Seit ich dich kenne .... Jascha Alena Nell

Seit ich dich kenne ... - Jascha Alena Nell


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sagte sie inbrünstig.

      In der Tat, sie war sehr hübsch.

      Wir verabschiedeten uns von dem netten Verkäufer und setzten unseren Weg fort. Die ganze Zeit über trug Edda die Sonnenbrille, ein zufriedenes Lächeln umspielte ihre Lippen. Sie war absolut bezaubernd und ich konnte nicht aufhören, sie anzusehen. Ihre lange feurig rotgoldene Mähne reichte mittlerweile fast bis zum Hintern, der zwar recht klein und knochig, allerdings dennoch appetitlich war.

      Und diese Lebenslust und Freude, die sie ausstrahlte, wirkte auf mich äußerst anziehend.

      „Chris, sag mal, hab ich irgendwas im Gesicht kleben?“ Sie blieb stehen und sah mich fragend an.

      Verblüfft schüttelte ich den Kopf. „Nein, alles gut. Äh, wieso?“

      „Na, weil du mich die ganze Zeit so anstarrst“, erwiderte sie. „Wenn du nicht aufpasst, stolperst du noch über deine eigenen Füße.“

      Mist, sie hatte mich voll erwischt. „Blödsinn!“ Schnell legte ich ihr einen Arm um die Schultern und zog sie weiter. „Ich hab nur deine schicke neue Sonnenbrille bewundert, darum beneide ich dich echt.“

      „Ja, ja.“ Sie lachte und verpasste mir einen sanften Rippenstoß, doch sie schüttelte meinen Arm nicht ab. Sie war recht klein, ihr Haaransatz reichte gerade mal bis knapp unter meine Achselhöhle.

      Wir sahen uns das Wohnhaus Gaudis an, das sich ebenfalls im Park befand, genossen den Ausblick vom großen Terrassenplatz aus, dessen Begrenzung gleichzeitig als Sitzgelegenheit diente. Die Mauer an sich war ein kleines Kunstwerk, denn sie bestand aus kleinsten Keramik- und Kristallsteinchen und war in Mosaikmustern angelegt. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, was das für eine Fusselarbeit gewesen war. Dafür verdiente der Künstler, Josep Maria Jujol, meinen größten Respekt.

      Familien, Liebespärchen und Senioren lungerten ebenfalls hier herum, machten Fotos, genossen den Ausblick und strichen ehrfürchtig über das Mosaikmuster. Musikanten gaben ein klasse Gitarrenkonzert und es roch nach frischer Farbe, da sich eine Handvoll Maler mit Staffeleien und Farbpaletten hier tummelten, die all die schönen Pförtnerhäuser mit den Zuckergussdächern oder die Wasserspeier zeichneten, die hier überall herumstanden.

      Wir sahen uns den Turm der Portierloge an und den aus bunten Mosaiksteinen zusammengesetzten, Wasser speienden Salamander, an dem ich einen Narren gefressen hatte. Edda fotografierte gefühlte hundertmal die Haupttreppe. Schließlich wurden wir fast von einem Haufen Japaner überrannt, die eng aneinandergepresst wie eine aufgeregte Schar Hühner dastanden und wie von Sinnen Fotos schossen.

      „Gib mal her.“ Grinsend entwand ich Edda den Fotoapparat und fotografierte das lustige Grüppchen, das beim Anblick der Terrasse und des Mosaiksalamanders völlig aus dem Häuschen geriet.

      Edda klapste mir auf den Arm. „Chris, was machst du schon wieder für einen Unfug?“ Sie strahlte übers ganze Gesicht, ihre Backen waren von der Hitze gerötet, ihr Haar klebte am Kopf, sie sah absolut niedlich aus, so niedlich, dass ich mich hinabbeugte und ihr einen Kuss auf die überhitzte Wange gab. Es kam einfach so über mich, geschah, ohne dass ich groß nachdachte. Edda war mir so vertraut, obwohl wir uns eigentlich gar nicht kannten, bei ihr konnte ich einfach ich selbst sein, musste nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen, ich konnte reden, ohne zu denken, und Dummheiten machen in dem Wissen, dass sie es mir nicht übel nehmen würde.

      Jetzt nahm sie den Fotoapparat wieder an sich und lächelte mich lieblich an. „Ich finde, wir sollten ein Foto von uns machen, oder? Schließlich ist das ein denkwürdiger Tag.“

      „Ja“, ich lachte, „die Streberin und der Aufreißer zusammen in Barcelona, ein Herz und eine Seele.“

      Dafür bekam ich wieder einen Rempler und ein missbilligendes Zungenschnalzen. „Sehr witzig, Waldoff. Ich war keine Streberin, sondern einfach nur klug. Aber mit überbordender Intelligenz bist du ja nicht geschlagen, deshalb nehme ich dir den Neid nicht übel.“ Ich verpasste ihr eine sachte Kopfnuss, sie lachte und schlug im Spaß meine Hand weg. „Komm, ich frag den Mann da drüben mal, ob er ein Foto von uns macht.“

      Gesagt, getan. Keine Minute später hielt ich sie im Arm, während ich mit meinem professionellen Modelgrinsen und einem frechen Glitzern in den Augen in die Linse sah. Edda schmiegte ihren Kopf an meine Schulter und lehnte sich zutraulich gegen mich. Es fühlte sich gut an, dass sie mir vertraute. Ich mochte das Gefühl von ihr in meinem Arm. Es fühlte sich irgendwie ... richtig an.

      Bevor mir auch noch ein kitschiger Spruch über die Lippen kam, löste Edda sich wieder von mir und nahm die Kamera an sich. Sie bedankte sich bei dem Fotografen, stopfte die Kamera in die Hülle und nickte mir zu. „So, ich glaube, das hätten wir. Wir haben alles gesehen, oder?“

      „Das meiste schon“, sagte ich erschöpft, aber zufrieden. Meine Füße fühlten sich an, als wäre ich den Jakobsweg an einem Tag gelaufen, und an meiner rechten Ferse entstand eine Blase. Aber es hatte Spaß gemacht, die Zeit war wie im Flug vergangen. „Lass das Foto bloß deinen Freund nicht sehen“, legte ich ihr ans Herz, als wir den Rückweg antraten, „sonst wird er noch eifersüchtig und macht dir eine Szene.“

      Edda rollte mit den Augen. „Wir sind so gut wie getrennt, was ich mit wem mache, geht ihn also überhaupt nichts an“, verkündete sie bockig. Die Antwort befriedigte mich sehr.

      Am Ausgang kauften wir uns je eine Flasche Wasser für einen Euro bei einem der Verkäufer und gemächlich machten wir uns auf den Rückweg.

      „Ich muss schnell noch ins Hotel und meine Badehose holen, bei der Gelegenheit frag ich mal an der Rezeption nach, wo es hier einen Surfbrettverleih gibt“, sagte ich. „Hoffen wir, dass uns nicht auch noch ein Surflehrer aufgebrummt wird. Kommst du schnell mit ins Hotel?“ Sie nickte und ich legte wieder den Arm um sie. „Was ist mit dir, gehst du in Unterwäsche ins Wasser?“

      „Das würde dir so passen.“ Sie kniff mich in die Seite. „Ich hab den Bikini drunter.“

      Bei so viel Klugheit und Weitsicht verschlug es mir glatt die Sprache.

      Natürlich bekamen wir einen Windsurflehrer aufs Auge gedrückt, was mich anfangs zwar nervte, doch schließlich erwies es sich als ein Riesenglück. Das Hotel vermittelte uns zu einem Surfbrettverleih, der auch am späten Nachmittag noch geöffnet und sowohl erstklassige Bretter als auch super Surflehrer hatte. Voraussetzung fürs Alleinesurfen war das Vorlegen eines Surfscheins, den man allerdings nur besaß, wenn man surfen konnte. Da dies nicht der Fall war, blieb mir nichts anderes übrig, als das spontane Angebot eines übereifrigen Surflehrers anzunehmen, der uns zum halben Preis eine Stunde geben wollte.

      Emilio hieß er, war groß und fest gebaut, muskulös und in Topform, er könnte zwei Surfbretter und darauf thronende Models problemlos stemmen. Er hatte kurzes kohlrabenschwarzes Haar und dunkle, fast schwarze Augen, die Edda von oben bis unten musterten. Unwillkürlich zog ich sie fester an mich, es gefiel mir nicht, dass er sie so offensichtlich anmachte. Am Ende würde sie noch mit ihm anbandeln und dann stand ich allein da.

      Aber auch ich kam auf meine Kosten. Der Strand war bevölkert mit sexy Latinamädchen in knappen Bikinis, alle kurvig und an den richtigen Stellen üppig, und ich ahnte, dass es mir schwerfallen würde, mich aufs Surfen zu konzentrieren.

      Anfangs war es ein einziger Reinfall, ich platschte in einem fort ins Wasser und zog mir dabei unzählige blaue Flecken zu, während Edda schon nach kurzer Zeit den Bogen raushatte und jauchzend das Segel aus dem Wasser hievte.

      „Schau, Emilio, ich kann’s, ich kann’s!“, jubelte sie, als sie mit sicherem Stand gen Horizont surfte und ich zum wiederholten Mal ein unfreiwilliges Bad nahm.

      Nachdem ich es geschafft hatte, meine wilden Sexfantasien mit all den Mädels hier zurückzupfeifen und mich auf das zu konzentrieren, was wichtig war, nämlich das Surfen und meine Karriere, kam auch ich endlich vom Fleck.

      Eine ganze Weile surften wir so hin und her, drehten unser Segel in den Wind und veränderten unsere Stehposition, der Wind kühlte angenehm meinen schweißbedeckten Körper.


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