The way to find me: Sophie & Marc. Carolin Emrich

The way to find me: Sophie & Marc - Carolin Emrich


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zu meinem ersten Kurs und würde dabei nicht zu sehr versuchen, an Donnerstag zu denken. Denn da stand ein Vortrag an und wir waren keine guten Freunde.

      Wir hatten schon in der Schulzeit eine knifflige Beziehung zueinander gehabt. In der Grundschule hatte ich kein Wort rausgebracht und war sogar das ein oder andere Mal in Tränen ausgebrochen, weil ich mir nicht zu helfen wusste.

      Auf dem Gymnasium war es ansatzweise besser geworden und die mündliche Prüfung im Abi hatte ich zumindest bestanden, doch es gab eindeutig Leute, denen mündliche Prüfungen leichter fielen.

      Als ich das Gebäude betrat, wurde es ein wenig kühler, leider ließ sich meine Stimmung nicht so leicht ändern.

      Wenn das jetzt bis Donnerstag so weiterging, würde ich wahnsinnig werden. Und damit endete der ganze Mist auch noch nicht. Am nächsten Montag folgte gleich eine mündliche Prüfung. Zum Glück die einzige dieses Semester.

      Tapp, tapp, tapp. Gleichmäßig schlugen meine nackten Fersen an die Wand meines Zimmers. Ich lag auf dem Rücken auf dem Bett, die Decke hatte ich auf den Boden geschmissen und versuchte krampfhaft, nicht daran zu denken, dass ich lernen sollte.

      Obwohl es wichtig war und eigentlich keinen Aufschub duldete, war ich dennoch zu müde und hatte schlicht keine Lust. Mir war schon klar, dass ich auch einfach den Arsch zusammenkneifen und mich ransetzen konnte. Es machte aber doch zu viel Spaß, mich im Selbstmitleid der armen, überforderten Studentin zu suhlen.

      Wenn ich wenigstens jemanden hätte, der mich von meiner Unlust ablenken würde, doch Zeit hatte wohl auch keiner. Hätte Sina nichts zu tun, wüsste ich das. Manchmal sahen wir uns fast jeden Tag, wobei das nun vermutlich ein Ende hatte, da sie ihre Freizeit eher mit ihrem Freund verbrachte. Das fand ich verständlich und solange sie mich nicht ganz vergaß, konnte ich das ab.

      Ich fischte mein Handy vom Nachttisch und scrollte durch meine Chats. Schließlich schrieb ich Aaron, ob er mir Marcs Handynummer geben würde. Wenn ich mich ablenken wollte, dann musste es so richtig sein. Da konnte ich auch direkt die Wette in Angriff nehmen.

      Er schrieb gleich zurück und übermittelte mir die Nummer seines Kumpels selbstverständlich gerne. Wundervoll. Marcs leeres Chatfenster lag vor mir und ich hatte so viele Möglichkeiten. Unser gemeinsames Hobby konnte ein guter Einstieg sein, da hatte Aaron recht gehabt. Das musste ich nutzen.

      Sophie, 16:29 Uhr: Hi, Sophie hier. Hab gedacht, ich frage dich mal, ob du Bock hast, am Sonntag mitzukommen. Wollte mir eine alte Mühle in der Nähe angucken.

      Ich wartete eine Weile, doch die Häkchen wurden weder blau noch antwortete er. Das war eindeutig unbefriedigend. Während ich überlegte, ob ich in eine Klimaanlage investieren sollte, klopfte es an meine Tür.

      »Was machst du?«, fragte Mama, die in Kleid und Sandalen dastand. Ein Einkaufskorb stand zu ihren Füßen und sie hielt ihr Portemonnaie in der Hand.

      »Weiß ich nicht. Mich ablenken.«

      »Ich will jetzt einkaufen. Brauchst du was?«

      Mit einem Seufzen rollte ich mich auf den Bauch. »Wollen wir die Woche grillen? Bringst du mir Joghurt mit? Nur bitte nicht diesen komischen, den wir neulich hatten, da waren so seltsame Stücke drin, die ganz sicher keine Heidelbeeren darstellten.«

      »Dann solltest du besser mitkommen.« Sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. »Aber jetzt bitte, ich möchte nicht den ganzen Feierabendbetrieb abkriegen.«

      »Dafür ist es zu spät. Ich ziehe mir eben Schuhe an.«

      Im Auto war es warm. Draußen war es warm und auf dem Parkplatz des Supermarktes war es noch viel wärmer. Erst bei den Kühltheken wollte ich stehen bleiben.

      »Wenn du noch länger in die Auslage starrst, lasse ich dich hier«, drohte meine Mutter, was mich dazu verleitete, mir meine Joghurts auszusuchen.

      Es war ja nicht so, als würde ich nicht gerne in der Kühltruhe schlafen, aber zur Uni dauerte es dann morgen früh zu lange. Außerdem öffnete der Laden nicht vor acht Uhr und ob ich vorher rechtzeitig hier rauskam, war fraglich.

      Wieder zu Hause setzte ich mich auf den Boden vor mein Bett. Mit dem Rücken lehnte ich mich an das Holzgestell und streckte die Beine aus.

      Marc hatte sich in der Zwischenzeit gemeldet.

      Marc, 16:45 Uhr: Hi, klar, gerne. Wann am Sonntag? Muss irgendwann auch noch lernen, aber das müssen wir ja alle.

      Sophie, 18:09 Uhr: Erinner mich nicht daran. Was hältst du von 6 Uhr?

      Marc, 18:10 Uhr: 6 Uhr morgens?

      Sophie, 18:10 Uhr: Jep. Da ist es noch nicht so warm und wir haben noch genug Zeit, über den Tag etwas zu machen. Oder ist dir das zu früh?

      Marc, 18:11 Uhr: Nee, nee, ich wollte es nur wissen.

      Sophie, 18:11 Uhr: Musst die Nächte dann einfach zum Schlafen nutzen.

      Marc, 18:12 Uhr: Das mache ich, glaub mir. Ich bin gar nicht so der Typ, um Nächte durchzumachen. Auch nicht zum Lernen. Nur wenn ich feiern gehe.

      Sophie, 18:12 Uhr: Ich nutze die auch tendenziell zum Schlafen. Auf die ein oder andere Weise. :-P

      Marc, 18:12 Uhr: ^^

      Ich wartete noch einen Moment, es kam jedoch nichts mehr von ihm. Da war ich ja mal gespannt, ob er morgens um sechs Uhr wirklich fit war. Nicht dass ich ihn aus dem Bett klingeln musste. Das würde ich wahrscheinlich auch tun, denn das konnte witzig werden. Hoffentlich war er dann nüchtern. Falls er direkt von einer Party kam, ließ ich ihn stehen. Eine Alkoholeiche konnte ich nicht gebrauchen.

      Ich schrieb Sina, ob sie nicht doch Zeit hatte – Fehlanzeige. Nachdem mich selbst Sinas mehrmals empfohlene und hoch angepriesene Lieblingsserie auf Netflix nicht packte, musste ich den Tatsachen ins Auge sehen: Lernen war unumgänglich.

      Mittwochnachmittags lief ich immer ein bisschen beschwingter durch die Gänge der Uni. Ja, unter normalen Umständen hielt ich mich gerne hier auf und lernte Neues, allerdings waren die Prüfungen etwas anderes. Sie waren das Grauen.

      Ich tat gerne mal so, als hätte ich ein schweres Leben, aber eigentlich durfte ich mich echt nicht beklagen. Ich wohnte noch zu Hause, mir wurden die Studiengebühren bezahlt und ich liebte den Job beim Studifunk. Radio war etwas, was ich mir im Gegensatz zu Jenny und Nils auch später vorstellen könnte.

      Eigentlich hatte ich mehr als genug Zeit, mich endlich um ein Praktikum zu kümmern. Das musste ich so langsam mal tun. Und was passte da besser als ein Praktikum beim Radio? Allerdings sollte mich mal jemand antreiben, damit ich die Bewerbung abschickte. Prokrastination war mein dritter Vorname.

      An unserem Radio gefiel mir vor allem, dass ich mittlerweile für Klatsch und Tratsch zuständig war.

      Vor ein paar Wochen hatte ich für ein mittelgroßes Drama gesorgt, weil ich aus Jux verkündet hatte, dass der beliebteste Junggeselle am Campus nun vergeben war. Wir hatten das alle superlustig gefunden, bis Rieke eines Morgens einen filmreifen Brief mitbrachte. Da hatte sich jemand die Mühe gemacht, so richtig wie im Fernsehen Buchstaben auszuschneiden und ihr eine astreine Morddrohung zu schicken.

      Zuerst fanden wir es alle witzig, doch als ein zweiter kam, änderte sich das. Rieke hatte es nicht auf die leichte Schulter genommen und bei der Polizei Anzeige gegen unbekannt erstattet. Wir sollten aber keine allzu großen Erwartungen haben, da selbst Dennis nicht mal eine Vermutung hatte, welche seiner vielen Verflossenen dafür infrage käme. Gruselig, was bei manchen Menschen nicht richtig lief. Seitdem war zum Glück kein weiterer Vorfall dieser Art passiert.

      Als ich den Vorraum zur Aufnahmekabine betrat, wischte Nils gerade mit einem Lappen auf dem Tisch herum, auf dem Pult und Mikro standen. Er trug seine Haare gerade so lang, dass er sie zu einem Zopf binden konnte, was meiner Meinung nach echt bescheuert aussah. Da ich quasi die gleiche Frisur trug, hielt ich mich mit Kritik jedoch zurück.

      »Was hast du angestellt?«,


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