Die Teufelin. Фэй Уэлдон

Die Teufelin - Фэй Уэлдон


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Hepatitis nachgelassen hatten. Er verabscheute Unehrlichkeit und Heuchelei und teilte Ruth stets mit, was geschehen war und was demnächst geschehen würde, wenn es sich einrichten ließ. Er sagte ihr, daß auch sie frei für sexuelle Experimente ihrerseits war.

      »Wir werden eine moderne offene Ehe führen«, hatte er ihr erklärt, bevor sie heirateten. Sie war im vierten Monat, und es ging ihr ziemlich schlecht.

      »Natürlich«, sagte sie. »Was bedeutet das?«

      »Das bedeutet, daß wir beide unsere Leben voll ausleben und stets ehrlich zueinander sein müssen. Die Ehe muß unsere Leben wie ein schützender Mantel umhüllen und darf sie nicht beschneiden. Wir müssen das als Startpunkt betrachten, nicht als Ziellinie.«

      Sie hatte zustimmend genickt. Manchmal preßte sie, um ihre Übelkeit zurückzudrängen, ihren Mund mit den Fingern zusammen. Das tat sie auch jetzt, während er über seine persönliche Freiheit sprach. Er wünschte, sie würde es nicht tun.

      »Wahre Liebe ist nicht besitzergreifend«, erklärte er ihr. »Nicht unsere Art häusliche, dauerhafte Liebe. Eifersucht ist, wie jedermann weiß, ein gemeines, niedriges Gefühl.«

      Sie hatte ihm beigepflichtet und war ins Badezimmer gerannt.

      Bald stellte er zu seiner Bestürzung fest, daß sich sein Vergnügen an sexuellen Experimenten durch das Wissen steigerte, daß er es schließlich seiner Frau erzählen würde. Als Zeuge erotischer Ereignisse stand er außerhalb seines eigenen Körpers. Die Erregung wurde größer und die Verantwortung geringer, da er alles mit Ruth teilen konnte.

      Ihnen war beiden klar, daß die Schuld an allem Ruths Körper trug. Er hatte diesen Leib notgedrungen und irrtümlicherweise geheiratet und würde ihm gegenüber seine grundsätzlichen Pflichten erfüllen, aber nie würde er sich mit diesen gewaltigen Ausmaßen abfinden; Ruth wußte das nur zu gut.

      Lediglich seine Eltern schienen zu erwarten, daß er sich wie ein treuer, netter Ehemann verhielt, so wie sich Angus Brenda und Brenda Angus gegenüber benahm. Sie behandelten Bobbo und Ruth wie einen richtigen Ehemann und eine richtige Ehefrau und nicht wie ein Paar, das versehentlich geheiratet hatte.

      Ruth hatte die Babys im Kinderwagen durch den Park geschoben und sich mit Süßigkeiten und romantischen Liebesromanen – darunter die von Mary Fisher – getröstet, während Bobbo in der Welt vorangekommen war.

      Kurz nachdem sie nach Eden Grove gezogen waren, hatte Bobbo auf einer seiner Partys in einem überfüllten Raum Mary Fisher gesehen, und sie hatte ihn gesehen und zu ihm gesagt: »Ich möchte Klientin von Ihnen werden.«

      Und er hatte gesagt: »Sofort.«

      Und die Vergangenheit verblaßte für Bobbo, einschließlich der Leiden und Ekstasen, die er bei Audrey Singer kennengelernt hatte, und die Gegenwart wurde übermächtig, und die Zukunft verwandelte sich in ein wunderbares gefährliches Mysterium.

      So begann die Affäre. Bobbo und Ruth fuhren Mary Fisher von der Party nach Hause. Um sich unverzüglich ins Vergnügen stürzen zu können, hatte Mary Fisher ihren Rolls-Royce voller Ungeduld leider sehr unglückselig geparkt, denn sie behinderte eindeutig den Verkehr; während sie mit dem Gastgeber flirtete, schleppte die Polizei ihren Wagen ab.

      Sie würde, so sagte sie, am Morgen ihren Diener Garcia schicken, um das alberne Vehikel abzuholen. Doch jetzt, sagte sie, könnten Bobbo und Ruth sie auf der Heimfahrt mitnehmen?

      »Selbstverständlich!« rief Bobbo. »Selbstverständlich.«

      Ruth hatte angenommen, daß Mary Fisher gemeint hatte, sie selbst sollte auf dem Heimweg abgesetzt werden, doch als Bobbo an der Ecke Eden Avenue und Nightbird Drive stoppte, erkannte sie ihren Irrtum.

      »Begleite sie wenigstens bis zur Tür«, protestierte Mary Fisher, ein Akt der Herablassung, den Ruth ihr nie verzieh, doch Bobbo meinte nur lachend:

      »Irgendwie glaube ich nicht, daß Ruth so leicht das Opfer einer Vergewaltigung werden könnte, oder, Darling?« Und Ruth erwiderte loyal: »Das macht mir absolut nichts, Miss Fisher. Wir wohnen in einer Sackgasse, da ist das Wenden in der Dunkelheit so schwierig! Und wir haben die Kinder ohne Babysitter gelassen. Ich muß wirklich so schnell wie möglich heim.«

      Aber niemand hörte ihr zu, also stieg sie hinten aus – Mary Fisher saß vorn, neben Bobbo –, und noch bevor die Tür zufiel, hörte sie Mary Fisher sagen: »Du wirst mir nie verzeihen. Ich wohne so weit draußen. Fast an der Küste. Genau genommen, direkt an der Küste.« Und Bobbo entgegnete: »Glaubst du, ich weiß das nicht?«, und dann schlug die Tür zu, und Ruth stand im Dunkeln, während die kräftigen roten Rücklichter des Wagens in der Finsternis davonschossen. Mit ihr fuhr Bobbo nie so: rrrum, rrrum! Und sie bat Bobbo nie um einen Gefallen, fragte nie, ob er sie mal mitnehmen oder was für sie besorgen könnte; stets machte er ein Riesentheater, wenn sie es tat. Wie konnte Mary Fisher es wagen? Und wieso bezauberte ihn ihre Anmaßung, anstatt ihn abzustoßen? Eine Fahrt bis zur Küste, während Ruth lieber durch den Regen lief, bloß um Bobbo nicht fünfzehn Sekunden lang aufzuhalten.

      Sie ging nach Hause und dachte darüber nach und lag die ganze Nacht lang wach. Selbstverständlich kam Bobbo nicht heim, und am Morgen schrie Ruth die Kinder an, bevor sie sich klar machte, daß es nicht fair war, ihren Kummer an ihnen auszulassen; sie riß sich zusammen und aß vier getoastete Brötchen mit Aprikosenmarmelade, als das Haus still und sie alleine war.

      Bobbo kam sehr müde heim, ließ das Abendessen ausfallen, ging sofort zu Bett und fiel in tiefen Schlaf, aus dem er erst am nächsten Morgen gegen sieben Uhr erwachte. Er sagte: »Jetzt weiß ich, was Liebe ist« und stand auf und zog sich an, wobei er sich im Spiegel anstarrte, als würde er dort etwas vollkommen Neues sehen. Auch die nächste Nacht blieb er weg und danach jede Woche zwei oder drei Nächte.

      Manchmal erklärte er, er hätte noch spät zu arbeiten und würde in der Stadt übernachten; gelegentlich jedoch, wenn er sehr müde oder sehr aufgekratzt war, gestand er ein, daß er bei Mary Fisher gewesen war, und er erzählte von den Dinnergästen – berühmte Leute, reiche Leute, von denen selbst Ruth schon gehört hatte – und was es zu essen gegeben und was für geistreiche, bezaubernde, schlimme Sachen Mary Fisher gesagt und was für ein Kleid sie getragen hatte und wie es dann hinterher gewesen war, als er ihr endlich das Kleid ausziehen konnte.

      »Ruth«, pflegte er zu sagen, »du bist mein Freund. Du mußt mir in dieser Angelegenheit alles Gute wünschen. Das Leben ist so kurz. Mißgönne mir dieses Erlebnis, diese Liebe nicht. Ich werde dich nicht verlassen, du mußt dir deswegen keine Sorgen machen. Du hast es nicht verdient, verlassen zu werden. Du bist die Mutter meiner Kinder. Sei geduldig, es wird vorübergehen. Wenn es dich verletzt, so tut es mir leid. Aber laß es mich wenigstens mit dir teilen.«

      Ruth lächelte, hörte zu und wartete, und es ging nicht vorüber. An den stillen Tagen dachte sie über die Natur der Frauen nach, die so wenig Rücksicht auf Ehefrauen nahmen.

      »Eines Tages«, sagte sie, »mußt du mich mal zum Essen in ihren Turm mitnehmen. Finden die Leute es nicht merkwürdig, daß deine Frau nie dabei ist?«

      »Das sind keine Leute wie du«, sagte Bobbo. »Nur Schriftsteller und Künstler und so was. Und niemand, der was ist, heiratet heutzutage noch.«

      Doch er mußte ihre Bemerkung Mary Fisher weitererzählt haben, denn kurz darauf wurde Ruth in den Turm eingeladen. Es waren lediglich zwei weitere Gäste anwesend: der örtliche Anwalt mit Frau, beide schon etwas bejahrt. Mary Fisher erklärte, die anderen hätten im letzten Moment abgesagt, doch Ruth glaubte ihr nicht.

      Bobbo hatte sein Bestes getan, um Mary Fisher davon abzuhalten, Ruth einzuladen, hatte aber keinen Erfolg gehabt.

      »Wenn sie Teil deines Lebens ist, Darling«, sagte Mary Fisher, »dann möchte ich, daß sie auch Teil meines Lebens ist. Ich möchte sie richtig kennenlernen, nicht bloß als eine Person, die du mitten in der Nacht an einer Straßenecke abgesetzt hast. Keine meiner Heldinnen würde das zulassen! Ich sag dir, was ich machen werde. Wir machen eine jener Dinnereinladungen daraus, die Pflicht und nicht Vergnügen sind.«

      Bobbo fragte manchmal Mary Fisher,


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