Marguerite Porete. Marguerite Porete
Marguerite Porete
kam vermutlich im Jahr 1250 in der nordostfranzösischen Stadt Valenciennes zur Welt. Aufgrund ihrer hohen Bildung darf man vermuten, dass sie dem Patriziat der Stadt entstammt. Sie schloss sich der Beginenbewegung an und hatte ein zwiespältiges Verhältnis zur Kirche. Ihr in einfacher Volkssprache geschriebenes Werk Der Spiegel der einfachen Seelen versetzte die kirchliche Inquisition in Aufruhr und führte zu ihrer öffentlichen Verbrennung im Jahr 1310 in Paris. Heute gilt sie als eine der wichtigsten Mystikerinnen und theologischen Schriftstellerinnen Frankreichs.
Der Herausgeber
Dr. theol. h.c. Gerhard Wehr, geb. 1931 in Schweinfurt/Main. Nach langjähriger Tätigkeit auf verschiedenen Feldern der Diakonie und der Erwachsenenbildung, zuletzt als Lehrbeauftragter an der Fachakademie für Sozialpädagogik in Rummelsberg/Nürnberg, arbeitet er als freier Schriftsteller in Schwarzenbruck bei Nürnberg. Ein Großteil seiner Werke zur neueren Religions- und Geistesgeschichte ist in mehreren europäischen und asiatischen Sprachen verbreitet.
Der Übersetzer
Dr. Bruno Kern, geboren 1958, studierte Theologie und Philosophie in Wien, Fribourg, München und Bonn; er lebt zurzeit in Mainz und arbeitet als selbstständiger Lektor und Übersetzer.
Zum Buch
»Ihr Leben löst die Wahrheit ihres Buches ohne Worte ein.« Franz-Josef Schweitzer
Marguerite Porete hatte in einer ebenso überzeugenden wie herausfordernden Weise das Wort ergriffen und Widerhall unter dem Kirchenvolk ihrer Region gefunden. Ihr oblag es, einen Stufenweg der Seele zu Gott zu zeigen. Sie legte in temperamentvollen, bisweilen enthusiastischen Dialogen dar, wie sich die erleuchtete Seele von den Unzulänglichkeiten der menschlichen Vernunft wie auch der herkömmlichen Tugenden zu verabschieden habe, um sich in hingebungsvoller Liebe mit der Gottesliebe zu verbinden, einer Verbindung, die eine ungeahnte Freiheit des Geistes (spiritus libertatis) eröffnet. Sich selbst versteht diese ihres Adels bewusste Seele als eine Herrin über die Tugenden und als eine geradezu ebenbürtige Tochter der Gottheit.
Marguerite Porete hat mit ihrer tief im menschlichen Geist verankerten Liebe zu Gott das christliche Denken nachhaltig beeinflusst. Wie viele andere – gerade weibliche – vordenkende Mystiker musste auch sie für das Eintreten für ihre Glaubensweise auf dem Scheiterhaufen mit dem Leben bezahlen. Die den Beginen angehörende französischsprachige theologische Schriftstellerin war für eine Frau ihrer Zeit äußerst gebildet und vertrat ihre Ansichten zu öffentlich, und das ohne ihre Lehre als einer Gottesoffenbarung entsprungen zu bezeichnen, was im frühen Mittelalter meist der einzige Weg war, als theologisch in der Öffentlichkeit agierende Frau nicht in Konflikt mit der mittelalterlichen Inquisition zu kommen. Enthusiasmus rief Marguerite Porete unter den Gläubigen mit ihrer Lehre hervor, in der der Spiegel die etappenweise Befreiung der menschlichen Seele aus der weltlichen Abhängigkeit hin zu Gottes allmächtiger Liebe versinnbildlicht.
Marguerite Porete
Marguerite Porete
Textauswahl und Kommentar
von Gerhard Wehr
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Alle Rechte vorbehalten
Copyright © by marixverlag GmbH, Wiesbaden 2014
Der Text basiert auf der Ausgabe marixverlag, Wiesbaden 2014
Lektorat: Dr. Bruno Kern, Mainz
Bildnachweis: “Mater Dolorosa” von Hans Memling, um 1480/90
© akg images GmbH, Berlin
eBook-Bearbeitung: Bookwire GmbH, Frankfurt am Main
ISBN: 978-3-8438-0436-3
INHALT
Brüder und Schwestern vom Freien Geiste
Der Spiegel – Marguerites Lehrbuch der Liebe
AUS DEM Spiegel der einfachen Seelen
Die von Gott berührte Seele (Kap. 1)
Das Vorhaben der Liebe (Kap. 2)
Die Liebe und die Gebote der heiligen Kirche (Kap. 3)
Die erhabene Tugend der Nächstenliebe (Kap. 4)
Der Friede der Nächstenliebe (Kap. 5)
Abschied von den Tugenden (Kap. 6)
Inwiefern die Seele edel ist (Kap. 7)
Wie die Vernunft erstaunt ist (Kap. 8)
Von der Willenlosigkeit (Kap. 9)
Zwölf Namen der Liebe (Kap. 10)
Neun Punkte der Liebe (Kap. 11)
Die zunichte gewordenen Seele, die überhaupt keinen Willen mehr hat (Kap. 12)
Inwiefern die Vernunft zufrieden ist (Kap. 13)
Durch den Glauben weiß die Seele von Gott (Kap. 14)
Vom heiligen Sakrament des Altares (Kap. 15)
Die Seelen gestehen der Natur das zu, was sie begehrt (Kap. 17)
Wie Gaube, Hoffnung und Nächstenliebe Kenntnis