Erinnerungen von Ludolf Ursleu dem Jüngeren . Ricarda Huch

Erinnerungen von Ludolf Ursleu dem Jüngeren  - Ricarda Huch


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       Ricarda Huch

      Erinnerungen von Ludolf Ursleu dem Jüngeren

       Liebe kennt keine Hindernisse

      e-artnow, 2021

       Kontakt: [email protected]

      EAN: 4064066388805

       I

       II

       III

       IV

       V

       VI

       VII

       VIII

       IX

       X

       XI

       XII

       XIII

       XIV

       XV

       XVI

       XVII

       XVIII

       XIX

       XX

       XXI

       XXII

       XXIII

       XXIV

       XXV

       XXVI

       XXVII

       XXVIII

       XXIX

       XXX

       XXXI

       XXXII

       XXXIII

       XXXIV

       XXXV

       XXXVI

       XXXVII

       XXXVIII

       XXXIX

      I

       Inhaltsverzeichnis

      Von Martin Luther, welcher die Anlagen hatte, ein großer Mensch zu werden, heißt es, daß er eines Tages habe zusehen müssen, wie ein im Gespräch neben ihm wandelnder Mann vom fallenden Blitz jäh erschlagen wurde. Dieses Erlebnis soll ihn im Gemüte so erschüttert haben, daß er sich von der Welt abkehrte, Mönch wurde und ins Kloster ging, worin er leider nicht verblieben ist. So ist es mir ergangen, wenn auch der Blitz, den ich blindlings niederfahren sah, nicht der äußerlichen Welt angehörte; aber er war nicht minder vernichtend.

      Ich sah auf einmal, wie ich jetzt ausführlich beschreiben will, daß es nichts und gar nichts gibt, was im Leben einen festen Stand hat. Das Leben ist ein grundloses und ein uferloses Meer; ja, es hat wohl auch ein Ufer und geschützte Häfen, aber lebend gelangt man dahin nicht. Leben ist nur auf dem bewegten Meere, und wo das Meer aufhört, hört auch das Leben auf. Wie wenn eine Koralle aus dem Meere tritt, so erstirbt sie. Und wenn man die schönen, glasbunten Quallen aus dem Wasser nimmt, so hat man eine scheußliche Gallerte in der Hand. Nun, meine ich, ist es so mit den Menschen und dem Leben: man kann wohl Ruhe und Sicherheit erlangen, aber nur, wenn man auf das Leben mit seinem fröhlichen Wellenspiel, seinen wechselnden Farben, seinen tollen Stürmen verzichtet. Viele meinen, und besonders die jungen Leute und alte, die nichts erlebt haben, inmitten der unaufhaltbaren Bewegung, wo die erste Welle im Augenblick des Werdens schon mit der zweiten verschmilzt und so fort, und der vergangene und der nächste Augenblick so zwillingsmäßig miteinander verwachsen sind, daß sich kein kleinstes Stückchen mit Namen Jetzt oder Gegenwart dazwischen klemmen läßt, gäbe es so allerhand ewige Felsen. Damit meint man Liebe und Freundschaft und andere Empfindungen des Herzens; denn diese stimmen einen glücklich und darum gut, und darum hält man sie für heilig. Nun aber, was soll aus diesem kindischen Dinge, dem menschlichen Herzen, Ewiges kommen? dem Springinsfeld, der nie das Stillsitzen lernt in der Schule des Lebens? Das beständig hin und her zittert, als ob es auf allzu langem Stiele säße wie die Blätter der Espe? Es fährt als ein Kähnlein auf dem gewaltigen Lebensmeere umher, und bald schluckt es zuviel Wasser und sinkt und verzagt, bald tragen Wellen es in die Lüfte, daß es sich dem Himmel nähert, und dann jauchzt es voll Übermut und triumphiert. Aber es muß wieder hinunter, und wenn es unten ist, wieder hinauf. Es kann auch eine glatte Bahn durchlaufen oder in eine Meeresstille geraten, daß es still und bange daliegt wie vor dem Magnetberge. Aber wie es auch sei, den Hafen findet es nicht im Meere, Häfen sind am Ufer; das ist das Jenseits.

      Mein Boot, welches eine leidlich unscheinbare Fahrt hatte, geriet in einen großen Sturm und Schiffbruch und wurde an den Strand geschleudert. Nicht gemächlich lief ich ein in die Bucht, ich ward ausgespieen wie Robinson. Meine wüste Insel und mein Jenseits ist das Kloster


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