Der Raum, in dem alles geschah. John Bolton
Dollar direkt an Kandidaten verteilte und in die Wahlkampagnen 2014 und 2016 Millionen an unabhängigen Ausgaben steckte und mich darauf vorbereitete, dies 2018 erneut zu tun. Ich hatte viel zu tun. Aber ich hatte auch in den letzten drei republikanischen Regierungen gedient,4 und internationale Beziehungen hatten mich seit meiner Zeit am Yale College fasziniert. Ich war bereit, mich wieder hineinzustürzen.
Neue Gefahren und Chancen kamen schnell auf uns zu, und acht Jahre Barack Obama bedeuteten, dass es viel zu reparieren gab. Ich hatte lange und intensiv über die nationale Sicherheit Amerikas in einer stürmischen Welt nachgedacht: Russland und China auf strategischer Ebene; Iran, Nordkorea und andere schurkische Atomwaffen-Aspiranten; die brodelnden Gefahren des radikal-islamistischen Terrorismus im turbulenten Nahen Osten (Syrien, Libanon, Irak und Jemen), in Afghanistan und darüber hinaus; und die Bedrohungen in unserer eigenen Hemisphäre wie Kuba, Venezuela und Nicaragua. Auch wenn außenpolitische Labels wenig hilfreich sind, außer für die intellektuell Faulen, bezeichnete ich meine Politik, wenn ich dazu gedrängt wurde, als »pro-amerikanisch«. Ich folgte Adam Smith im Bereich Wirtschaft, Edmund Burke im Bereich Gesellschaft, den »Federalist Papers« zum Thema Regierung und einer Kombination aus Dean Acheson und John Foster Dulles, wo es um nationale Sicherheit ging. Meinen ersten politischen Wahlkampf führte ich 1964 im Namen von Barry Goldwater.
Ich kannte leitende Funktionäre der Trump-Kampagne wie Steve Bannon, Dave Bossie und Kellyanne Conway von früheren Verbindungen her und hatte mit ihnen darüber gesprochen, der Trump-Regierung beizutreten, falls es dazu kommen sollte. Als der Übergang begann, hielt ich es für vernünftig, meine Dienste als Außenminister anzubieten, so wie andere auch. Als Chris Wallace am Morgen des 9. November, nachdem das Rennen entschieden war, vom Fox-Set kam, schüttelte er mir die Hand und sagte mit einem breiten Lächeln: »Herzlichen Glückwunsch, Herr Minister.« Natürlich mangelte es nicht an Bewerbern für die Leitung des Außenministeriums, was endlose Spekulationen in den Medien darüber auslöste, wer der »Spitzenreiter« war, angefangen bei Newt Gingrich, über Rudy Giuliani, dann zu Mitt Romney und wieder zurück zu Rudy. Ich hatte mit jedem von ihnen zusammengearbeitet und respektierte jeden von ihnen, und jeder war auf seine Weise glaubwürdig. Ich schenkte dem Thema besondere Aufmerksamkeit, weil es ständig Gerede gab (ganz zu schweigen von Drängen), dass ich mich damit zufriedengeben sollte, stellvertretender Minister zu werden, was natürlich nicht meine Präferenz war. Was als Nächstes kam, demonstrierte Trumpsche Entscheidungsfindung und war für mich eine warnende Lehre (oder hätte eine sein sollen).
Während alle frühen »Anwärter« in philosophischer Hinsicht weitgehend konservativ waren, brachten sie unterschiedliche Hintergründe, unterschiedliche Perspektiven, unterschiedliche Stile, unterschiedliche Vor- und Nachteile mit. Gab es unter diesen Kandidaten (und weiteren, wie dem Senator von Tennessee Bob Corker und dem ehemaligen Gouverneur von Utah Jon Huntsman) gemeinsame, konsistente Eigenschaften und Errungenschaften, nach denen Trump suchte? Offensichtlich nicht. Beobachter hätten fragen sollen: Welches ist das wahre Prinzip, das Trumps Personalauswahlverfahren bestimmt? Warum nicht Giuliani als Justizminister, ein Posten, für den er wie geschaffen war? Romney als Stabschef des Weißen Hauses, der seine unbestreitbaren strategischen Planungs- und Führungsfähigkeiten mitbrächte? Und Gingrich, der seit Jahrzehnten kreativ theoretisiert, als Innenpolitik-Zar des Weißen Hauses?
War Trump nur auf der Suche nach austauschbaren Jedermännern? Es wurde viel aus seiner angeblichen Abneigung gegen meinen Schnurrbart gemacht. In Wahrheit hat er mir gesagt, dass das nie ein Faktor war, und erwähnte, dass sein Vater auch einen hatte. Anders als Seelenklempner und Menschen, die sich zutiefst für Sigmund Freud interessieren, zu denen ich sicher nicht gehöre, glaube ich nicht wirklich, dass mein Aussehen in Trumps Denken eine Rolle gespielt hat. Und wenn es das tat, dann sei Gott unserem Land gnädig. Attraktive Frauen fallen dagegen in eine andere Kategorie, wenn es um Trump geht. Loyalität war der Schlüsselfaktor, was Giuliani in den Tagen nach der Veröffentlichung des »Access Hollywood«-Videos5 Anfang Oktober zweifelsfrei bewiesen hatte. Lyndon Johnson soll einmal von einem seiner Berater gesagt haben: »Ich will echte Loyalität. Ich will, dass er mir mittags am Fenster von Macy’s in den Arsch kriecht und mir sagt, dass er nach Rosen riecht.« Wer hätte gedacht, dass Trump so viel Geschichte studierte? Giuliani war später äußerst gnädig zu mir und sagte, nachdem er sich aus dem Gerangel über das Außenministeramt zurückgezogen hatte: »John wäre wahrscheinlich meine Wahl. Ich finde John großartig.«6
Der designierte Präsident rief mich am 17. November an, und ich gratulierte ihm zu seinem Sieg. Er erzählte von seinen jüngsten Gesprächen mit Wladimir Putin und Xi Jinping und hatte ein Treffen mit dem japanischen Premierminister Shinzo Abe am Nachmittag vor sich. »Wir werden Sie in den nächsten Tagen hier bei uns haben«, versprach Trump, »und wir ziehen Sie für eine Reihe von Möglichkeiten in Betracht.« Einige der ersten personellen Ankündigungen des neuen Präsidenten erfolgten am nächsten Tag: Jeff Sessions wurde als Justizminister ausgewählt (wodurch diese Option für Giuliani wegfiel), Mike Flynn als Nationaler Sicherheitsberater (wodurch Flynns unermüdlicher Dienst während des Wahlkampfs angemessen belohnt wurde) und Mike Pompeo als CIA-Direktor. (Einige Wochen nach Flynns Ernennung sagte Henry Kissinger zu mir: »Innerhalb eines Jahres ist er weg vom Fenster.« Obwohl er nicht wissen konnte, was passieren würde, wusste Kissinger, dass Flynn den falschen Job hatte.) Im Laufe der Tage wurden immer mehr Kabinetts- und leitende Positionen im Weißen Haus öffentlich gemacht, darunter am 23. November South Carolinas Gouverneurin Nikki Haley als UN-Botschafterin mit Kabinettsrang – ein bizarrer Schritt, wo doch der Posten des Außenministers noch nicht besetzt war. Haley hatte keine Qualifikationen für diesen Job, aber er war ideal für eine Person mit Präsidentschaftsambitionen, der es bei einem späteren Wahlkampf nützen würde, in ihrem Lebenslauf bei »Außenpolitik« ein Häkchen setzen zu können. Kabinettsrang oder nicht, die UN-Botschafterin war Teil des Außenministeriums, und eine kohärente US-Außenpolitik kann nur einen Außenminister haben. Doch hier war Trump, der untergeordnete Positionen im Universum des Außenministeriums besetzte, ohne dass ein Außenminister in Sicht war. Es musste per Definition zu Schwierigkeiten kommen, vor allem als ich von einem von Haleys Mitarbeitern hörte, dass Trump sie als Ministerin in Betracht gezogen hatte. Haley, so ihr Mitarbeiter, lehnte das Angebot wegen mangelnder Erfahrung ab, die sie offensichtlich als UN-Botschafterin zu erwerben hoffte.7
Jared Kushner, dem mich Paul Manafort während des Wahlkampfs vorgestellt hatte, rief mich an Thanksgiving an. Er versicherte mir, dass ich »noch durchaus im Rennen« für den Außenministerposten sei und »in einer ganzen Reihe von unterschiedlichen Kontexten. Donald ist ein großer Fan von Ihnen, wie wir alle.« Unterdessen berichtete die New York Post über die Entscheidungsfindung in Mar-a-Lago an Thanksgiving und zitierte eine Quelle: »Donald lief umher und fragte jeden, den er traf, danach, wer sein Außenminister sein sollte. Es gab eine Menge Kritik an Romney, und viele Leute mögen Rudy. Es gibt auch viele Leute, die für John Bolton plädieren.«8 Ich wusste, ich hätte mich bei der Vorwahl in Mar-a-Lago stärker einsetzen sollen! Natürlich war ich dankbar für die beträchtliche Unterstützung, die ich unter israelfreundlichen Amerikanern (Juden und Evangelikalen gleichermaßen), Anhängern des Zweiten Verfassungszusatzes, kubanischen, venezolanischen, taiwanesischen Amerikanern und Konservativen im Allgemeinen hatte. Viele Leute setzten sich bei Trump und seinen Beratern für mich ein, als Teil des ehrwürdigen Übergangs-Lobbyings.
Die sich ausbreitende Unordnung der Übergangsphase spiegelte zunehmend nicht nur organisatorische Misserfolge wider, sondern auch den grundlegenden Entscheidungsstil Trumps. Charles Krauthammer, ein scharfer Kritiker Trumps, sagte mir, dass es falsch von ihm gewesen sei, Trumps Verhalten einmal als das eines elfjährigen Jungen bezeichnet zu haben. »Ich lag um zehn Jahre daneben«, bemerkte Krauthammer. »Er ist wie ein Einjähriger. Alles wird durch das Prisma gesehen, ob es Donald Trump nützt.« So sah der Personalauswahlprozess von außen sicherlich aus. Wie mir ein republikanischer Stratege sagte, war der beste Weg, Außenminister zu werden, »zu versuchen, der letzte Mann zu sein, der noch steht«.
Der gewählte Vizepräsident Pence rief am 29. November an und bat um ein Treffen in Washington am nächsten Tag. Ich kannte Pence von seiner Tätigkeit im Auswärtigen Ausschuss des Repräsentantenhauses her; er war ein solider Verfechter einer starken nationalen Sicherheitspolitik. Wir führten eine leichte Unterhaltung über eine Reihe von außen- und verteidigungspolitischen