Im Sonnenwinkel Staffel 3 – Familienroman. Patricia Vandenberg

Im Sonnenwinkel Staffel 3 – Familienroman - Patricia Vandenberg


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Gedanken überstürzten sich.

      Hasso von Sillberg musste jetzt wohl Felix Münster erkannt haben, denn plötzlich wandte er sich um und rannte davon. Onkel Alois war darob verblüfft, er warf über die Schulter hinweg Felix einen fragenden Blick zu.

      »Ich habe doch nur gesagt, dass er ausweichen soll«, murmelte er.

      Aber Felix hörte gar nicht richtig hin, sondern lief Hasso von Sillberg nach. »Felix«, rief Sandra, »bleib hier! Leg dich nicht mit ihm an!«

      Alois Frenzel stand auf dem Sprung. »Hat er etwas auf dem Kerbholz?«, fragte er Sandra, die nun ebenfalls zu laufen begann. Sie nickte mechanisch. »Bleiben Sie zurück!«, rief er und setzte sich in Bewegung.

      Verstört rannten Thomas und Ulrike zu ihren Eltern. Thomas umklammerte seine Mutter, Ulrike ihre. Und Artur Frenzel half Sandra, die gestolpert war, auf die Beine.

      »Felix! Felix!«, schrie Sandra in höchster Angst, die sie sich selbst nicht erklären konnte.

      *

      »Das ist Sandra«, sagte Bambi aufgeregt. »Mit Onkel Felix ist was passiert.« Jonny zerrte an seiner Leine, und sein Knurren klang gefährlich.

      »Lass ihn los, Opi!«, drängte Bambi atemlos. »Er will Onkel Felix helfen!«

      Magnus von Roth gab den Hund frei, der wie der Wind davonstob. Wer hätte ihm schon folgen können. Jetzt konnten sie nur beten. Und das tat Bambi dann auch gleich.

      »Lieber Gott, lass bloß Onkel Felix nichts passiert sein«, sagte sie. Sie wollte den Männern nach, die davonhasteten, aber Hannes hielt sie zurück.

      »Du bleibst hier«, erklärte er energisch. »Du Butzerl kannst gar nichts tun. Einer muss ja auf dich aufpassen. Jonny ist schlau. Ihm wird schon nichts passieren.«

      Ein gellender Angstschrei zerriss die Luft. Hannes zog Bambi ganz fest an sich und umklammerte ihre Arme. Ein zweiter Schrei folgte und dann hörte man Stimmen. –

      Jonny war buchstäblich geflogen, und wie ein Raubtier sprang er den Mann an, der durch den Wald hetzte.

      Niemand hatte den folgsamen, wohlerzogenen Jonny bisher so gesehen. Niemand hatte ihn je so fauchen gehört, und seine scharfen Zähne gruben sich in das Bein des Mannes, der ihm hatte entkommen wollen und nun um sein Leben schrie.

      »Lass aus, Jonny!«, sagte Felix Münster keuchend.

      Jonny lockerte den Biss, aber seine Zähne verbissen sich in das zerfetzte Hosenbein. Seine Beute lag vor ihm schmutzig, zerkratzt und hilflos.

      Hasso von Sillberg sah gewiss nicht mehr aus wie ein Playboy. Er konnte auch nicht mehr fliehen. Er war umringt, denn nun waren auch Magnus von Roth und Werner Auerbach herangekommen.

      Den Männern wurde in diesem Augenblick klar, dass sie den Mann gefunden hatten, dem der Handschuh gehörte, der aus blindem Hass über viele Wochen ihren Frieden gestört hatte. Aber noch wussten sie nicht, was er heute getan hatte.

      »Was habe ich denn getan, dass ich so behandelt werde?«, fragte Hasso von Sillberg schrill.

      »Das wird sich herausstellen«, entgegnete Felix Münster. »Jonny, lass aus!«

      Jonny ließ nicht aus, bis es ihm auch Magnus von Roth befahl, während Werner Auerbach kopfschüttelnd Hasso von Sillberg anblickte. Er hielt den Handschuh zwischen seinen Fingern.

      »Gehört der Ihnen, Herr von Sillberg?«, fragte er dumpf.

      Er bekam keine Antwort.

      *

      Für Alois Frenzel war dieser dramatische Zwischenfall beendet. Er wusste ja nicht, welche Hintergründe und welche Folgen er hatte. Er hatte nur zur Kenntnis genommen, dass man ihn darüber noch informieren wolle. Und jetzt wollte er in der Sternsee-Klinik Bescheid sagen, dass Thomas und Ulrike mit ihren Eltern heimgefahren wären.

      Die beiden Kinder waren so aufgeregt gewesen, dass sich Artur und Jenny Frenzel zu diesem Entschluss durchgerungen hatten, als Alois echauffiert zu ihnen zurückgekehrt war.

      »Ilse soll aber auch bei euch bleiben, bis ich komme«, hatte er noch gesagt. Dagegen gab es auch keinen Widerspruch.

      »Vielleicht war das der Wilderer, der immer geschossen hat«, meinte Thomas unterwegs.

      »Ein Wilderer?«, fragte seine Mutter ängstlich.

      »Er hat immer Rehlein geschossen«, flüsterte Ulrike.

      »Wir haben es knallen hören«, schloss Thomas sich an. »Ich bin vielleicht stolz auf Onkel Alois, wenn er ihn geschnappt hat.«

      »Ich auch«, echote Ulrike.

      Onkel Alois war gar nicht stolz. Er war völlig aus dem Gleichgewicht gebracht. Eben noch ein mutiger Mann, war er am Boden zerstört, als er von Leo Thewald erfuhr, was sich hier in der Sternsee-Klinik inzwischen alles zugetragen hatte.

      »Dr. Allard können Sie jetzt nicht sprechen«, sagte er. »Sie operieren noch den Grafen Jostin, der angeschossen worden ist.«

      »Angeschossen?«, fragte Alois Frenzel konsterniert.

      »Und ein schwerverletztes Kind ist heute auch noch eingeliefert worden«, erkläre Leo Thewald. »Dr. Allard wird nur froh sein, wenn Sie Ihre Kinder gleich behalten.«

      Man musste ihm zugestehen, dass er selbst noch nicht wieder ganz gegenwärtig war, als er sich so ausdrückte. Aber Alois Frenzel, der eben selbst das aufregendste Erlebnis gehabt hatte, vor dem alle anderen verblassten, nahm das gar nicht zur Kenntnis.

      »Im Wald ist eben ein Mann gestellt worden, der was auf dem Kerbholz hat«, murmelte er. »In der Nähe vom ›Seeblick‹. Ein Adliger ist es. Sillberg haben sie ihn genannt.«

      Leo Thewald war starr vor Staunen.

      Er brachte kein Wort mehr über die Lippen.

      »Sagen Sie Dr. Allard, dass ich die Rechnung begleichen werde«, bat Alois Frenzel. »Ich werde ihm mein Leben lang dankbar sein.«

      Dann ging er mit schweren Schritten zu seinem Wagen zurück, und Leo Thewald stand noch immer da und konnte nicht begreifen, was er eben gehört hatte.

      *

      »Geschafft!«, sagte Nicolas erleichtert und ließ die Kugel, die er aus Michaels Brustkorb geholt hatte, mit der Pinzette in die Schale fallen.

      »Wir müssen sie gut aufheben. Sie ist ein Beweisstück.«

      »Wenn er nur durchkommt. Was nützen uns sonst alle Beweise«, bemerkte André. Dicker Schweiß stand ihm auf der Stirn. Schwester Meta tupfte ihn nun ab.

      »Es müsste doch mit dem Teufel zugehen, wenn Sie es nicht schaffen würden«, erklärte sie bewundernd.

      Die einen flehten zu Gott, die anderen beschworen den Teufel, aber beide waren wohl an diesem Tag im Spiel gewesen. Jetzt blieb nur die Frage, wer Sieger bleiben würde. So ganz sicher waren die beiden Ärzte sich nicht. Michaels Atem ging matt, sehr matt. André saß an seinem Bett und fühlte seinen Puls, während sich Nicolas nun um Lisa kümmerte.

      Ihre Augen waren dunkel und glanzlos, und sie regte sich nicht, als er ihre Hände ergriff.

      »Sag etwas, Lisa«, drängte er, »du darfst jetzt nicht grübeln!«

      »Was ist mit Michael?«

      Es war eine seltsame Stimme, heiser und doch klangvoll.

      Nicolas legte seine Hand an ihre Wange.

      »Du musst jetzt glauben und auf Gott vertrauen!«, erklärte er eindringlich.

      »Ich will nicht leben, wenn Michael nicht lebt«, entgegnete sie. »Er hat mich lieb gehabt, so wie ich war und obgleich ich ihm nicht sagen konnte, wie sehr ich ihn liebe.«

      Nun rannen die Tränen über ihre Wangen, und er tat nichts, um sie aufzuhalten.

      »Deine Liebe wird ihm helfen, kleine Lisanne«, flüsterte Nicolas, »und


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