewicht geschehen. Es war wie ein Anprall gewesen …

      Ja, gewiss, überlegte sie weiter, nur weil diese Begegnung so völlig unvermutet war, weil sie ihn weit weg wähnte, hatte es sie so getroffen. Sonst wäre sie bestimmt kühl und überlegen geblieben. Sie brauchte doch nur an die letzte schlimme Auseinandersetzung zu denken, die ihr Zusammenleben beendet hatte.

      Zwei Jahre waren sie zusammen gewesen. Dieter war der Meinung, dass man zum Glücklichsein keinen Stempel vom Standesamt brauchte. Er wusste seinen Standpunkt so überzeugend zu vertreten, dass sie diesen zu dem ihrigen machte. Man brauchte sich nur umzusehen: Eine Partnerschaft ohne Trauschein war heutzutage nichts so Besonderes mehr. Wenn erst ein Kind kam, würde man sie ohnehin legalisieren. Doch das war vorläufig noch kein Thema für sie beide.

      Vorausgegangen war ein schönes, ein wunderbares Jahr. Sie glaubten füreinander bestimmt zu sein. Jede Stunde ihrer knappen Freizeit, die sie gemeinsam verbrachten, wurde ihnen zu einem Fest.

      Hätten sie es nur dabei belassen!

      Aber welches liebende Paar wünscht sich nicht eines Tages die ständige Nähe des anderen. Besonders sie, Cornelia, war ganz sicher, dass der Alltag ihrer Liebe nichts von ihrem Glanz nehmen könnte. Wenn Dieter auch mehrfach beteuerte, dass er seine Freiheit brauchte – sie nickte nur lächelnd dazu. Sie hatte ja gar nicht die Absicht, ihm Fesseln anzulegen. Er würde schon häuslicher werden, wenn aus seiner geräumigen, mit kühler Sachlichkeit eingerichteten Junggesellenwohnung ein gemütliches Heim wurde.

      Es war ein Irrtum. Dieter nutzte die sogenannte Freiheit, die er sich ausbedungen hatte, mehr aus, als ihr lieb sein konnte. Er fuhr allein zu wissenschaftlichen Kongressen, ging allein aus, ließ sich oft genug auch ohne die Partnerin einladen. Dass er dabei natürlich auch andere Frauen kennenlernte, die ihn genauso attraktiv fanden wie sie, blieb nicht aus.

      Eine Weile nahm sie es hin, weil er gereizt reagierte, wenn sie den Mund auftat. Aber auf die Dauer war sie nicht bereit, sich ihm bedingungslos unterzuordnen. Es kam zu Auseinandersetzungen, die nur im Anfang in stürmischen Versöhnungen endeten. Doch sie bewirkten nicht viel, weil schließlich doch alles beim Alten blieb.

      Es waren Jahre, in denen ihre Liebe allmählich verwelkt, an den Enttäuschungen erstickt war, die sie sich gegenseitig bereiteten.

      Auch Dieter war enttäuscht von ihr, weil sie nicht das nachgiebige, still duldende Frauchen war, für das er sie wohl gehalten hatte. Er warf ihr mangelnde Toleranz vor, und mancher Streit hatte mit dem Satz begonnen: »Du hast es doch gewusst, dass ich mich nicht anbinden lasse!« Sie hatte den Verdacht, dass er eine Affäre mit einer anderen Frau hatte. Dieter stritt es ab. Es fielen böse, erbitterte Worte, mit denen sie sich verletzten. Dies war das Ende.

      Es ist wohl besser, wir trennen uns, hatte Dieter mit steinernem Gesicht gesagt und sie hatte ihm tonlos zugestimmt.

      Er hatte ein Angebot nach Hamburg angenommen, wollte nun dort seine fachliche Ausbildung zum Herzspezialisten beenden.

      Cornelia sagte es sich hundertmal und mehr, dass dieser scharfe Schnitt richtig und unumgänglich gewesen war. Aber die Wunde war da, und sie heilte nur langsam.

      Sie war wieder in ihr Elternhaus gezogen. Die Mutter war vor einigen Jahren gestorben, eine nette ältere Frau führte ihrem Vater den Haushalt. Bruno Meinrad war Architekt, er hatte sein Büro im Hause. Aber er überarbeitete sich nicht mehr. Die Verhältnisse erlaubten es dem inzwischen Vierundsechzigjährigen, nur noch gelegentlich einen Auftrag anzunehmen, an den er dann auch mit Freude heranging. Cornelia hatte eine sehr innige Beziehung zu ihm.

      Ein Jahr später lernte sie Markus Springer kennen, den Juniorchef des Omnibus-Reisebüros Springer. Dort hatte sie eine Urlaubsreise per Bus und Schiff nach Südnorwegen gebucht. Der Vater hatte sie dazu gedrängt, es würde sie auf andere Gedanken bringen. Die Fjorde, die Gletscherwelt zu sehen, das war ein Erlebnis, wie er aus eigener Erfahrung wusste.

      Er sollte recht behalten. Es löste sich wie ein Knoten in ihr, sie lernte wieder zu lachen, heiter zu sein in geselliger Runde. Markus Springer, der größere Reisen selbst begleitete, verstand es ausgezeichnet, die richtige Atmosphäre unter seinen Gästen zu schaffen. Cornelia konnte nicht umhin, zu bewundern, wie vielseitig dieser junge Mann war, wie er jede Situation überlegen und mit wachem Verstand meisterte.

      Nach der dreiwöchigen Reise rief er sie später noch einmal an. Ob man sich wiedersehen könnte? Sie war überrascht, aber sie hatte nichts dagegen. Er war weltläufig, wie es sein Beruf mit sich brachte, und man konnte sich interessant mit ihm unterhalten.

      Sie trafen sich in einem Restaurant, und er sagte: »Es ist ein ungeschriebenes Gesetz bei uns, keinen Passagier vorzuziehen, deshalb konnte ich Ihnen unterwegs nicht zeigen, wie gut Sie mir gefielen, Frau Dr. Meinrad. Das möchte ich jetzt nachholen.« Dabei lachte er mit blitzenden Zähnen und übermütig funkelnden


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