Die Teufelin. Фэй Уэлдон
ich fürchte, unsere Ruth hat ein äußerst mißtrauisches Gemüt.«
Ruth schaute von ihrem Schwiegervater zu ihrer Schwiegermutter und zurück, sah dann ihren Mann an und ließ die Terrine mit der Pilzsuppe fallen, die über den Metallrand schwappte, wo die Kacheln aufhörten und der Teppich begann; vom Klang der neuen Katastrophe angelockt, kehrten Kinder und Tiere zurück. Ruth glaubte, daß Harness lachte.
»Vielleicht sollte sich Ruth einen Job suchen«, sagte Angus.
Er kniete auf dem Boden und löffelte die Suppe zurück in die Schüssel, allerdings langsamer, als der Teppich sie absorbierte, so daß er den Löffel fest in den Flaum pressen mußte, damit er die kostbare graue Flüssigkeit schöpfen konnte. »Wer beschäftigt ist, kommt nicht auf dumme Gedanken.«
»Es gibt keine Jobs«, erklärte Ruth.
»Unsinn«, sagte Angus. »Wer wirklich arbeiten will, findet auch was.«
»Das stimmt nicht«, sagte Brenda. »Bei dieser Inflation, Rezession und was weiß ich noch ... Du meinst doch nicht im Ernst, daß wir das essen sollen, Angus, oder?«
»Verschwendung zahlt sich nicht aus«, sagte Angus.
Bobbo wünschte sich weit, weit weg, wünschte sich, bei Mary Fisher zu sein, um ihr perlendes Lachen zu hören, ihre blasse Hand halten und ihre kleinen Finger einen nach dem anderen in seinen Mund nehmen zu können, bis ihr Atem schneller ging und sie ihre Lippen mit ihrer rosigen, ach so rosigen Zunge befeuchtete.
Nicola trat die Katze, die Mercy genannt wurde, aus dem Weg, und die Katze flitzte zum Kamin und hockte sich dort rachesinnend nieder, und Brenda fing an zu jammern und deutete auf die Katze, und Harness geriet in übergroße Erregung und sprang Andy in einem halbsexuellen Angriff an, und Ruth stand einfach nur so da, eine Riesin, und tat gar nichts, und Bobbo verlor die Beherrschung.
»Seht ihr, wie ich leben muß!« brüllte er. »Immer ist es so. Meine Frau erzeugt nur Chaos und Zerstörung, wo sie auch ist; sie vernichtet jedermanns Glück.«
»Warum liebst du mich nicht?« jaulte Ruth.
»Wie kann man was lieben«, schrie Bobbo, »was durch und durch unliebenswürdig ist?«
»Ihr seid beide durcheinander«, sagte Angus und überließ dem Teppich die restliche Suppe. »Ihr habt zu hart gearbeitet.«
»Es ist schwer für eine Frau«, sagte Brenda. »Zwei heranwachsende Kinder! Und mit dir hatte man es auch nie leicht, Bobbo, nicht mal als kleiner Junge.«
»Mit mir hatte man es furchtbar leicht«, kreischte Bobbo. »Dir war nur jeder Augenblick zuwider, den du mit mir verbringen mußtest.«
»Wir gehn, Brenda«, sagte Angus. »Je weniger man sagt, desto leichter läßt es sich wieder kitten. Wir gehen essen.«
»Eine großartige Idee«, brüllte Bobbo, »da meine Frau eure Hauptmahlzeit bereits auf den Boden geworfen hat.«
»Nur keine Aufregung«, sagte Brenda. »In Los Angeles bauen sie Häuser ohne Küchen, weil sich niemand mehr die Mühe macht zu kochen. Und recht haben sie.«
»Aber ich hab den ganzen Tag damit zugebracht«, schluchzte Ruth. »Und niemand will es essen.«
»Weil es ungenießbar ist!« brüllte Bobbo. »Warum bin ich nur immer von Frauen umgeben, die nicht kochen können?«
»Ich ruf dich morgen früh an, Liebes«, sagte Brenda zu Ruth. »Gönn dir ein gemütliches Bad und schlaf dich richtig aus. Dann wirst du dich gleich besser fühlen.«
»Nie werde ich dir verzeihen, daß du zu meiner Mutter so unhöflich warst«, sagte Bobbo kalt zu Ruth, laut genug, daß seine Mutter es hören konnte.
»Gib bloß ihr nicht die Schuld«, sagte Brenda schlau. »Du warst unhöflich, nicht sie. Ich bin eine ausgezeichnete Köchin, ich hab bloß keine Lust zum Kochen.«
»Eine Ehe ist keine leichte Sache«, bemerkte Angus und zog seinen Mantel an. »Das ist wie Elternschaft, manchmal muß man daran arbeiten. Natürlich bleibt oft genug mehr an dem einen Partner als an dem anderen hängen.«
»Ganz sicher ist das so!« sagte Brenda bedeutungsvoll und zog ihre Handschuhe an. Sie stand schief da; sie hatte vergessen, Deodorant unter ihren rechten Arm zu tun, und ihre hübsche braune Bluse begann einen sich vergrößernden Fleck unter dem Arm zu zeigen.
»Siehst du, was geschieht?« Bobbo wandte sich Ruth zu. »Du hast es sogar geschafft, daß meine Eltern sich streiten! Wenn du irgendwo Glück siehst, mußt du es zerstören. Genau die Sorte Frau bist du.«
Brenda und Angus verließen das Haus. Sie gingen nebeneinander den Weg hinunter, jedoch ohne sich zu berühren. Häuslicher Krach wirkt ansteckend. Glückliche Paare tun gut daran, die Gesellschaft unglücklicher Paare zu meiden.
Ruth ging ins Badezimmer und schloß die Tür hinter sich ab. Andy und Nicola holten die Mousse au chocolat aus dem Kühlschrank und teilten sie sich.
»Würde dir ganz recht geschehen, wenn ich jetzt zu Mary fahr«, sagte Bobbo durch das Schlüsselloch. »Du hast heute abend nichts als Unheil angerichtet! Du hast meine Eltern aufgeregt, du hast deine Kinder aufgeregt, und du hast mich aufgeregt. Selbst die Tiere hatten darunter zu leiden. Endlich hast du mir dein wahres Gesicht gezeigt. Du bist eine drittklassige Person. Du bist eine schlechte Mutter, eine noch schlimmere Ehefrau und eine fürchterliche Köchin. In Wirklichkeit bist du gar keine Frau. Ich glaube, du bist ein Teufel, genau, eine Teufelin!«
Als er das sagte, schien es ihm, als würde sich das Schweigen, das auf der anderen Seite der Tür herrschte, verändern; er dachte, vielleicht hatte er sie so erschreckt, daß sie bereit war, sich zu entschuldigen und zu unterwerfen. Doch obwohl er klopfte und gegen die Tür hämmerte, kam sie nicht heraus.
7
Ach so, verstehe. Ich dachte, ich wäre eine ordentliche Ehefrau, die vorübergehend über die Grenzen des Erträglichen hinaus belastet wurde, aber nein. Er sagt, ich bin eine Teufelin.
Vermutlich hat er recht. Da er sich in dieser Welt so gut zurechtfindet und ich mich so schlecht, muß ich davon ausgehen, daß er recht hat. Ich bin eine Teufelin.
Aber das ist wundervoll! Das muntert auf! Als Teufelin kriegt man sofort einen klaren Kopf. Die Lebensgeister werden wach. Es gibt keine Scham mehr, keine Schuldgefühle, kein ermüdendes Streben danach, gut zu sein. Im Endeffekt existiert nur noch das, was du willst. Und ich kann mir nehmen, was ich will. Ich bin eine Teufelin!
Aber was will ich? Das könnte natürlich ein Problem sein. Schwankendes zögerndes Verhalten in diesem besonderen Punkt können ein Leben lang dauern – was bei den meisten Leuten gewöhnlich auch der Fall ist. Aber das trifft ganz sicher nicht auf weibliche Teufel zu. Die Guten werden von Zweifeln befallen, nicht die Bösen.
Ich will Rache.
Ich will Macht.
Ich will Geld.
Ich will geliebt werden, ohne zurückzulieben.
Ich will dem Haß freien Lauf lassen. Ich will, daß der Haß die Liebe vertreibt, und ich will dem Haß folgen, wohin er mich führt; und dann, wenn ich mit ihm getan habe, was ich will – keine Minute früher –, werde ich ihn beherrschen.
Im Badezimmerspiegel betrachte ich mein Gesicht. Ich möchte irgendeine Äußerung entdecken.
Ich ziehe meine Kleider aus. Nackt stehe ich da. Ich schaue. Ich möchte mich verändern.
Nichts ist unmöglich, nicht für weibliche Teufel.
Streif die Ehefrau ab, die Mutter, suche die Frau, und da kommt die Teufelin zum Vorschein.
Ausgezeichnet!
Glitzer-glitzer. Sind das meine Augen? Sie strahlen so hell, daß sie das ganze Badezimmer erleuchten.
8
Nachdem Angus und Brenda