Dr. Daniel Classic 50 – Arztroman. Marie Francoise

Dr. Daniel Classic 50 – Arztroman - Marie Francoise


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      Das Wartezimmer von Dr. Ro-bert Daniel war wieder einmal brechend voll. Es sah aus, als hätten sich sämtliche Frauen aus Steinhausen in seiner Praxis verabredet; und natürlich durften auch die beiden berüchtigtsten Klatschtanten des Ortes nicht fehlen.

      »Haben Sie schon gesehen? Dr. Daniel und Frau Dr. Carisi haben das Aufgebot bestellt«, flüsterte Waltraud Schütz, die Gattin des Steinhausener Bürgermeisters der neben ihr sitzenden Besitzerin des Gemischtwarenladens Amelie Hauser zu.

      Diese nickte eifrig. »Natürlich habe ich das gesehen, Frau Bürgermeister.«

      Waltraud reckte sich ein wenig in die Höhe. Obwohl sie mit dem Amt ihres Mannes nicht das geringste zu schaffen hatte, genoß sie es immer sehr, von Amelie Hauser mit »Frau Bürgermeister« angesprochen zu werden. Das ließ sie für einen Augenblick sogar die drückenden Schmerzen in ihrem Bauch vergessen.

      »Irgendwie hatte ich ja damit gerechnet, daß die Beziehung der beiden doch noch auseinandergehen würde«, meinte Waltraud Schütz jetzt. »Zwei vielbeschäftigte Ärzte… ich weiß nicht. Das kann doch auf Dauer gar nicht gutgehen.«

      »Das kommt darauf an«, raunte Amelie Hauser zurück. »Womöglich wird die Ehe der beiden auf unsere Kosten glücklich.«

      Überrascht sah Waltraud sie an. »Wie meinen Sie das, Frau Hauser?«

      Amelie zuckte die Schultern. »Es könnte doch sein, daß sich Dr. Daniel von jetzt an für seine Patientinnen nicht mehr so viel Zeit nimmt wie vorher.«

      Waltraud, die normalerweise gleich dabei war, wenn es galt, über jemanden schlimme Ge-rüchte zu verbreiten, zögerte diesmal.

      »Ich weiß nicht, Frau Hauser, dazu ist Dr. Daniel doch eigentlich nicht der Typ«, wandte sie ein. »Ich glaube, er nimmt seinen Beruf viel zu ernst, als daß er seine Patientinnen vernachlässigen würde.«

      Amelie seufzte abgrundtief. »Abwarten, Frau Bürgermeister, abwarten.«

      Zu einer Erwiderung kam Waltraud Schütz nicht mehr, denn jetzt schaute die Sprechstundenhilfe Sarina von Gehrau ins Wartezimmer.

      »Frau Schütz, bitte!« rief sie mit einem freundlichen Lächeln.

      Waltraud beeilte sich, der Sprechstundenhilfe zu folgen. Der Ausgang des Gesprächs hatte ihr jetzt gar nicht behagt.

      Sie betrat das Ordinationszimmer von Dr. Daniel und reichte dem ausgesprochen attraktiven Arzt, der ihr mit einem herzlichen Lächeln entgegenkam, die Hand.

      »Guten Tag, Frau Schütz. Bitte, nehmen Sie Platz«, bot Dr. Daniel höflich an, dann setzte auch er sich wieder. »Ich nehme an, Sie kommen zur Routineuntersuchung, oder haben Sie Beschwerden?«

      Waltraud zögerte einen Moment, dachte an die diffusen Unterbauchschmerzen, die sie seit kurzem hatte, schüttelte dann aber den Kopf. »Nein, Herr Doktor, Beschwerden habe ich keine. Ich möchte nur die übliche Krebsvorsorge durchführen lassen.«

      Ein wenig nervös drehte sie den Riemen ihrer Umhängetasche zwischen den Fingern, was Dr. Daniel sofort auffiel.

      »Was haben Sie denn noch auf dem Herzen, Frau Schütz?« fragte er behutsam.

      Waltraud seufzte tief auf. »Ich hatte im Wartezimmer gerade ein Gespräch…« Sie zögerte. »Wissen Sie, damals, als dieser Arzt sich an Ihnen rächen wollte und die bösen Gerüchte über Sie in Umlauf gebracht hat, da war ich eine der ersten, die darauf hereingefallen ist und Ihnen mißtraut hat. Diesen Fehler möchte ich nicht noch einmal begehen.«

      Dr. Daniel runzelte die Stirn. »Aber, Frau Schütz, das alles ist doch längst Vergangenheit, und Sie waren ja auch nicht die einzige, die diesen bösen Gerüchten Glauben geschenkt hat. Ich war damals zwar etwas enttäuscht, weil mir viele meiner Patientinnen plötzlich mißtrauten, aber ich glaube nicht, daß ich das jemanden habe spüren lassen.«

      Heftig schüttelte Waltraud den Kopf. »Nein, Herr Doktor, so habe ich das auch nicht gemeint. Es geht mir nicht um den Fall von damals, sondern vielmehr… um Ihre Hochzeit mit Frau Dr. Carisi.« Errötend senkte sie den Blick. »Ich weiß schon, das geht keinen von uns etwas an, aber…« Sie sah Dr. Daniel wieder an. »Werden Sie sich in Zukunft wirklich weniger Zeit für uns nehmen?«

      »Wer erzählt denn einen solchen Unsinn?« entgegnete Dr. Daniel, war dabei aber eher amüsiert als ärgerlich. »Frau Schütz, ich kann Ihnen versichern, daß sich durch meine Hochzeit nichts am Ablauf in der Praxis ändern wird. Ich werde mich um meine Patientinnen genauso kümmern wie in all den Jahren zuvor.« Er lächelte. »Aber Sie werden doch hoffentlich einsehen, daß auch ein Arzt eine Frau braucht, nicht wahr?«

      »Natürlich, Herr Doktor«, beeilte sich Waltraud zu versichern. »Und wir alle gönnen Ihnen und Frau Dr. Carisi dieses Glück, das müssen Sie mir glauben.«

      »Das weiß ich schon, Frau Schütz«, meinte Dr. Daniel, dann stand er auf. »Können wir jetzt die Untersuchung vornehmen?«

      Auch Waltraud erhob sich und folgte Dr. Daniel ins Nebenzimmer, dann machte sie sich hinter dem dezent gemusterten Wandschirm frei und stieg auf den Untersuchungsstuhl.

      »So, Frau Schütz«, erklärte Dr. Daniel, während er mit seinem fahrbaren Stuhl näher rückte. »Ich werde jetzt erst mal den Abstrich nehmen. Das kennen Sie ja schon.«

      Doch als Dr. Daniel mit der Untersuchung begann, zuckte Waltraud sofort zusammen. Erstaunt sah der Arzt sie an.

      »Tut Ihnen das weh?«

      »Ja, ein bißchen«, gab Waltraud zu. »Das heißt… eigentlich sogar sehr.«

      Forschend betrachtete Dr. Daniel sie. »Und Sie hatten vorher wirklich keine Beschwerden?«

      Waltraud errötete. »Doch, Herr Doktor. Seit einiger Zeit habe ich immer wieder leichte Unterleibsschmerzen.«

      »Warum haben Sie mir das denn nicht gesagt?« fragte Dr. Daniel und konnte den leichten Vorwurf in seiner Stimme dabei nicht ganz unterdrücken.

      »Na ja, ich… ich hatte Angst«, gestand Waltraud. »Wenn es nun etwas Schlimmes sein sollte…«

      »Eben deswegen hätten Sie ja gleich mit mir darüber sprechen sollen«, erklärte Dr. Daniel eindringlich, dann ging er daran, die Untersuchung fortzusetzen. »Keine Sorge, Frau Schütz, ich werde ganz vorsichtig sein.«

      Die Untersuchung gab dann allerdings keinen endgültigen Aufschluß über Waltrauds Erkrankung.

      »Ich fürchte, Sie haben eine sogenannte Endometritis… eine Gebärmutterentzündung, möglicherweise sogar eine Pyometra. Das bedeutet, daß sich in Ihrer Gebärmutter aller Wahrscheinlichkeit nach ein Abszeß gebildet hat.«

      Waltraud erschrak. »Ist das gefährlich?«

      »Sagen wir mal so: Ich muß Sie zur weiteren Untersuchung und Behandlung umgehend in die Waldsee-Klinik überweisen.« Er stand auf. »Sie können sich wieder ankleiden, Frau Schütz.«

      Waltraud kam Dr. Daniels Aufforderung nach, doch ihre Hände bebten, als sie sich anzog.

      »Muß ich denn jetzt gleich ins Krankenhaus?« fragte sie, als sie Dr. Daniel wieder gegenübersaß.

      »Auf jeden Fall«, meinte Dr. Daniel. »Das Wichtigste ist jetzt strikte Bettruhe, vor allem, wenn sich herausstellen sollte, daß Sie erhöhte Temperatur haben. Das ist bei Unterleibsentzündungen nicht selten der Fall.«

      Waltraud schluckte schwer.

      »Ich habe Angst, Herr Doktor«, gestand sie leise.

      »Müssen Sie nicht haben, Frau Schütz«, entgegnete Dr. Daniel beruhigend. »Ich lasse Sie jetzt mit dem Krankenwagen in die Klinik bringen, und dort wird man erst einmal feststellen, ob Sie Fieber haben. Auch eine Blutuntersuchung wird von der dortigen Gynäkologin Frau Dr. Reintaler durchgeführt werden. Nach der Vormittagssprechstunde komme ich dann wieder zu Ihnen und werde Sie gründlich untersuchen. Sollte sich mein Verdacht bestätigen, werde ich sofort eine Antibiotika-Behandlung einleiten.« Er schwieg einen Moment. »Falls sich in der Gebärmutter allerdings tatsächlich Eiter angesammelt hat, wird eine weitergehende Behandlung nötig sein, aber darüber müssen Sie sich jetzt noch keine Gedanken machen.«


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