Spitzenteams der Zukunft. Richard de Hoop
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Hello again!
Mal eine Frage: Wie klingt Ihr Team gerade so? Harmonisch wie schmelzende Geigenklänge? Oder eher wie – Krawall? Seit vielen Jahren verwende ich Musik als Metapher und Inspirationsquelle für Teams. Und seit fast ebenso vielen Jahren nutze ich das geniale Teamrollenmodell des englischen Psychologen und Managementexperten Dr. Meredith Belbin. Ich habe daraus ein Orchestermodell gemacht, in dem jede der acht Teamrollen von Belbin durch ein anderes Musikinstrument repräsentiert wird. Was Sie gerade in Händen halten, ist mein zweites Buch zu diesem Thema – hello again!
Mein erstes Buch Macht Musik ist ebenfalls im GABAL Verlag erschienen. Sie dürfen es sehr gerne lesen – aber keine Sorge: Sie brauchen mein erstes Buch nicht zu kennen, um dieses neue Buch zu verstehen. Alles, was Sie über das Teamrollenmodell von Belbin wissen müssen, erkläre ich Ihnen Schritt für Schritt. Wer das Buch von vorne nach hinten liest, statt kreuz und quer, ist deshalb klar im Vorteil.
In diesem Buch geht es um die Spitzenteams der Zukunft. Gleichzeitig geht es um die neue Welt der Wirtschaft, die gerade entsteht. Beides ist untrennbar miteinander verbunden. Die Teams der Zukunft sind flexibel, intelligent, vielseitig, kooperativ und sich selbst organisierend. Damit passen sie in eine Zeit, in der es zwar kaum noch Sicherheiten, dafür aber unzählige neue Chancen und Möglichkeiten geben wird. Wenn ich die Teams der Zukunft mit einem einzigen Adjektiv beschreiben soll, dann sage ich: Sie sind virtuos.
Denn genau das, was in der Musik einen Virtuosen ausmacht, wird die Mitglieder zukünftiger Spitzenteams auszeichnen: Talente durch lebenslanges Üben voll entwickeln, die Möglichkeiten der anderen kennen – und schließlich in der Lage sein, sich jederzeit spontan abzustimmen und zusammenzuspielen. Die Wirtschaft der Zukunft kann ohne solche Teamvirtuosen nicht funktionieren. Denn diese Wirtschaft ist agil, komplex, global vernetzt und hoch innovativ. Warum Sie diese Zukunft nicht fürchten müssen, sondern sich darauf freuen dürfen, erfahren Sie auf den folgenden Seiten.
Das Buch besteht aus fünf Teilen und Zusatzangeboten online. In Teil I geht es um die sich immer schneller drehende Welt der Wirtschaft, in der es nur noch gemeinsam weitergeht und Spitzenteams eine Schlüsselrolle spielen. Teil II macht Sie mit den Grundlagen meines Orchestermodells und den Teamrollen von Belbin vertraut. Ich empfehle die Lektüre auch allen, die mein erstes Buch kennen, zur Auffrischung ihrer Belbin-Kenntnisse. In Teil III geht es darum, was in den Unternehmen der Zukunft konkret anders laufen wird als heute. Teil IV zeigt dann für jedes der acht Instrumente – sprich: Teamrollen – den Weg vom Einsteiger über den Fortgeschrittenen zum Virtuosen. QR-Codes führen Sie direkt zu weiteren Online-Übungen für Ihre Lieblingsinstrumente. Teil V schließlich beschreibt den Weg zum virtuosen Team und gibt Ihnen mit dem 4-C-Modell ein anschauliches Tool für die Weiterentwicklung Ihres Teams an die Hand.
Zusatzangebote online
Unter www.richarddehoop.de und www.teamtalenttraining.de finden Sie jede Menge weitere Übungen für alle Teamrollen sowie einen Selbsttest, mit dem Sie Ihre Lieblingsinstrumente erkennen können. Hyperlinks leiten Sie auf die richtige Seite.
http://dehoopentertainment.nl/de/Oefeningen/Video-spitzenteams-der-zukunft.html
Ich wünsche Ihnen eine inspirierende Lektüre sowie viel Spaß und Erfolg bei den Übungen und beim Jamming in der Praxis!
Mit einer fröhlichen Note
Ihr Richard de Hoop
Teil I:
Changin’ Times Intro
»Leben ist das, was passiert, während du eifrig dabei bist, andere Pläne zu machen.«
John Lennon, Poplegende
Track 1 ·
Die Welt dreht sich schneller – wie schnell sind Sie?
»Was die reine Schnelligkeit angeht – da sollten Sie mal meine Schüler hören. Da komme ich manchmal kaum noch mit.«
Maurice Steger, Flötenvirtuose
Ich kam rein und wusste: Hier ist die Luft raus. Keine Musik mehr, die mir Laune macht. Keine Verkäufer, die freudestrahlend auf mich zukommen. Ich schaute mich um: Ein Laden für Männersachen wie viele andere. Hatte hier einmal ein Spitzenteam jeden Tag Party gemacht? Ich konnte es kaum glauben.
Verlegen standen die beiden Regioleiter, die mich angerufen hatten, in einer Ecke. Es waren alte Freunde. Und sie waren frustriert. »Richard, es läuft nicht mehr«, meinte einer. Ihre Lieblingskollegen hatten längst gekündigt. Wir unterhielten uns eine dreiviertel Stunde. Plötzlich kam der neue CEO dazu. Er war von einem internationalen Luxuslabel hierher gewechselt. »Ey, was will der hier?«, raunte er seine Regioleiter an und schielte dabei zu mir herüber.
Später, nach einem missglückten Gespräch, sagte der CEO mir noch knapp, er wüsste seit Langem, wie das Modebusiness funktioniert. Ich ging. Kurz darauf stand in der Zeitung, dass »Set Point« pleite sei. So schnell kann das heute gehen. Mich wundert es nicht.
Wenn Sie mein erstes Buch Macht Musik gelesen haben, dann kennen Sie Set Point als sensationell erfolgreiche holländische Kette für Männerkleidung. In den 44 Filialen gab es noch vor Kurzem Aktionen, bei denen die Kunden hin und weg waren vor Begeisterung. Jetzt sind die Kunden nur noch weg. Und zwar für immer. Nach dem Verkauf von Set Point an einen dieser Konzerne, die ganz Europa mit ihren Läden überziehen, war nach fünf Jahren Schluss. Noch vor zwei Jahrzehnten wäre ein so schnelles Sterben kaum vorstellbar gewesen. Und wissen Sie, was noch erschreckender ist? Bei Set Point gab es nicht einmal katastrophales Missmanagement oder irgendwelche Skandale. Die Firma hatte »nur« aufgehört, sich weiterzuentwickeln. Bisher hoch motivierte Teams sollten jetzt business as usual machen. Es gab keine Antworten auf die nächste Welle der digitalen Revolution. Und die bisher mit viel Aufwand betreuten Kunden waren nur noch Datenbankeinträge im CRM-System eines Bekleidungskonzerns. Solche Fehler reichen heute schon, um schlagartig aus dem Geschäft zu sein.
Der neue CEO von Set Point wurde direkt nach der Übernahme eingesetzt und repräsentierte für mich die alte Welt der Wirtschaft. Er war gekleidet und gestylt, als wäre er einer Printwerbung jenes Luxuslabels entstiegen, bei dem er Karriere gemacht hatte. Das ist okay, in einem Spitzenteam darf jeder seinen persönlichen Stil pflegen. Doch so unnahbar, wie ein männliches Model über den Laufsteg schwebt, so distanziert bewegte er sich auch durch die Firma. Er dachte in Flagship-Stores. Schöne Fassaden und teure Werbung waren seine Welt. Gleichzeitig bestellten die Leute aber Kleidung zunehmend im Internet – bei uns in Holland übrigens früher und in größeren Mengen als in Deutschland, wo das erst jetzt richtig losgeht. Welchen Wert soll ein Shop in der Innenstadt den Kunden dann noch bieten? Worin besteht seine Existenzberechtigung? Die alte Welt der Wirtschaft hat auf solche Fragen oft keine Antworten. Ja, manche machen sich nicht einmal die Mühe, nach Antworten zu suchen. So wie dieser CEO.
Die Repräsentanten der neuen Welt der Wirtschaft heißen Zappos in den USA oder Zalando in Deutschland. Sie krempeln die Modebranche kräftig um. In der Finanzwelt heißen die neuen Mitspieler Square oder Indiegogo. Jeder kann heute mit seinem Smartphone Kreditkarten akzeptieren oder online für eine Idee Geld bekommen. Oder nehmen wir die Autoindustrie. Mit dem Tesla Model S hat ein kalifornisches Start-up ein Luxusauto auf die Räder gestellt, das im Vergleichstest einer deutschen Autozeitschrift bis auf Haaresbreite an den Porsche Panamera herangekommen ist. Der Tesla ist dabei nicht irgendein Luxusauto. Sondern ein Elektrofahrzeug mit einem zukunftsweisenden Antriebskonzept.