Die Stunde der Apachen: 12 Romane einer großen Western-Saga. Pete Hackett

Die Stunde der Apachen: 12 Romane einer großen Western-Saga - Pete Hackett


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ein dichtes Gebüsch, zwischen dem einige Felsbrocken lagen. Kein 100-prozentig sicherer Schutz, aber er musste das Risiko eingehen. Er durfte sich nicht hier hinter dem Felsen festnageln lassen.

      Also setzte er zum Spurt an. Geduckt lief er in Zickzacklinie auf die dürren Büsche zu, die ihm als einzige Schutz versprachen. Die Gewehre seiner Gegner krachten. Mit einem Hechtsprung warf er sich dahinter, ruderte mit dem Karabiner, weil er keinen Halt fand, und stürzte aufs Gesicht. Schüsse krachten. Die Kugeln peitschten durchs Gebüsch, konnten ihm aber nichts anhaben, denn er lag hinter einem der Gesteinsbrocken, an dem die eine oder andere Kugel abprallte oder quarrend abgefälscht wurde.

      Der Lieutenant aus Fort Wingate hielt nach der nächsten Deckung Ausschau...

      Whitlock war es unter Pattys Feuerschutz gelungen, sich wieder ein Stück hangaufwärts zu kämpfen. Der Schweiß rann dem Lieutenant in die Augen und entzündete sie. Seine Lippen waren salztrocken und rissig. Atmung und Puls hatten sich beschleunigt. Jetzt kauerte er gepresst atmend hinter einem Felsbrocken, holte eine Schachtel Patronen aus der Kugeltasche und begann, den Karabiner nachzuladen.

      Patrone um Patrone drückte er in das Magazin. Dann war es voll. Er lud durch, spähte über den Felsen, äugte nach der nächsten Deckung, und stieß sich ab.

      Mit langen Sätzen hetzte er geduckt auf den Felsklotz zu, hinter dem er Schutz suchen wollte.

      Oben begannen die Gewehre zu hämmern. Ein furchtbarer Schlag gegen den Oberschenkel riss Whitlock halb herum. Er stürzte und rollte ein Stück hangabwärts. Um ihn herum schlugen die Kugeln ein und warfen Erdreich über ihn. Heiß fuhr es ihm über den Rücken. Dann fing er sich und robbte schnell zu einem Felsen in seiner Nähe.

      Aus der Wunde am Oberschenkel des Lieutenants sickerte dunkles Blut. Sein Rücken brannte von dem Streifschuss wie Höllenfeuer. Whitlock nahm das Halstuch ab und band es um die Wunde. Gequält sog er Luft durch die zusammengepressten Zähne in seine pumpenden Lungen.

      Aber sein Entschluss, sich die Kerle auf dem Hügel zu holen, war unumstößlich.

      *

      »Lass uns verschwinden!«, stieß Glenn Farley hervor. »Zwei von ihnen sind entweder verwundet, oder sie schmoren in der Hölle. Sie haben nur noch drei Pferde. Wozu etwas herausfordern? Sie werden uns nicht folgen.«

      »Einen Augenblick noch!«, versetzte Scott Wilburn, dann zielte er, sein Schuss peitschte, eines der Pferde in der Ebene brach zusammen. Und schon peitschte sein nächster Schuss und ein weiteres Pferd brach vorne ein, legte sich zur Seite, keilte noch einige Male aus und lag dann still. Der letzte Pferd, das den Kavalleristen zur Verfügung stand, rannte mit fliegenden Steigbügeln und aufgestelltem Schweif davon. Wilburn senkte grinsend das Gewehr. »Jetzt verschwinden wir.«

      Sie rannten zu ihren Pferden, warfen sich in die Sättel, trieben die Tiere an und lenkten sie nach Südosten. Dort lag an der Grenze zu New Mexiko El Paso.

      *

      »Diese niederträchtigen Aasgeier!«, stieß Jack Patty zwischen den Zähnen hervor. »Die unschuldigen Kreaturen.«

      »Es sind ehrlose Lumpen«, versetzte Whitlock, äugte in Richtung des Hügelkammes und glaubte, fernen Hufschlag zu vernehmen. Er drehte das linke Ohr nach Südosten, war sich jedoch nicht völlig sicher und erhob sich vorsichtig, bereit, sich sofort wieder hinzuwerfen, sollte es auf dem Hügel aufblitzen. Jeder seiner Sinne war aktiviert, seine Muskeln waren angespannt. Aber nichts geschah. »Sie sind fort«, gab er zu verstehen.

      Auch Corporal Patty erhob sich.

      Auf dem Hügel blieb es ruhig.

      »Ich suche das Pferd«, knurrte Patty und stiefelte in die Richtung davon, in die das entsetzte Tier geflohen war.

      Whitlock ging zu Mahoney hin. Der Trooper war gestorben. Der Lieutenant drückte ihm die Augen zu. »Das werden diese Schufte büßen, Reiter Mahoney«, knurrte Whitlock, und es klang wie ein Schwur. »Ich werde sie jagen, stellen und zur Rechenschaft ziehen.«

      Alles andere zählte im Moment nicht für Tyler Whitlock. Er sah nur den toten Kameraden. Sein Hass kannte kein Verständnis und keine Zugeständnisse. Einen Moment dachte Whitlock daran, dass er seinem Auftrag zuwider handelte, wenn er sich auf diesen Trail der Rache und Vergeltung begab, aber er war nicht bereit, die Mörder ungeschoren davonkommen zu lassen. Über die Konsequenzen dachte er nicht nach.

      Nach einer halben Stunde kam der Corporal mit dem Pferd zurück. Sie begruben die beiden Soldaten unter einem Berg Steinen, dann stiegen sie auf das Pferd und ritten auf den Hügel. Das Messing der Kartuschen, die die Winchestergewehre der Banditen ausgeworfen hatten, glitzerte wie Gold. Der Corporal fand die Spur der Banditen. Die beiden Soldaten folgten ihr. Nach zwei Tagen erreichten sie Las Cruses. Die Spur hatten sie verloren. Sie meldeten sich beim Kommandanten des dortigen Militärstützpunktes und dieser stellte ihnen drei Pferde zur Verfügung. So hatte jeder ein Pferd zum Wechseln. In der Stadt erfuhren sie, dass Wilburn und seine Leute im vergangenen Herbst den Sheriff niedergeschossen hatten und seitdem in New Mexiko gesucht wurden. Die beiden Banditen hatten sich in Las Cruses nicht blicken lassen.

      Aber die Spur hatte nach Südosten geführt ...

      Whitlock und Patty saßen im Saloon und tranken ein Bier. Whitlocks Oberschenkelwunde handicapte ihn kaum. Es handelte sich um einen glatten Durchschuss. Ein Sanitäter hatte sie desinfiziert und ordentlich verbunden. Sie hatte sich bereits geschlossen.

      »El Paso«, sagte Whitlock plötzlich. »Die Schufte sind nach El Paso geritten.« Er sprach es im Brustton der Überzeugung. »Es gibt sonst keinen Ort in der Nähe, in dem sie sich verkriechen und verstärken können.«

      »Bis El Paso sind es um die vierzig Meilen.«

      »Da wir Pferde zum Wechseln haben, können wir morgen Abend dort anlangen«, knurrte Whitlock.

      »Sollten wir nicht zur Truppe zurückkehren?«, kam es zweifelnd von Corporal Patty.

      »Ich habe einen Schwur geleistet«, antwortete Whitlock grollend. »Es geht nicht nur mehr darum, ein paar Skalpjägern das Handwerk zu legen. Es geht um die Mörder einiger unserer Männer.«

      »Es ist die Sache des U.S.-Marshals, der für New Mexiko zuständig ist.«

      »Nein. Es ist meine Sache!« Whitlock sprach es mit Nachdruck, Entschiedenheit und Endgültigkeit im Tonfall.

      Sie ritten los, als es noch finster war. Es war die Stunde, in der sich die Jäger der Nacht zur Ruhe begeben und die Natur zum Leben erwacht. Sie ließen die Pferde traben. Nach jeweils zehn Meilen wechselten sie und kamen so gut voran. Und da sie sich auch nicht mehr mit Spurensuche aufhielten, erreichten sie tatsächlich am Abend El Paso. Auf der mexikanischen Seite des Rio Grande brannten Lichter. Da lag Chiudad Juarez. Nur der Fluss trennte die beiden Städte.

      El Paso war ein Hexenkessel, ein Sündenbabel. Die Stadt erwachte erst am Abend richtig zum Leben – zum lasterhaften Leben. Aus den Tingeltangel-Betrieben trieb Gitarren- und Klaviermusik, Betrunkene torkelten durch die Straßen und Gassen, die Stadt war voll von verworrenem Lärm.

      Whitlock und Patty meldeten sich in Fort Bliss. Die Kommandantur hatte schon geschlossen. Der Fortkommandant empfing sie in seiner Wohnung. Whitlock meldete, in welcher Mission sie unterwegs waren. Colonel Miles bot ihnen in seiner Wohnstube Plätze an, schenkte ihnen Drinks ein, dann setzte er sich und sagte grollend:

      »Sie hätten die Truppe nicht verlassen dürfen, Lieutenant. Sie sind für die Männer der Patrouille verantwortlich. Man wird Sie dafür vielleicht sogar vor das Kriegsgericht stellen.«

      »Es sind Mörder, Sir«, versetzte Whitlock. »Sie haben Apachen ermordet und skalpiert. Einige meiner Leute fielen ihren Kugeln zum Opfer.«

      »Was war Ihre Order, Lieutenant?«


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