Das goldene Vließ. Franz Grillparzer

Das goldene Vließ - Franz Grillparzer


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Sieh ich vertrau' dir's an, bewahre mir's

      (Mit erhöhter Stimme.)

      Und gibst du's nicht zurücke, unbeschädigt

       Nicht mir dem Unbeschädigten zurück

       So treffe dich der Götter Donnerfluch

       Der über dem rollt, der die Treue bricht.

       Nun ist mir leicht! Nun Rache, Rache, Rache!

       Er hat mein Gut. Verwahre mir's getreu!

      Aietes.

       Nimm es zurück!

      Phryxus.

       Nein! Nicht um deine Krone!

       Du hast mein Gut, dir hab' ich's anvertraut

       Bewahre treu das anvertraute Gut!

      Aietes (ihm das Vließ aufdrängend).

       Nimm es zurück!

      Phryxus (ihm ausweichend).

       Du hast mein Gut, verwahr' es treu!

       Sonst Rache, Rache, Rache!

      Aietes (ihn über die Bühne verfolgend und ihm das Banner aufdringend).

       Nimm es, sag' ich!

      Phryxus (ausweichend).

      Ich nehm' es nicht. Verwahre mir's getreu!

      (Zur Bildsäule des Gottes empor.)

      Siehst du? er hat's, ihm hab' ich's anvertraut

       Und gibt er's nicht zurück, treff' ihn dein Zorn!

      Aietes.

       Nimm es zurück!

      Phryxus (am Altar).

       Nein, nein!

      Aietes.

       Nimm's!

      Phryxus.

       Du verwahrst's!

      Aietes.

       Nimms!

      Phryxus.

       Nein!

      Aietes.

       Nun so nimm dies!

      (Er stößt ihm das Schwert in die Brust.)

      Medea.

       Halt Vater halt!

      Phryxus (niedersinkend).

       Es ist zu spät!

      Medea.

       Was tatst du?

      Phryxus (zur Bildsäule empor).

       Siehst du's, siehst du's!

       Den Gastfreund tötet er und hat sein Gut!

       Der du des Gastfreunds heilig Haupt beschützest

       O räche mich! Fluch dem treulosen Mann!

       Ihm muß kein Freund sein und kein Kind, kein Bruder

       Kein frohes Mahl—kein Labetrunk—

       Was er am liebsten liebt—verderb' ihn!—

       Und dieses Vließ, das jetzt in seiner Hand

       Soll niederschaun auf seiner Kinder Tod!—

       Er hat den Mann erschlagen, der sein Gast—

       Und vorenthält—das anvertraute Gut—

       Rache!—Rache!—

      (Stirbt. Lange Pause.)

      Medea.

       Vater!

      Aietes (zusammenschreckend).

       Was?

      Medea.

       Was hast du getan!

      Aietes (dem Toten das Vließ aufdringen wollend).

       Nimm es zurück!

      Medea.

       Er nimmt's nicht mehr. Er ist tot!

      Aietes.

       Tot!—

      Medea.

       Vater! Was hast du getan! Den Gastfreund erschlagen

       Weh dir! Weh uns allen!—Hah!—

       Aufsteigt's aus den Nebeln der Unterwelt

       Drei Häupter, blut'ge Häupter

       Schlangen die Haare,

       Flammen die Blicke

       Die hohnlachenden Blicke!

       Höher! höher!—Empor steigen sie!

       Entfleischte Arme, Fackeln in Händen

       Fackeln!—Dolche!

       Horch! Sie öffnen die welken Lippen

       Sie murren, sie singen

       Heischern Gesangs:

       Wir hüten den Eid

       Wir vollstrecken den Fluch!

       Fluch dem, der den Gastfreund schlug!

       Fluch ihm, tausendfachen Fluch!

       Sie kommen, sie nahen

       Sie umschlingen mich,

       Mich, dich, uns alle!

       Weh über dich!

      Aietes.

       Medea!

      Medea.

       Über dich, über uns!

       Weh, weh!

      (Sie entflieht.)

      Aietes (ihr die Arme nachstreckend).

       Medea! Medea! (Ende.)

       Inhaltsverzeichnis

      Franz Grillparzer

      Trauerspiel in vier Aufzügen

      Personen:

      Aietes, König von Kolchis

       Medea und Absyrtus, seine Kinder

       Gora, Medeens Amme

       Peritta, eine ihrer Gespielen

       Jason

       Milo, sein Freund

       Medeens Jungfrauen

       Argonauten

       Kolcher

      Erster Aufzug

      (Kolchis.—Wilde Gegend mit Felsen und Bäumen. Im Hintergrunde ein

       halbverfallener Turm, aus dessen obersten Stockwerke ein schwaches

       Licht flimmert. Weiter zurück die Aussicht aufs Meer. Finstere

       Nacht.)

      Absyrtus (hinter der Szene).

       Dorther schimmert das Licht!—Komm hierher Vater!—

       Ich bahne dir den Weg!—Noch diesen Stein!—

       So!—

      (Auftretend und mit dem Schwert nach allen Seiten ins Gebüsch hauend.)

      Aus dem Wege unnützes Pack!

       Vater, mein Schwert macht klare Bahn!

       Aietes (tritt auf, den Helm auf dem Kopfe, ganz in einen dunkeln

       Mantel gehüllt.)

      Absyrtus.

       Wir sind an Ort und Stelle, Vater.

       Dort der Turm, wo die Schwester haust.

       Siehst das Licht aus ihrer Zelle?

       Da weilt sie und


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