Die Chroniken Aranadias I - Die Tochter des Drachen. Daniela Vogel

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nichts mehr über dieses Thema hören. Haltet euch da raus! Es geht euch nicht das Geringste an!«

      »Hauptmann, versteht Ihr sie wohl möglich?« Archibald brummte etwas vor sich hin. Sie konnte jedoch nicht verstehen, was es war. »Sagt uns schon, was das ganze Theater zu bedeuten hat!«, keine Antwort. Archibald schwieg beharrlich. Rilana hätte zu gerne sein Gesicht gesehen, doch eine innere Stimme hielt sie davon ab, sofort in die Nische zu treten. Welches Theater meinten die Männer? Gespannt lauerte sie auf die Fortsetzung der Unterhaltung.

      »So, wie ich die Sache sehe,« das war Werfried, »wird es bestimmt wieder zu keiner Hinrichtung kommen!«

      »Wie kommst du denn darauf? Habe ich etwas verpasst? Hat sie nicht verkünden lassen, dass sie ihn öffentlich aburteilen und hinrichten lassen will?«

      »Selbst wenn, du glaubst doch nicht allen ernstes, dass es dazu kommen wird. Zum Einen wird die Prinzessin es auf keinen Fall zulassen, es müsste mit dem Teufel zugehen, wenn sie nicht eingreift. Und zum Anderen, selbst, wenn sie nicht eingreift, überlegt doch einmal, was in den letzten Jahren geschehen ist, wenn wir ihrer Mutter die vermeintlich Schuldigen brachten! Könnt ihr euch noch an den Kerl erinnern, den wir vor gut einem Jahr, auf ihr Geheiß ins Schloss bringen sollten? War glaube ich ein Kaufmann oder so etwas Ähnliches! Hatte seinen Schneider umgebracht. Der Fall hat damals großes Aufsehen erregt, zumal man die Leiche mit abgetrennten Ohren in einer belebten Straße von Andrass gefunden hat!«

      »Ja, genau! Ich kann mich erinnern! Hab mich damals schon gefreut! Dachte ich bekäme endlich wieder einmal etwas zu tun. Doch nichts dergleichen geschah. Es gab noch nicht einmal eine öffentliche Verhandlung. Der Kerl ist einfach aus dem untersten Verlies verschwunden. Keiner wusste wohin, oder wie es ihm überhaupt möglich war, sich von den Ketten und aus dem Loch zu befreien. Soweit ich weiß, war er aber nicht der Einzige! In den letzten Jahren gab es bestimmt zehn oder zwanzig weitere Fälle. Merkwürdig, als ich die Königin darauf ansprach, meinte sie nur, die Gefangenen wären in ihren Löchern krepiert und ich solle mich nicht weiter darum kümmern! ... Doch wisst ihr, was das Eigenartigste daran war. Ihr kennt doch bestimmt Walter. Er ist der Totengräber des Kerkers. Er sagt, er hat niemals eine Leiche von diesen Männern zu Gesicht bekommen, geschweige denn verbuddelt!«

      »Es grassieren Gerüchte, Roxane und de Beriot kümmern sich jetzt selbst um diese Angelegenheiten!«

      »Keine Sorge, diesmal geht das nicht so leicht. Sie hat das Volk über alles informiert, also muss sie ihm auch etwas bieten! Hier geht es nicht nur um einen einfachen Schneider, sondern um die Prinzessin und sie selbst. Sie kann den Schuldigen nicht einfach verschwinden lassen. Sie ist es der Bevölkerung schuldig, den Kerl vor allen Augen abzuurteilen, oder meinst du, sie will einen Aufstand riskieren?«

      »Wisst ihr, was ich noch komisch finde? Es waren alles gesunde, junge Kerle, die aus dem Verlies verschwanden! Die Alten und Kranken hingegen verrotten dort meist Jahrzehnte lang. Wie geht das? Wieso sterben kräftige, junge Männer an der Kerkerhaft und schwache, alte stecken sie einfach so weg? Umgekehrt wäre es doch viel logischer!«

      »Zu König Williams Zeiten hätte es so etwas nicht gegeben!«, Friedward meldete sich nun zu Wort.

      »Aber, das ist es nicht allein! Früher machte unsere Aufgabe noch Sinn. Heute ..., Ach, ihr wisst doch selbst, wovon ich rede!«

      »Spielst du eventuell auf unsere Aufträge an?«

      »Ja, genau! Wilbur, du bist der Einzige unter uns, der wenigstens hin und wieder seinem Gewerbe nachgehen kann. Wir hingegen beschäftigen uns hauptsächlich damit, harmlose Bauern von ihren Ländereien zu vertreiben. Deshalb bin ich nicht in die königliche Garde eingetreten! Ich wollte kämpfen und unseren König schützen!«, Rilanas Augen weiteten sich im Verlauf dieser Unterhaltung. Was meinten diese Männer damit? In ihrem Land wurde niemand einfach nur so von seinem Grund und Boden vertrieben und geheime Verhandlungen fanden schon gar nicht statt. Ihre Mutter hätte so etwas niemals zugelassen!

      »Was willst du damit sagen?«, Wilburs Stimme klang wütend. »Denkst du etwa, mir macht es Spaß, jemanden hinzurichten, der gar nicht bei der Sache ist? Die letzten Auspeitschungen und Enthauptungen waren eine Farce!«, er schrie förmlich. »Ich weiß nicht, was diese Hexe mit ihnen angestellt hat, aber keiner von denen hat so richtig mitbekommen, was ich mit ihnen gemacht habe! Da war nichts in ihren Augen! Rein gar nichts! Sie waren vollkommen leer! Ich hätte genauso gut eine Strohpuppe richten können! Hast du schon jemals in leere Augen geblickt? Es ist beängstigend, das kann ich dir flüstern! Heute war das anders. Er wusste, was ich mit ihm vorhatte! Er hat begriffen, dass ich sein Leben in meinen Händen hielt. Und ich konnte seine Angst fühlen, ja, beinahe sogar riechen! Das nenne ich, mein Gewerbe ausüben, aber nicht das, was während dieser lächerlichen Schauspiele geschieht! Es würde mich nicht wundern, wenn auch er, in ein paar Wochen, nicht mehr in der Lage ist, seiner Verhandlung zu folgen. So ist es doch immer. Wir bringen ihr die Kerle und dann, nach einigen Tagen in ihrem Verlies ist nichts mehr von ihnen übrig. Sie verfallen dem Wahnsinn, oder noch schlimmer, sie werden zu seelenlosen Hüllen! Wie geht das? Selbst unter der Folter kannst du die Menschen zwar brechen, aber ihnen niemals ihre Seele oder ihren Geist rauben! Ich wüsste nur zu gerne, wie sie es macht! Aber, die Verliese, mit den zum Tode Verurteilten werden von ihren Leuten besser bewacht, als die Prinzessin! Ich kann, obwohl ich im Kerker ein und aus gehe, nichts darüber in Erfahrung bringen. Sie lassen mich erst gar nicht bis zu den Zellen vordringen! Vielleicht stimmen die Gerüchte ja doch und sie ist wirklich eine Hexe!«

      »Männer,« Archibald, der die ganze Zeit geschwiegen hatte, ergriff nun das Wort. »Kein Sterbenswort darüber zu der Prinzessin! Ich will nicht, dass ihr sie auch noch mit euren Angelegenheiten belästigt! Wir finden schon eine Lösung für eure Probleme! Ihr müsst mir nur weiterhin vertrauen! Die Prinzessin hat keine Ahnung, was in diesem Land wirklich vor sich geht! Wir müssen sie behutsam auf das alles vorbereiten! Wenn wir sie damit überfallen, würde sie einen Schock bekommen und wir können unseren Plan vergessen! Ich werde es ihr schon erklären! Zeit genug habe ich ja jetzt! Der Schneesturm und ihre Entführung war Gottes Fügung! Eine bessere Gelegenheit wird sich nie mehr ergeben. Alles Weitere wird sich zeigen! Nun gebt endlich Ruhe! Sie wird bald zurückkommen!« Rilana hatte genug gehört. Fürs Erste! Also ging wirklich etwas in diesem Land vor sich, von dem sie keine Ahnung hatte. Doch, dass ihre Mutter die Schuld an allem trug, daran konnte und wollte sie nicht glauben. Dann schon eher de Beriot! Nur mit bloßen Mutmaßungen kam sie nicht weiter und mehr hatte sie im Moment nicht.

      Rilana atmete noch einmal tief durch. Schließlich aber setzte sie sich in Bewegung und betrat, bevor ihre Begleiter die Unterhaltung fortsetzen konnten, die Nische, sodass die Männer endgültig verstummten.

       Kapitel 5

      Es klopfte an der Tür.

      »Herein!« Ruben lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. In der Tür erschien Marcus, dicht gefolgt von einem Greis.

      »Entschuldigt die Störung, Kapitän. Aber, dieser Mann möchte Euch unbedingt sprechen!« Ruben betrachtete den Mann, der nun hinter Marcus den Raum betrat. Er trug schäbige, zerschlissene Kleidung. Seine Haare waren schlohweiß und sein Gesicht von tiefen Falten zerfurcht.

      »Lukas, wir setzten unser Gespräch später fort. Ich werde mich zu erst einmal um diesen Mann hier kümmern.« Ruben fixierte den Alten. »Seid gegrüßt! Mein Name ist Ruben de Arosella. Ich bin der Kapitän dieses bescheidenen Schiffes. Was führt Euch zu mir?« Der Alte sah Ruben irritiert an und ließ seinen Blick dann in die Runde schweifen.

      »Mein Name ist Edward de Tourance. Ich habe eine Nachricht für Euch, von einem jungen Mann, dem ich sehr viel zu verdanken habe. Er bat mich, Euch, für den Fall, dass er nicht zurück wäre, aufzusuchen. Meine Knochen wollen nicht mehr so schnell, wie früher, deshalb komme ich erst derartig spät. Außerdem war es schwierig, für einen Mann meines Alters, sich einen Weg durch die Menschenmasse vor Eurem Schiff zu bahnen. Ich wusste nicht genau, ob ich auch willkommen bin, deshalb wollte ich das Schiff zuerst gar nicht betreten, aber Euer erster Offizier war so freundlich, mich an Bord zu bitten und so bin ich dann doch noch gekommen.« Ruben beobachtete misstrauisch den Alten, der seiner Gebrechlichkeit zu Trotz


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