Seewölfe Paket 33. Fred McMason

Seewölfe Paket 33 - Fred McMason


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      Kaum bumste die Steuerbordseite der Schebecke mit samtweichem Klang an die Backbordseite der „Respeto“, da fegte der Profos bereits mit einem wilden Satz von dem einen Schanzkleid zum anderen, sprang auf die Kuhl der Galeone und räumte mit einem wüsten Schwinger einen Kerl ab, der ihn dämlich anglotzte.

      Der Kerl sauste in gestrecktem Flug in ein paar Pützen mit Seewasser, die auf der vorlichen Kuhl zum Bewässern der Back bereitstanden. Es schepperte und spritzte. Eine Pütz rollte dem Profos vor die Füße – maßgerecht. Er brauchte nur zuzutreten.

      Das Ding aus Hartholz flog dem Bootsmann der „Respeto“ unters Kinn, und das mußte aus Glas sein, auch wenn der Kerl die Figur eines Kleiderschranks hatte. Er kriegte glasige Augen, sackte zusammen und versammelte sich auf den Planken.

      Damit hatte es sich schon, auch wenn Capitán Pigatto Zeter und Mordio schrie. Seine Kerle waren keine harten Kämpfer und zudem von den nächtlichen Löscharbeiten mächtig abgeschlafft. Für „englische Schnapphähne“, Barbaresken-Teufel oder französische Korsaren – wie sie Hasard zitiert hatte – wäre die „Respeto“ eine leichte Beute gewesen, ja, sie wäre ihnen regelrecht in den Schoß gefallen.

      Inzwischen waren beide Schiffe miteinander vertäut und an die vierzehn Arwenacks dem Profos gefolgt, aber da gab’s nichts mehr durchzuklopfen. Zur Leiche wurde der knubbelnasige Kapitän auch nicht, nur schimpfen tat er, stellte dies jedoch ebenfalls ein, als ihm der Profos drohend auf den Leib rückte und ein paar Maulschellen anbot.

       3.

      Hasard und Ferris Tucker – sie hatten sich nasse Leinentücher vor Nase und Mund gebunden – drangen unter Deck zur Piek im Bugraum vor. Arwenacks mit Wasserpützen folgten ihnen und bildeten eine Kette. Auch sie trugen nasse Tücher vor Nase und Mund.

      In dem Vorraum zur Piek herrschte eine Bullenhitze, ganz abgesehen von dem Qualm. Ohne Rücksicht darauf, ob ein Luftzug den Schwelbrand zum hellen Feuer anfachen konnte, stieß Ferris Tucker im Raum vor der Piek eine Luke auf, die auf die Back führte. Jetzt konnte hier zumindest der Rauch abziehen, so daß die Sicht freier wurde. Die Augen tränten ihnen bereits.

      Die Querwand zur Piek fühlte sich warm an. Hinter ihr mußte eine unbeschreibliche Hitze herrschen. Hasard und Ferris klatschten ein paar Pützen mit Wasser gegen das Holz. Pützen wurden nachgereicht. Es dampfte in dem Vorraum wie in einer Waschküche.

      Hasard hielt eine Wasserpütz bereit und nickte seinem riesigen Schiffszimmermann zu. Ferris Tucker wußte, was er meinte. Er riß das Schott zur Vorpiek auf und sprang zur Seite. Schwarzer Qualm quoll aus dem Raum, zusammen mit glühendheißem Dunst.

      Hasard schüttete mit Schwung Wasser in die Vorpiek und in schneller Folge weitere Pützen hinterher. Drinnen zischte und dampfte es. Eimer um Eimer wurde entleert, Big Old Shane löste Hasard ab, der keuchend und hustend an Oberdeck stieg, um frische Luft zu schnappen. Er sah aus, als sei er einer Bratröhre entstiegen. Aus seinem schwarzen Gesicht leuchteten nur die eisblauen Augen und die weißen Zähne.

      „Lange haben Sie’s da unten auch nicht ausgehalten!“ höhnte der knubbelnasige Kapitän.

      Hasard spülte das Leinentuch in einer Pütz aus und musterte den Kapitän eisig.

      „Das mag sein“, sagte er, „aber dafür haben wir jetzt das Piekschott geöffnet und gehen den Schwelbrand, unmittelbar an, was Sie bisher nicht für nötig gehalten haben, Sie Schwachkopf!“

      Pigatto erbleichte und ächzte.

      „Was denn?“ stieß er hervor. „Sie haben das Schott geöffnet? Sind Sie verrückt geworden? Bei Luftzufuhr brennt das Zeug sofort lichterloh!“

      „Quatsch!“ sagte Hasard. „Bei mir hat’s nur gezischt und gedampft, von lichterloh kann keine Rede sein …“

      Bei dem Knubbelnäsigen gingen die Gäule durch. „Wenn mein Schiff verbrennt, werden Sie mir dafür haften müssen!“ brüllte er. „Das Schott zur Vorpiek durfte nicht geöffnet werden. Das war ein Befehl von mir – und noch bin ich der Kapitän auf meinen Schiff, nicht Sie – Sie – Sie Brandstifter!“

      Bevor Hasard reagieren konnte, hatte schon der Profos zugepackt, der hinter Pigatto stand. Er griff ihm ins Genick, wirbelte ihn herum und trat ihm den rechten Stiefel, Marke Themsekahn, in den Hintern.

      Der ehrenwerte Capitán wurde davonkatapultiert und suchte sich als Landeplatz den Backbordniedergang zum Achterdeck aus, das heißt, er sauste, Kopf voran, in die Lücke zwischen unterster Stufe und Decksplanken. Dort stieß er hinein und verschwand bis zum Achtersteven. So blieb er zunächst liegen.

      „Mußte das sein?“ fragte Hasard seinen Profos.

      Fast hätte Carberry mit „aye, aye, Sir!“ geantwortet, aber er bremste sich rechtzeitig und schnarrte: „Señor Capitán! Sie wurden als Geleitzugführer und damit Befehlshaber über den gesamten Konvoi mit dem schimpflichen Ausdruck ‚Brandstifter‘ belegt, was ich als Profos mit einer sofortigen Disziplinarmaßnahme ahnden mußte. Ich bin dabei noch sehr glimpflich mit diesem rübennäsigen Affenarsch umgegangen.“

      „Ähem!“ äußerte der „Geleitzugführer“ und „Befehlshaber über den gesamten Konvoi“, denn er hatte Mühe, sein Grinsen zu unterdrücken.

      Der Profos merkte es nicht, denn er spähte mit schmalen Augen zum Niedergang, wo der Kapitän Maßnahmen eingeleitet hatte, sich aus seiner Zwangslage zu befreien. Ächzend und strampelnd schob er sich auf dem Bauch rückwärts aus der Falle. Dann hob er den Kopf zu früh und stieß ihn sich an der untersten Stufe. Da frohlockte der Profos, denn er empfand immer Wohlwollen, wenn sich ein Don selbst und in eigener Person Schmerzen zufügte.

      „Am besten, wir beachten ihn nicht weiter“, sagte Hasard, „aber wenn er weiter herummotzt, kannst du ihm ja ein bißchen auf die Zehen treten. Behalte auch die anderen Burschen im Auge. Auf dem Achterdeck steht der Erste Offizier, und der sieht mir ganz danach aus, als habe auch er seine Lektion noch nicht gelernt.“

      Carberry schaute unauffällig hin und nickte dann. Dieser dürre Hecht mit dem verkniffenen Gesicht und den böse funkelnden Augen wirkte tatsächlich so, als habe er eine Qualle verschluckt und sie noch nicht richtig verdaut. Oder sie glitschte ihm noch im Geierhals herum und hatte sich mit dem Adamsapfel angelegt, der rauf und runter turnte, als sei er auf der Flucht.

      „Ich passe auf, verlaß dich drauf, Capitán“, sagte der Profos.

      Hasard band sich das nasse Leinentuch wieder vor Nase und Mund und stieg ins Vorschiff hinunter, um Big Old Shane abzulösen. Sie nickten sich nur zu, und der graubärtige Riese verschwand nach oben.

      Der Seewolf hatte den Eindruck, als habe die glühende Hitze nachgelassen. Mit einem Bootshaken stocherte er vom Schott aus in der Vorpiek herum, spürte Widerstand und zog. Was er durchs Schott in den Vorraum beförderte, war ein Packen von drei aufeinander verschnürten Seegrasmatratzen. Die unterste war ziemlich verkohlt.

      „Über Bord mit den Dingern“, befahl er.

      Blacky und Gary Andrews packten zu und hievten den triefenden und stinkenden Packen durch die Luke auf die Back. Oben griffen die beiden Zwillinge zu, schleppten den Packen zum Schanzkleid und schleuderten ihn mit Schwung darüber und ins Wasser. Tatsächlich zischte es dort noch einmal auf.

      Danach gellte ein Schrei, und der ihn ausstieß war wiederum Kapitän Pigatto. Nachdem er unter dem Niedergang hervorgekrochen war, hatte er sich auf eine der Stufen gesetzt und etwas teilnahmslos gewirkt. Jetzt erwachte er zu neuem Leben.

      „Meine Matratzen!“ schrie er, sprang zum Schanzkleid und stierte mit Entsetzen zu der Stelle, wo auf dem Wasser nur noch eine grauschwarze Wolke waberte. Die Matratzen waren inzwischen abgesoffen.

      Der Kapitän wirbelte herum und brüllte zur Back hoch: „Ich verbiete, daß mein Schiff noch weiter ausgeplündert wird! Das geht zu weit! Die Matratzen gehören zu meinem Schiffsinventar!“

      Der Profos walzte auf ihn


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