Die Judenmadonna. Antje Sievers


Die Judenmadonna - Antje Sievers


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      Inhalt

       Cover

       Antje Sievers – Die Judenmadonna

       Prolog

       Teil 1

       Teil 2

       Teil 3

       Teil 4

       Epilog

       Nachbemerkung

       Glossar

       Textquellen der Zitate

       Dank

       Die Autorin

       Impressum

      Prolog

      2019, Universität Bremen, Wintersemester

      Ein voller Hörsaal sieht anders aus. Professor Michael Behnrath, Dozent für den Fachbereich spätmittelalterliche Kunst und Renaissancemalerei, ließ seinen Blick über die zwölf Studentinnen gleiten, die hier ihr Pflichtfach absaßen, um sich danach so schnell wie möglich Frida Kahlo und Paula Modersohn-Becker zuwenden zu können. Er unterdrückte ein Seufzen. Im Gegensatz zu seiner eigenen Studentenzeit, die mittlerweile über dreißig Jahre zurücklag, waren die Mädchen heute bedeutend hübscher. Leider auch bedeutend blöder. Mit einer Kommilitonin bei Freunden aufzukreuzen, die Taktik mit einem doppelten ck schrieb und nicht genau wusste, in welchem Jahrhundert der Erste Weltkrieg stattgefunden hatte, so was hätte er als Student nicht fertig gebracht.

      Eine leider nicht ganz scharfe Wiedergabe der »Madonna im Rosenhag« wurde von dem Beamer an die Wand geworfen: ein Mädchen mit langem blondem Haar in einem blutroten Gewand vor Rosenhecken, in deren Zweigen Singvögel saßen. Goldauflage im Hintergrund, wie in der russischen Ikonenmalerei, Blumen überall, um sie und das Kind auf ihrem Schoß herum, neben ihr auf dem Rasen und zu ihren Füßen.

      »Was sie hier sehen, ist eins der wenigen Ölgemälde von Martin Schongauer, das noch erhalten ist. Viele seiner Werke sind verschollen und, da es sich überwiegend um sakrale Motive gehandelt haben wird, sicher auch in dem Bildersturm während der Reformation zerstört worden. Dieses wird ihm zweifelsfrei zugeordnet und auch die Jahreszahl seiner Entstehung scheint festzustehen, 1473. Sehen Sie sich das Bild mal eine Minute in Ruhe an und sagen Sie dann, was Ihnen auffällt.«

      »Weiß man denn, wen er da gemalt hat?«, fragte eine pausbäckige Blondine.

      »Nun, die fahlweiße Haut, die Feinheit der Züge, die aristokratische Nase, das alles lässt auf eine Dame aus besserer Gesellschaft schließen, sehen Sie hier, das pelzgefütterte Gewand war aus Samt und Seide gefertigt. So etwas konnten sich damals nur die Frauen der sehr Begüterten leisten. Man kann mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass es sich um eine Adlige aus einem Geschlecht am Oberrhein gehandelt haben könnte, oder die Tochter eines elsässischen Patriziers. So ähnlich wie bei Botticelli und der blonden Florentiner Schönheit Simonetta Vespucci, die er so oft gemalt haben soll.«

      »Sie könnte doch aber vielleicht auch seine Frau gewesen sein!«, bemerkte die Schwarzhaarige, die links außen am Rand des Saales saß.

      Behnrath lachte kurz und trocken auf. Seit er vor fast fünfundzwanzig Jahren seine Doktorarbeit über dieses Marienbild geschrieben hatte, galt er international als der führende Schongauer-Experte. Er reiste zu Fachtagungen und Museen, hielt Vorträge, in denen Begriffe wie »Impasto« und »Polyptychon« vorkamen. Vor einem Jahr hatte er in der Vierteljahrsschrift »artium« einen mehrseitigen, schlüssigen Beweis dafür erbracht, dass der Künstler für sein »Porträt einer jungen Frau im Goldschmuck« ein anderes Modell als bei der »Madonna im Rosenhag« gemalt haben musste, auch wenn es genügend Fachleute gab, die genau dies hartnäckig bestritten.

      »Nein, es ist nichts darüber bekannt, dass Schongauer jemals verheiratet gewesen ist. Meiner Meinung spricht eher vieles dafür, dass der Maler homosexuell gewesen sein könnte, etwa wie Caravaggio. Da das damals als eine sehr schwere Sünde galt, haben die Betreffenden so was natürlich streng geheim gehalten. Es gibt daher so manches Unerklärliche und viele Ungereimtheiten in seinem Werk. Zum Beispiel das hier.«

      Er wechselte zum nächsten Bild mit zwei nebeneinander angeordneten Kupferstichen – einer klugen und einer törichten Jungfrau.

      »Was fällt Ihnen hier auf? Es ist ganz einfach, wie auf der Rätselseite: Finden Sie den Unterschied!«

      »Er hat die Signatur geändert«, sagte eine Studentin. »Das M ist auf dem rechten Bild gerade und auf dem linken schräg.«

      »Genau. Martin Schongauer war der erste Künstler, der seine Werke markant signiert hat, wie sie sehen. Aber so ab 1475 hat er plötzlich eine andere Signatur. Auch sein Œuvre veränderte sich stark, verlor plötzlich viel an Farbigkeit und Heiterkeit, wie man besonders an seiner Wandmalerei des Jüngsten Gerichts in Breisach sehen kann.«

      Eine Studentin, die die letzten zehn Minuten ausschließlich auf ihr Handy gestarrt hatte, fragte mit ungeahntem Interesse: »Und warum war das so?«

      Behnraths Hand hob sich vom Tisch und wedelte einmal vage durch die Luft. »Leider sagt uns die Forschung dazu gar nichts. Nach meiner Theorie kann es durchaus mit seiner persönlichen Lebenssituation als gesellschaftlicher Außenseiter zu tun haben, vielleicht spielte auch eine Erkrankung eine Rolle. Man kann darüber wirklich nur Spekulationen anstellen, was manche Kunsthistoriker auch schon getan haben, aber wissen kann es leider niemand.«

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