Pandemie. Группа авторов

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Ohren, spürte er die Welt schwer auf sich gelegt.

      Ein Stockwerk über den beiden stand auf einem Couchtisch das Pillendöschen, geöffnet. Ausgestreckt auf dem grünen Sofa lag der alte Mann, der kein bisschen stolz war, der sich dennoch ein wenig freute, und der unendlich erleichtert war. Heulen hätte Bernhard mögen, heulen.

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      SCHLIMMER GEHT IMMER!

      Wollen wir hoffen, dass es bei Geschichten bleibt und nicht Geschichte wird.

       Mit den Storys

      •vom neuen Virus-Strang

      •von unmoralischen Angeboten

      •von der Antivirusstaffel

      •vom Verblödungsvirus

      •einer infektiösen Zukunft

      •vom verlorenen Kind

      •von den Viruskriegen

      •vom Tropenparadies und dem Rest der Welt

      Er war glücklich, alles bekommen zu haben.

      Konserven, Pasta, Mehl, Hefe, Toilettenpapier, Wasser.

      Als er das Foto seines Einkaufs online teilte, freuten sich einige mit ihm, andere beschimpften ihn als Hamsterer.

      Auch Plünderer lasen seinen Post.

      Sie kamen in der Nacht.

       (Christian Endres)

      SARS-COV-3

      von Robert Schweizer

       04.05.2023

      »Das ist nicht fair!«, sagte Martina. »Wie können sie eine solche Entscheidung jedem Einzelnen überlassen?«

      »Tun sie ja nicht«, sagte Thomas.

      »Wie meinst du das? Natürlich tun sie das!«, sagte Martina. »Du musst entscheiden, ob dir deine Sicherheit wichtiger ist, als bei mir zu bleiben!«

      »Ich müsste eine Ausnahmegenehmigung beantragen. Also ist es genau genommen nicht meine Entscheidung. Sie haben bereits entschieden.«

      »Und du ziehst den Antrag überhaupt nicht in Betracht?«

      »Wir können uns doch weiterhin sehen!«

      »Zum Mittagessen übers Tablet mit FaceTime? Einmal in der Woche durch eine Glasscheibe? Das ist doch kein Zusammenleben!«

      Thomas schwieg.

      »Das ist, wie wenn du ins Gefängnis gehen würdest!«, sagte Martina.

      »Jetzt übertreib mal nicht!«

      »Nein, es ist noch schlimmer als Gefängnis! Da könnte ich dich besuchen und in den Arm nehmen!«

      »Möchtest du, dass ich sterbe?«

      »Nein! Es muss aber eine andere Möglichkeit geben! Wenn du da hingehst, bedeutet es das Ende von uns! Sieben Jahre! – Überleg doch mal, was das bedeutet!«

      »Ich werde auf dich warten.«

      »Sieben Jahre! – Du weißt nicht, was du da sagst! Und überhaupt: Wenn wir dann beide noch leben sollten, wie viel Zeit haben wir dann wohl noch vor uns? Noch einmal sieben Jahre? Vielleicht aber auch nicht! Der Virus mutiert doch ständig. Wer weiß schon, was es das nächste Mal ist? Vielleicht eine Verlängerung der Inkubationsfrist. Und bevor sie es merken, ist er mit den nächsten neu ankommenden Corona-Rentnern auf der anderen Seite! Und dann? – Dann war alles umsonst!«

      Martina standen die Tränen in den Augen.

      »Dafür gibt es keine Hinweise«, sagte Thomas leise.

      »Es gibt auch keine Sicherheit«, sagte sie.

      »Hast du einen anderen Vorschlag?«, fragte er.

      Sie schniefte und schüttelte den Kopf.

      »Wenn ich nicht gehe, ist es nur eine Frage der Zeit, bis es mich erwischt!«, sagte er. »Je älter ich werde, desto höher das Risiko, dass es einen schweren Verlauf nimmt. Du kennst die Prognosen! Seit der Nairobi-Mutation ist statistisch gesehen spätestens mit siebenundsechzig Schluss! Da liegt die Sterbewahrscheinlichkeit schon bei über achtzig Prozent! Ich kann froh sein, dass ich es überhaupt bis hierhin geschafft habe. Vor zwei Jahren wäre es das fast für mich gewesen. Und die Schmalbach hat gesagt, dass ich zu wenig Antikörper habe. Das nächste Mal hätte ich keine Chance mehr!«

      »Es ist ein Ghetto! Ein riesiges Altersheim! Willst du da wirklich hin? Was ist das denn für ein Leben? Eines, für das sich noch zu leben lohnt?«

      Thomas stand vom Tisch auf.

      »Wo gehst du hin?«, fragte Martina.

      »Nirgends.«

      »Warum stehst du dann?«

      »Du bist nicht fair! Dann sag mir doch, welche Alternative es sonst noch gibt!«

      Martina senkte den Blick und starrte auf die Tischplatte vor sich.

      »Wenn ich wenigstens mitgehen könnte!«, sagte sie.

      »Wir haben das doch durchgerechnet. Das Geld reicht nicht, dich vorzeitig auszulösen«, sagte er. »Und Frauen erreichen halt erst fünf Jahre später die gleiche Gefährdungsstufe wie Männer. Wenn alle Frauen mitgehen würden, würde das die Wirtschaft nicht verkraften.«

      »Die Wirtschaft!«, schrie sie. »Scheiß Wirtschaft! Die ist doch eh schon am Arsch!«

      »Die Youngster können nicht alles alleine schaffen!«, sagte er. »Sie sind jetzt schon überlastet. Die Lücken in den Regalen der Supermärkte werden immer größer.«

      Sie schwieg.

      »Sie forschen weiter. Sie werden Fortschritte machen! Wahrscheinlich finden sie schon bald einen Impfstoff! Dann werden es gar nicht sieben Jahre.«

      »Du meinst so, wie die letzten drei Jahre?«, sagte sie. »Wie viele ›vielversprechende‹ Impfstoffe haben wir seitdem gesehen? Zehn? Zwanzig? Und wie viele davon hat das Virus nicht früher oder später ausmanövriert?«

      Sie flüsterte jetzt. »Wie viele denn? Hat vielleicht irgendetwas in den letzten drei Jahren geholfen?«

      Thomas ging um den Tisch und legte schweigend seine Hand auf ihre Schulter. Sie drückte ihr Gesicht gegen seinen Bauch und schluchzte hemmungslos.

       10.05.2024

      »Kim! Mein Gott! … Wie …?« Thomas stand fassungslos vor der Scheibe.

      »Hallo Papa!«, sagte Kim mit breitem Grinsen. »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!«

      »Wo ist Mama?«

      »Ich habe leider kein Geschenk für dich.«

      »Wo ist Mama?«

      Kim wurde ernst. »Sie kann leider nicht kommen. Sie hat es! Warum weißt du das nicht?«

      »Oh Gott, wie geht es ihr?«

      »Soweit gut. Sie ist noch zu Hause. Es dauert noch drei bis vier Tage, bis sich entscheidet, welchen Verlauf es nimmt.«

      »Bleibst du bei ihr? Bist du deswegen in Frankfurt?«, fragte Thomas.

      Kim nickte. »Ich bleibe bei ihr. Warum wusstest du es nicht?«

      »Wir sehen uns einmal die Woche und … und wir haben vor ein paar Wochen beschlossen, nicht mehr jeden Tag zu skypen. Es ist …«

      »Was ist es?«

      »… zu anstrengend.«

      »Was?!«


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