Jahrbuch der Baumpflege 2020. Группа авторов

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entfalten sie sich dann wieder. Wenn man eine Robinie im Wohnumfeld kennt, ist es interessant, sich das mal zu verschiedenen Tageszeiten (und nachts) anzusehen. Wir haben es mehrmals bis zu 72 Stunden lang untersucht.

      Es findet nur an einigen Fiederblättchen eine gelbe bis hellgrüne Herbstfärbung statt. Diese werden nach dem Blattfall kein Streitfaktor, da sie sehr klein sind und sich beim Eintrocknen einrollen.

      Etwas ungewöhnlich ist die Einblatt-Robinie (Sorte ‘Unifoliola’): Erst durch die Dornen, Blüten oder Früchte erkennt man die Baumart. Die (einzigen) Endblättchen sind bis zu 15 cm lang.

      Die zwittrigen weißen Blüten öffnen sich Ende Mai, wenn die meisten einheimischen Baumarten (u. a. Obstbäume) bereits verblüht sind (Abbildung 4). Sie hängen in reichblütigen langen Trauben aus den Kronen heraus, sind eine Augenweide und duften intensiv aromatisch, so dass man Robinien in dieser Zeit sehr gut am angenehmen Geruch erkennen kann. Die Zahl der Blüten an einem älteren Baum kann 1 Million erreichen, und es entsteht tagsüber eine eindrucksvolle Geräuschkulisse durch Bienen, welche die Bestäubung vornehmen. Bekannt ist der aromatisch schmeckende „Akazienhonig“ von Robinienblüten, für viele Imker ist die Baumart daher sogar ihr Lieblingsbaum. Da sie zu den Schmetterlingsblütlern gehört, weist die Einzelblüte vier Kronblätter mit Fahne, Flügeln und Schiffchen auf. Der Blütenfall nach dem Verblühen kann zu geringfügigen Belästigungen führen, da es sehr viele Blütenblätter sein können, aber diese trocknen dann schnell zu kleinen Krümeln ein.

      Die Früchte sind Hülsen, sehen also bohnenähnlich aus und sind 5–10 cm lang, sie werden jedes Jahr in Massen produziert und sind ebenso wie die Blätter giftig.

       Abbildung 2: Typischer Habitus einer blühenden alten Robinie mit schiefem Stamm und breiter Krone

       Abbildung 3: Mit etwa 320 Jahren die vermutlich älteste Robinie Deutschlands mit markantem Stamm (BHU 6,55 m)

       Abbildung 4: Ansicht eines Robinien-Waldrandes mit Blütenmeer Ende Mai

       Abbildung 5: Wurzelbrut (links) einer Robinie (Mutterbaum rechts) aus oberflächennahen Wurzeln

      Es entwickelt sich zunächst eine Pfahlwurzel, die selten bis zu 8 m tief in Felsspalten eindringen kann, ansonsten ein Herzwurzelsystem mit einer Tiefe bis zu 2 m. Bei entsprechenden Bodenverhältnissen (Felsen, Bodenverdichtung oder -vernässung) kann es auch zur Bildung eines Flachwurzelsystems und zu Bodenbelagshebungen durch oberflächennahe Wurzeln kommen. Aus solchen oberflächennahen Horizontalwurzeln wachsen zudem viele Schösslinge hervor, die sog. Wurzelbrut (Abbildung 5). Diese kann so intensiv werden, dass sich Robinien nur noch schwer vom Standort entfernen lassen. Man kann sie damit aber auch gezielt zur Böschungsbefestigung einsetzen. Die Robinie ist zudem sehr stockausschlagfreudig, allerdings nur bei vollem Lichtgenuss.

      Sie gehört zur Familie der Schmetterlingsblütler („Leguminosen“), wie auch der Schnurbaum und die Gleditschie. Ihr zweiter deutscher Name Scheinakazie deutet auf Ähnlichkeiten zu den (sub)tropischen Akazien hin, was Fiederblätter, Früchte und Dornen betrifft.

       2 Vorkommen und Ökologie

      Die Heimat der Robinie ist das östliche Nordamerika, seit ihrer Einführung nach Europa am Anfang und nach Deutschland Mitte des 17. Jahrhunderts fand sie hier schnell viele Liebhaber. Auch weltweit ist sie inzwischen neben Eukalyptus und Pappeln eine der am häufigsten gepflanzten Baumarten. Zum einen wegen der genannten ästhetischen Eigenschaften, aber auch weil sie durch ihre Wurzelbrut ideal zur Böschungsbefestigung und zur Kultivierung auf problematischen Bödengeeignet ist – durch ihre Bakteriensymbiose an den Wurzeln ist sie weitgehend unabhängig vom Standort, zumindest was den Stickstoffbedarf betrifft, und düngt so den Boden mit Stickstoff (was heutzutage bei den hohen Stickstoffeinträgen aus der Luft eher nachteilig ist). Zudem ist sie sehr trockenheitstolerant, was man eindrucksvoll auf südexponierten Felsen erleben kann (Abbildung 6). So wurden auf ostdeutschen Sandstandorten ganze Robinienwälder angepflanzt sowie Tagebau-Kippen (Halden) und Deponien mit der Baumart „Robiensche“ (Mundart) aufgeforstet. Regional erinnert dies bei uns an die ungarische Puszta mit ihren großflächigen Robinienwäldern. Die trockenen Sommer 2018 und 2019 hat sie meist gut überstanden.

      Die nichtheimische Baumart gilt als potenziell invasiver Neophyt, breitet sich also teilweise intensiv von selbst aus, weshalb man sie nicht in der Nähe von Naturschutzgebieten (vor allem Trockenrasen) verwenden sollte. Denn dort kann sie durch das Einwandern mit ihrer Wurzelbrut zu einem Problem werden. Wenn man den Mutterbaum absägt, wird die Wurzelbrut intensiviert. Andererseits können mit kaum einer anderen Baumart schwierige Standorte so einfach begrünt werden. Die Invasivität wird für die Robinie daher kontrovers diskutiert. Ich neige zur Gelassenheit, da ihr mit Blick auf die Zukunft (Erwärmung, mehr Trockenstress und Versiegelung von Stadtstandorten) ein großes Potenzial zuzutrauen ist.

      Die Robinie ist eine Pionierbaumart, d. h. sie besiedelt von Natur aus vor allem Freiflächen und ist daher auf Freilandstrahlung, Temperaturextreme und schwierige Bodenverhältnisse vorbereitet. Sie hat einen hohen Lichtbedarf und lässt zugleich viel Licht durch ihre Krone hindurch, so dass sich zusammen mit der Stickstoffdüngung ihrer Wurzeln eine kräftige Krautschicht am Boden entwickelt, nicht selten auch eine Strauch- oder zweite Baumschicht im Unterstand.

      Die Nährstoffansprüche der Robinie sind sehr gering, ebenso der Wasserbedarf. Der Lichtbedarf ist nach Pflanzung bereits in der Jugend anspruchsvoller, bei Wurzelbrut mäßig, da diese noch vom Mutterbaum mitversorgt wird. Ab frühem Alter benötigt sie dann eine freie Krone. Die Frosthärte beträgt -25° C, auch -40° C werden genannt.

      Die Robinie toleriert auch alkalische Böden, sie wächst in leichten/sandigen, schweren/tonigen oder durchlässigen Böden und ist immissions- und salztolerant. Sie kommt auch relativ gut mit Bodenverdichtung und Überschüttung zurecht. Als Solitärgehölz kann sie ihre Wirkung besonders gut entfalten und ist strahlungstolerant.

      Aufgrund der relativ späten Blüte und intensiven Insektenbestäubung ist die Robinie ein wertvoller Lebensraum für viele Tierarten, was von Naturschutzseite positiv bewertet wird. Auch die Lichtdurchlässigkeit der Kronen ist dafür günstig. Viele Pilzarten besiedeln problemlos das Holz und absterbende Äste, Misteln die Krone, Efeu den Stamm. Bei Spechten ist die Baumart sehr beliebt, da sie bereits früh Hohlräume im Stamm entwickelt.

       Abbildung 6: Robinie auf südexponiertem Felsen mit Stammdurchmesser 1,70 m, an den Stein gepresst

       3 Nutzung, Verwendung, Heilkunde und Mythologie

      Das Holz der Robinie ist durch einen ausgeprägten grünlichgelben Farbkern attraktiv und erzielt bei geradem Wuchs gute Preise. Das Kernholz muss man wegen seiner


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