Krimi Paket 10 Thriller: Mord ist kein Vergnügen. Pete Hackett
der Gangster sagte ein Wort. Sie trollten sich mit gesenkten Köpfen, Bount folgte ihnen auf die Straße. Er schob dabei die Waffe in seine Jackentasche, um jegliches Aufsehen zu vermeiden.
Die Gangster blickten sich wiederholt nach ihm um, aber sie trafen keine Anstalten, das verlorene Terrain zurückzuerobern.
„Grüßt Skormansky von mir“, rief Bount ihnen hinterher. Er war nicht so gutgelaunt, wie seine Stimme es vermuten ließ. Er hatte zwar eine kleine Schlacht gewonnen, aber bei Skormanskys Rachsucht war zu befürchten, dass daraus ein Bumerang werden würde.
Er fuhr zurück ins Office. Sein Team erwartete ihn im Vorzimmer. Wilkie saß auf Junes Schreibtisch und baumelte mit den Beinen. „Fehlanzeige“, meldete er.
Bount zog die Tür hinter sich ins Schloss. „Dissinger war nicht bei Jill?“
„Oh doch, aber plötzlich war Sendepause. Ich sah gerade noch, wie die Wanze aus dem Fenster flog.“
„Eine richtige kleine Show, was? Du bist unwiderstehlich, Wilkie, ein Erfolgstyp.“
„Okay, es war eine Panne“, gab Wilkie Lenning zerknirscht zu. „Die Puppe hat nicht geschlafen, sie hat bloß so getan, als ob sie pennte. Sie bot einen hübschen Anblick, wirklich, für den Typ könnte ich schwärmen.“
„Du würdest dir damit den Magen verderben“, prophezeite Bount.
„Sie muss beobachtet haben, wie ich die Wanze unter das Fensterbrett drückte. Dabei habe ich die Aktion mit dem Rücken abgeschirmt! Trotzdem“, schloss er grinsend, „war das Ganze nicht umsonst.“
„Nein?“
„Du hast mir berichtet, dass Lyonel Dissinger klare Distanz zu der Süßen hält, richtig?“
„Das hat er gesagt. Ich hab’s nur wiederholt, aber nicht geglaubt.“
„Was Dissinger gesagt hat, war’n Haufen Blech. Ehe er die Wanze aus dem Fenster schmiss, hat er Jill geduzt. Und sie ihn“, sagte Wilkie.
Bount spitzte die Lippen, sah aber nicht sonderlich überrascht aus. Er warf den Revolver in Wilkies zugreifende Hände. „Noch eine Kanone aus der Sammlung Skormansky“, sagte er. „Leg' sie zu der anderen in den Safe.“
„Was ist passiert?“, fragte June. Ihre Stimme klang besorgt. Das war nicht verwunderlich. Sie hatte genug von dem Cobelli-Mob gehört und wusste, wozu er imstande war.
„Skormansky kann einfach nicht verwinden, dass ich ihn in seinem trauten Heim auf die Matte gelegt habe“, sagte Bount. „Das will er mir heimzahlen. Aber natürlich sind bei ihm noch ein paar andere Überlegungen im Spiel. Er will mich abhängen. Er will erreichen, dass ich aus lauter Angst oder Respekt vor seinem Schlägertrupp aufhöre, in der Ronny-Geschichte herumzustochern. Er wird sich damit abfinden müssen, dass ich nicht eher locker lasse, bis der Fall geklärt ist.“
„Das klingt sehr hübsch und imponierend, geradezu mannhaft“, meinte June bitter, „aber ich kann nicht sagen, dass es klug ist. Dass dein Job voller Risiken steckt, liegt in der Natur der Sache, wir alle akzeptieren das. Aber ein kleiner Privatkrieg mit Einzelgängern lässt sich nicht mit dem vergleichen, was du jetzt herausforderst. Ich brauche dir nicht zu erklären, wie dabei das Kräfteverhältnis beschaffen ist.“
„Es geschieht nicht zum ersten Male, dass ich mich mit solch einem Verein anlege.“
„Das kann und muss nicht immer gutgehen. Skormansky ist nahezu unverwundbar. Selbst wenn es dir gelänge, ihn auszuschalten, hast du damit noch nicht Cobelli lahmgelegt. Viele Hunde sind des Hasen Tod, Bount.“
„Ich mag diese alten Sprüche. Sie treffen allemal den Kern eines Problems“, sagte Bount. „Nur kann ich dieses Mal nicht kneifen. Wenn ich es täte, könnte ich nicht mehr in den Spiegel blicken. Willst du mich im Ernst um dieses Vergnügen bringen?“
June lächelte schon wieder. „Das wäre herzlos, einfach nicht auszudenken. Ich mach’ dir einen Vorschlag. Wie wäre es, wenn du Wilkie und mich aktiv einschaltest? Das würde dir die Arbeit erleichtern und das Risiko verteilen.“
„Es gibt ein paar Risiken, die ich lieber allein trage. Der Fall Ronny gehört dazu.“
„Niemand bezahlt dich dafür“, klagte June.
„Du vergisst Jill Lark.“
„Die tausend Dollar habe ich abgeschrieben. Das Mädchen hat doch Dreck am Stecken. Du wirst ihr das Geld wiedergeben, davon bin ich überzeugt.“
„Du bist ein kluges Mädchen, June“, sagte Bount lächelnd, trat an June heran und küsste sie auf die Stirn.
15
Das Telefon klingelte. June griff nach dem Hörer und meldete sich. Bount beobachtete, wie ihre Augen groß und rund wurden. „Wann würde es Ihnen passen, Sir?“, fragte sie. „Ja, ich denke das lässt sich einrichten. In zwei Stunden. Ich rufe zurück, falls etwas dazwischenkommen sollte.“ Sie legte auf. „Das wirft mich um“, murmelte sie. „Er will dich sprechen. Du sollst ihn besuchen.“
„Du bist atemlos“, sagte Bount. „Soll ich ins Weiße Haus kommen?“
„Nein, zu Cobelli. Er war selbst am Apparat. Er hat einen Auftrag für dich.“
„Sein Pech. Ich arbeite nicht für ihn.“
„Das sagst du ihm am besten selbst. Er erwartet dich in zwei Stunden in seinem Haus in Long Island. Die Adresse lautet...“
Bount fiel June ins Wort. „Ich kenne das Grundstück. Es gleicht einer Festung. Ich wüsste gern, was Cobelli im Schilde führt.“
Bount fuhr nach Long Island. Trevor Cobellis Grundstück befand sich an der Rils Avenue, nur einen Steinwurf vom Jakob Rils Park entfernt. Eine mehr als mannshohe Hecke verwehrte den Blick auf den parkähnlichen Garten, in dessen Zentrum die Gebäude standen. Hinter dem hohen Gartenportal befand sich ein Pförtnerhäuschen mit Schrank. Als Bount davor stoppte, stellte er fest, dass sich auf der Innenseite der Hecken ein solider Maschendrahtzaun befand. Über Keramikknöpfe laufende Drähte signalisierten, dass der Zaun mit einer Alarmanlage gekoppelt war.
Im Zentrum des Parks standen einige Gebäude. Das große, langgestreckte Haupthaus hatte den Charakter eines englischen Landsitzes und imponierte mit roten Ziegeln und weißen Fensterläden. Es schien aus dem frühen neunzehnten Jahrhundert zu stammen.
Der Pförtner war ein junger, sonnenbebrillter Mann in Jeans und grauem Sweat-Shirt. Er ließ sich Bounts Ausweis geben und verglich das Foto mit dem Besucher. „Sie werden erwartet, Sir“, sagte er dann, öffnete die Schranke und gab den Ausweis zurück.
Bount fuhr bis vor das Haupthaus. Die Tür öffnete sich. Ein Mann Mitte der Zwanzig trat heraus. Der Mann sah nicht aus wie ein Gangster, eher wie ein junger Aufsteiger. Wie ein Mann, der sich dem Management und dem Erfolg verschrieben hat. Er hatte ein glattrasiertes, bebrilltes Gesicht und glänzte mit einem verbindlichen Lächeln.
„Mr. Cobelli erwartet Sie, Sir.“ Minuten später trat Bount dem Syndikatsboss gegenüber. Cobelli zählte mit seinen 55 zu den fast schon legendären Figuren der Szene, die immer wieder in den Medien als Drahtzieher des Big Business erwähnt wurden, denen man bislang aber nichts ans Zeug hatte flicken können.
Trevor Cobelli war ein mittelgroßer und keineswegs bedeutungsvoll aussehender Mann, der auf Anhieb vor allem durch seine stramme, soldatische Haltung auffiel. Sein Scheitel war exakt gezogen. Das silbergraue Haar wirkte wie pomadisiert. Cobelli hatte eine fahle, blasse Haut, die vermuten ließ, dass es mit seiner Gesundheit nicht zum Besten stand. Seine Augen waren ungewöhnlich hell. Der schmale Mund machte deutlich, dass Cobelli nicht unter Gefühlsneurosen litt.
Der Raum, in dem die beiden Männer zusammentrafen, war schlicht, aber elegant möbliert. Eine Längswand war mit dicht gefüllten Buchregalen bestückt. Cobelli gab Bount nicht die Hand, zeigte jedoch ein freundliches