Auf zwei Planeten (Science-Fiction). Kurd Laßwitz

Auf zwei Planeten (Science-Fiction) - Kurd Laßwitz


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diese Weise war es möglich, mit jeder gewünschten Geschwindigkeit Körper zwischen der Insel und dem Ringe sowohl von unten nach oben als von oben nach unten in Bewegung zu setzen, indem man sie in einen zu diesem Zweck konstruierten Flugwagen einschloß.

      Es war nun die schwierige Aufgabe der Ingenieure an den beiden Endstationen, den Betrieb so zu regulieren, daß jedesmal das abarische Feld die nötige Stärke besaß, um den Wagen nach oben zu treiben oder in seiner Bewegung aufzuhalten.

      Als der Ballon der Polarforscher in das abarische Feld geriet, war dasselbe gerade auf ›Gegenschwere‹ gestellt, weil sich ein Flugwagen auf dem Wege von der Insel nach dem Ringe befand. Infolgedessen wurde der nach dem abarischen Felde hingedrängte Ballon, sobald er in die Achse desselben geraten war, mit großer Geschwindigkeit in die Höhe gerissen.

      Äußerlich unterschied sich das Feld von der umgebenden Luft in gar nichts. Nur ein starker aufsteigender Luftstrom und infolgedessen ein seitliches Zuströmen der Luft war natürlich vorhanden. Aber bei dem geringen Durchmesser des Feldes von zwanzig Metern war die in die Höhe getriebene Luftmasse so gering, daß es dadurch nicht zu einer merklichen Nebel- oder Wolkenbildung kam, zumal vom Ringe wie von der Insel aus eine so starke Bestrahlung stattfand, daß der sich etwa kondensierende Wasserdampf sofort wieder in Gasform aufgelöst wurde.

      Solange der Ballon sich noch in den Luftschichten bis ein oder zwei Kilometer befand, konnte das Ausströmen des Gases sein Aufsteigen einigermaßen verzögern. Dann aber wurde die Beschleunigung zu groß. Die Gondel, welche sich im Zentrum des Feldes befand, erfuhr dabei eine größere Beschleunigung nach oben als der an Masse zwar geringere, an Ausdehnung aber soviel größere Ballon. Denn da der Durchmesser des Ballons zwanzig Meter übertraf, so ragte er zum Teil über das abarische Feld hinaus. Erst als er durch den Verlust an Gas zusammengesunken war, geriet er ganz in das abarische Feld, und nun begann jener kolossal beschleunigte ›Fall nach oben‹, der den Ballon binnen einer Viertelstunde auf tausend Kilometer emporgerissen hätte, wenn er nicht zum Glück nach kaum einer Minute aufgehalten worden wäre.

      Als die Ingenieure der Insel den Ballon bemerkten, hatten sie zunächst versucht, ihn durch Ergreifung des Schleppgurts festzuhalten. Dies hatte Grunthe durch das Hinauswerfen der Champagnerflaschen verhindert, da er jede Berührung der Insel vermeiden wollte. So war der Ballon so weit gestiegen, daß er nicht mehr ergriffen werden konnte, aber er war dadurch dem abarischen Felde unrettbar überliefert. Hier hätten ihn nun die Bewohner der Insel freilich sogleich aufhalten und zurückführen können, wenn sie die ›Gegenschwere‹ im Felde abgestellt hätten. Dies war ihnen jedoch darum nicht möglich, weil sich oberhalb des Ballons, längst nicht mehr sichtbar, ihr eigener Flugwagen befand. Sie konnten also nicht eher eine Veränderung am Feld vornehmen, als bis ihr Wagen an der Station des Ringes angekommen war. Zum Glück für die Insassen des Ballons mußte dies in kürzester Zeit geschehen.

      Inzwischen hatten aber auch die Ingenieure auf dem Ring, obwohl sie den Ballon nicht sehen konnten, doch an ihren Gravitationsmessern eine Störung im abarischen Felde wahrgenommen. Sie sandten daher vom Ring eine Depesche nach der Insel.

      Diese Übermittlung bot keine Schwierigkeit, denn sie verstanden es, die Lichtstrahlen selbst als Träger für ihre Depeschen zu benutzen. Der Raum zwischen Ring und Insel gestattete dies infolge der intensiven Bestrahlung auch beim feuchtesten Wetter.

      Sie telegraphierten nicht nur, sie telefonierten vermöge des Lichtstrahls. Die elektromagnetischen Schwingungen des Telephons setzten sich in photochemische um und wurden auf der andern Station sofort am Apparat abgelesen. Während die unglücklichen Luftschiffer, von der Seide des Ballons eingehüllt, ihre blitzschnelle Fahrt auf der Erdachse vollführten, ging an ihnen eine Depesche vom Ring nach der Insel vorüber, welche lautete:

      »E najoh. Ke.«

      Und von der Insel wurde zurückdepeschiert:

      »Bate li war. Tak a fil.«

      Man hätte freilich alle bekannten Sprachen der Erde durchgehen können, ohne in irgendeiner diese Sätze zu finden. Sie bedeuten:

      »Achtung! Störung! Was ist vorgefallen?«

      Und die Antwort lautete:

      »Menschen im abarischen Feld. Abstellen sobald als möglich.«

      Der Empfänger dieser Depesche stand in der Beobachtungsabteilung des schwebenden Ringes und kontrollierte die Apparate, welche daselbst an einem großen Schaltbrett angebracht waren. Der Zeiger am Differenzialbaroskop wies ihm genau die Stelle, wo sich der Flugwagen im Augenblick befand. Schon war dieser nahe herangekommen. Einige Handgriffe des Beamten regulierten die Geschwindigkeit des Wagens, der nach wenigen Minuten auf der Endstation erschien. Das vorspringende Fangnetz hielt ihn auf, er ruhte an seinem Ziel.

      Der Beamte – es war der Vorsteher der Außenstation selbst – namens Fru, hatte bis jetzt keinen Blick von den Apparaten verwandt. Man hätte ihn für einen alten Mann halten mögen, denn langes, fast weißes Haar flatterte um seine Schläfe. Eine ungewöhnlich hohe Stirn wölbte sich über den großen Augen, deren Pupillen einen tiefen Glanz zeigten. Die Haltung des Körpers aber war frei und leicht. Gewandt bewegte er sich an dem langen Schaltbrett entlang von einem Apparat zum andern, seine Schritte glichen fast einem Gleiten über den Boden. Er war offenbar daran gewöhnt, daß die Schwerkraft eine viel geringere war als auf der Erde. Denn hier, in der doppelten Entfernung vom Mittelpunkt der Erde als deren Oberfläche, betrug die Schwere nur ein Viertel von der uns gewohnten.

      Die Tür des Flugwagens wurde jetzt geöffnet. Der Vorsteher der Ringstation warf nur einen flüchtigen Blick dorthin und wandte sich dann wieder den Apparaten zu, um nach dem Pol zu telegraphieren, daß das abarische Feld frei sei.

      Die Fahrgäste verließen den Wagen und betraten die Galerie. Es mochten achtzehn Personen sein, in seltsamer Tracht, mit eng anliegenden Kleidern. Ihre bedeutenden Köpfe zeichneten sich meist durch sehr helles, fast weißes Haar und glänzende, durchdringende Augen aus, die aber jetzt durch dunkle Brillen geschützt waren. Sie durchschritten die Galerie, deren Überschrift in jener fremden Sprache besagte, daß man sich auf der ›Außenstation der Erde‹ befinde, und wandten sich über eine Treppe der Ausgangstür nach der oberen Galerie zu. Über der Tür stand in großen Buchstaben: ›Vel lo nu‹, das bedeutet: ›Zum Raumschiff nach dem Mars.‹

      Jener schwebende Ring war nichts anderes als der Marsbahnhof der Erde. Er war eine Station in der Nähe der Erde, durch deren Erbauung es den Bewohnern des Planeten Mars möglich geworden war, zwischen ihrem Planeten und der Erde eine regelmäßige Verbindung herzustellen. Die Fahrgäste des Flugwagens waren Martier, die nach ihrer Heimat zurückkehren wollten.

      4. Kapitel

      Der Sturz des Ballons

      Inhaltsverzeichnis

      Die Regulierung des abarischen Feldes hatte von der Ringstation aus stattgefunden, um den emporsteigenden Flugwagen mit der nötigen Geschwindigkeit zu leiten. Der Wechsel von Gegenschwere und Erdschwere erstreckte sich aber auf das ganze Feld und hatte natürlich zur Folge, daß auch der verunglückte Ballon den Schwankungen der Schwere unterlag. So wurde er zuerst in seinem Fluge nach oben gemäßigt, durchlief dann eine kurze Strecke mit unveränderter Geschwindigkeit, und von dem Augenblicke an, in welchem der Flugwagen den Ring erreicht hatte, begann der Ballon wieder mit immer zunehmender Geschwindigkeit zu fallen. Da in diesen Höhen von einem Widerstand der Luft nicht die Rede war, so fielen auch jetzt Ballon und Gondel mit gleicher Geschwindigkeit. Der stark zusammengesunkene Ballon, der einen großen Teil seiner Gasmenge verloren hatte, bedeckte in dichten Falten den Korb.

      Dieser Umstand hatte die Luftschiffer vor einem sofortigen Tod bewahrt. Zunächst schützte sie die Einhüllung in den Ballon vor dem Erfrieren; ja merkwürdigerweise stieg die Temperatur im Inneren des Korbes wieder, als die Atmosphäre der Erde durchflogen war. Dies rührte von der Sonnenstrahlung her, welche jetzt in voller Stärke, durch die Luft nicht mehr aufgehalten, den Ballon traf. Sie wurde durch die Hülle des Ballons absorbiert und erwärmte alles, was sich in derselben befand.

      Ein


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