Der exzellente Butler Parker 9 – Kriminalroman. Günter Dönges

Der exzellente Butler Parker 9 – Kriminalroman - Günter Dönges


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      »Warum geht es nicht endlich los, Mister Parker?« fragte Agatha Simpson und kramte in der Konfektschachtel auf ihren Knien.

      Josuah Parker warf einen Blick auf seinen Chronometer. »Die Vorstellung dürfte in wenigen Minuten beginnen, Mylady«, versuchte er seine Herrin zu beruhigen.

      Die passionierte Detektivin und Butler Parker saßen in den bequemen Logensesseln eines großen Lichtspieltheaters in der City. Sie besuchten die Premiere eines von der Kritik gefeierten Kriminalfilms.

      Agatha Simpson, die sonst den heimischen Fernseher vorzog, hatte den Weg ins Kino nicht ohne Grund auf sich genommen: Ein anonymer Gönner hatte ihr Freikarten für die Sondervorstellung vor ausgewähltem Publikum zugeschickt. Und Freuden, die nichts kosten, ließ sich die Lady niemals entgehen.

      Ein elektronischer Gong ertönte. Langsam verloschen die Lichter im Saal. Auf der Leinwand flimmerte der Vorspann. Doch was dann ablief, stand nicht im Drehbuch...

      Schlagartig wurde es wieder schwarz auf der Leinwand. Die Musik brach ab.

      Wie auf Kommando wurden alle Türen gleichzeitig aufgerissen. Mit Strumpfmasken vermummte Gestalten stürmten in den finsteren Saal. Vier von ihnen hielten mit Automaticpistolen das Publikum in Schach. Vier weitere machten sich im Schein von Taschenlampen hastig daran, Brieftaschen, Uhren und Schmuck einzusammeln.

      »Was Kinobesitzer sich heutzutage alles einfallen lassen, um einen schwachen Film in die Schlagzeilen zu bringen«, wunderte sich die Detektivin. »Der Film, an dessen Drehbuch ich arbeite, wird solche Werbemätzchen nicht nötig haben.«

      »Zweifellos wird Myladys filmisches Schaffen für sich selbst sprechen«, bestätigte Parker ebenso höflich wie zweideutig. »Was die momentane Darbietung angeht, sieht meine bescheidene Wenigkeit sich hingegen mit der Frage konfrontiert, ob die Herren tatsächlich im Auftrag der Direktion handeln.«

      Als Sekunden später ein Maskierter ihr den perlenbestickten Pompadour vom Handgelenk reißen wollte, war auch Lady Simpson nicht mehr bereit, das Geschehen als ausgefallenen Werbegag eines Kinobesitzers zu akzeptieren.

      »Das geht zu weit!« fauchte die resolute Dame und plazierte ihre geballte Faust derart unsanft in der Magengrube des zudringlichen Räubers, daß der Mann japsend ein paar Schritte zurücktaumelte.

      Zwar setzte er sofort zu einem Angriff an, doch inzwischen hatte Mylady ihre bedrohliche Körperfülle aus dem Sessel gewuchtet. Der lederne Beutel, der ihren sogenannten Glücksbringer enthielt, rotierte heftig.

      Das Pech des Angreifers war es, daß er genau in die Flugbahn des Pompadours lief. Stöhnend ging der Mann in die Knie, als sich der wohlgefüllte Beutel mit der Zärtlichkeit eines Eisbrechers an sein Brustbein schmiegte.

      Im ersten Moment meinte der Gangster, ein Pferd hätte ihn getreten, und dieses Gefühl war nicht mal abwegig. Handelte es sich doch bei dem genannten Glücksbringer um ein veritables Hufeisen, das Mylady aus humanitären Gründen jedoch in eine dünne Lage Schaumstoff gewickelt hatte.

      Der Räuber stieß gurgelnde Laute aus, vollführte ein paar schwankende Tangoschritte rückwärts und taumelte seinem bewaffneten Komplizen in die Arme. Der wiederum war zu verblüfft, um rechtzeitig den Finger vom Abzug der Pistole zu nehmen. Ein Schuß peitschte durch den Saal. Die Kugel richtete jedoch nur Sachschaden an, als sie sich in das kunstvolle Jugendstil-Ornament der Stuckdecke bohrte.

      Augenblicklich verlöschten die Taschenlampen. Die Türen klappten und wurden von außen verriegelt.

      »Warum unternehmen Sie denn nichts, um die dreisten Lümmel zu stellen, Mister Parker?« beschwerte sich die Detektivin. »Muß ich denn alles allein machen?«

      »Bedauerlicherweise sieht man sich nicht in der Lage, an Mylady vorbei den Gang zu erreichen, ohne Mylady der Gefahr unschicklicher Berührungen auszusetzen«, machte Parker seine Herrin auf den gewichtigen Grund aufmerksam, der ihn am Eingreifen hinderte.

      Mürrisch gab Lady Agatha den Weg frei. Postwendend folgte ein Schrei, als sie in der Finsternis einem älteren Herrn auf den Fuß trat, der ebenfalls aufgestanden war. In dem Saal brach Unruhe aus. Frauen kreischten, Männer schrien wütend nach der Polizei – und nach Licht.

      Der Butler hatte sich gerade zum Ausgang getastet und wollte sich der Verriegelung widmen, als unvermittelt das Licht aufflammte. Im nächsten Moment wurde die Tür von außen geöffnet.

      Der Mann im Nadelstreifenanzug, der, an Parker vorbei, hereinstolperte, befand sich nicht in bester Verfassung. Sein Haar war mit Blut verklebt, sein linkes Auge geschwollen. Die unsicheren Schritte, mit denen er das Podium vor der Leinwand ansteuerte, hätten jeden Polizisten zum sofortigen Entzug der Fahrerlaubnis veranlaßt.

      »Meine Damen und Herren!« rief der Mann mit zitternder Stimme in die brodelnde Menge, die ihn kaum beachtete. »Bitte bewahren Sie Ruhe. Die Polizei ist bereits alarmiert.«

      Nach dieser körperlichen und geistigen Anstrengung ließ er sich auf die Stufen des Podiums sinken und betastete vorsichtig die Beule, die sich an seinem Hinterkopf wölbte.

      »Ich wünsche, daß Sie mich unverzüglich zu meinem Wagen geleiten, Mister Parker«, drang Agatha Simpsons baritonal gefärbtes Organ durch das aufgeregte Stimmengewirr.

      »Darf man Myladys Äußerung so verstehen, daß Mylady davon absehen, in dem vorliegenden Fall ermittelnd tätig zu werden?« erkundigte sich Parker vorsichtshalber.

      »Ich möchte mich empfehlen, ehe diese lästigen Schnüffelnasen hier auftauchen, Mister Parker«, bekräftigte Lady Agatha ihren Entschluß. »Ich werde meine Ermittlungen aufnehmen, wenn die Polizisten wieder Kreuzworträtsel lösen, statt die Verbrecher zu fangen.«

      *

      In diesem Fall war die Polizei jedoch schneller, als die Detektivin für möglich gehalten hätte. Schon auf der Treppe hetzten dem Duo aus Shepherd’s Market die ersten Beamten entgegen.

      »Übermäßige Eile dürfte im Moment keine entscheidenden Vorteile mehr bieten, falls der Hinweis erlaubt ist«, spöttelte Parker, doch die Uniformierten rannten an ihm vorbei, als wären die Räuber noch im Saal.

      Unbehelligt erreichten Agatha Simpson und ihr Butler den Ausgang. Gerade wollte Parker seine Herrin über die Straße zum Parkhaus geleiten, als eine schwarzglänzende Limousine mit quietschenden Reifen vor den Füßen des Paars stoppte.

      Der Butler war keineswegs überrascht, als mit hochrotem Gesicht Chief-Superintendent McWarden aus der Nobelkarosse sprang. Der 55jährige Beamte galt als außerordentlich fähiger Kriminalist und leitete im Yard ein Sonderdezernat, das sich der Bekämpfung des organisierten Verbrechens widmete.

      Wie versteinert blieb McWarden vor der gewichtigen Detektivin und ihrem stocksteifen Butler stehen. Seine ohnehin etwas vorstehenden Basedowaugen wagten sich weit aus den Höhlen. Er mußte einige Male nach Luft schnappen, ehe er den ersten Satz herausbrachte.

      »Wer – wer hat Sie denn alarmiert, Mylady?« stammelte der Chief-Superintendent fassungslos.

      »Das ist mein kleines Geheimnis, McWarden«, neckte Lady Agatha den Mann, der häufig in ihrem Haus zu Gast war und sich dort schon manchen wertvollen Tip geholt hatte. »Aber ich habe nicht vor, mich in die Ermittlungen einzuschalten, falls Sie das beruhigt. Diesen Fall dürfen Sie mal ohne meine Hilfe lösen.«

      »Herzlichen Dank für das Entgegenkommen, Mylady«, gab McWarden beleidigt zurück. »Sie tun gerade so, als saßen bei Scotland Yard lauter Dummköpfe.«

      »So habe ich es nicht gemeint, mein lieber Mister McWarden«, korrigierte Mylady in liebenswürdigem Tonfall.

      McWarden, der unmittelbar dem Innenminister unterstellt war, schien sich aber dennoch angesprochen zu fühlen und setzte an diesem Punkt des kleinen Plauschs ohne Kommentar seinen Weg fort.

      »Warum ist der Mann gleich eingeschnappt?« wunderte sich Agatha Simpson. »McWarden versteht keinen Spaß.«

      »Soweit sich die Feststellung auf Myladys unnachahmliche Art von Späßen bezieht, dürfte ihr nicht zu widersprechen sein«, pflichtete Parker bei.

      »Er muß unter


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