Die schönsten Gedichte. Johann Wolfgang Goethe

Die schönsten Gedichte - Johann Wolfgang Goethe


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      Johann Wolfgang Goethe

      Die schönsten Gedichte

      Ausgewählt von Dietrich Bode

      Reclam

      2021 Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

      Covergestaltung: Anja Grimm Gestaltung

      Gesamtherstellung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

      Made in Germany 2021

      RECLAM ist eine eingetragene Marke der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart

      ISBN 978-3-15-961863-0

      ISBN der Buchausgabe 978-3-15-020632-4

       www.reclam.de

      Die Nacht

      Gern verlass ich diese Hütte,

      Meiner Schönen Aufenthalt,

      Und durchstreich mit leisem Tritte

      Diesen ausgestorbnen Wald.

      Luna bricht die Nacht der Eichen,

      Zephirs melden ihren Lauf,

      Und die Birken streun mit Neigen

      Ihr den süßten Weihrauch auf.

      Schauer, der das Herze fühlen,

      Der die Seele schmelzen macht,

      Wandelt im Gebüsch im Kühlen.

      Welche schöne, süße Nacht!

      Freude! Wollust! Kaum zu fassen!

      Und doch wollt ich, Himmel, dir

      Tausend deiner Nächte lassen,

      Gäb mein Mädchen eine mir.

       Ode

      an meinen Freund Behrisch

      Sei gefühllos!

      Ein leichtbewegtes Herz

      Ist ein elend Gut

      Auf der wankenden Erde.

      Behrisch, des Frühlings Lächeln

      Erheitre deine Stirne nie,

      Nie trübt sie dann mit Verdruss

      Des Winters stürmischer Ernst.

      Lehne dich nie an des Mädchens

      Sorgenverwiegende Brust,

      Nie auf des Freundes

      Elendtragenden Arm.

      Schon versammelt

      Von seiner Klippenwarte

      Der Neid auf dich

      Den ganzen luchsgleichen Blick,

      Dehnt die Klauen,

      Stürzt und schlägt

      Hinterlistig sie

      Dir in die Schultern.

      Stark sind die magern Arme,

      Wie Panther-Arme,

      Er schüttelt dich

      Und reißt dich los.

      Tod ist Trennung,

      Dreifacher Tod

      Trennung ohne Hoffnung

      Wiederzusehn.

      Gerne verließest du

      Dieses gehasste Land,

      Hielte dich nicht Freundschaft

      Mit Blumenfesseln an mir.

      Zerreiß sie! Ich klage nicht.

      Kein edler Freund

      Hält den Mitgefangenen

      Der fliehn kann zurück.

      Der Gedanke

      Von des Freundes Freiheit

      Ist ihm Freiheit

      Im Kerker.

      Du gehst, ich bleibe.

      Aber schon drehen

      Des letzten Jahrs Flügelspeichen

      Sich um die rauchende Achse.

      Ich zähle die Schläge

      Des donnernden Rads,

      Segne den letzten,

      Da springen die Riegel, frei bin ich wie du.

      Mit einem gemalten Band

      Kleine Blumen, kleine Blätter

      Streuen mir mit leichter Hand

      Gute junge Frühlings-Götter

      Tändelnd auf ein luftig Band.

      Zephyr, nimm’s auf deine Flügel,

      Schling’s um meiner Liebsten Kleid;

      Und so tritt sie vor den Spiegel

      All in ihrer Munterkeit.

      Sieht mit Rosen sich umgeben,

      Selbst wie eine Rose jung.

      Einen Blick, geliebtes Leben!

      Und ich bin belohnt genung.

      Fühle, was dies Herz empfindet,

      Reiche frei mir deine Hand,

      Und das Band, das uns verbindet,

      Sei kein schwaches Rosenband!

      Willkommen und Abschied

      Es schlug mein Herz, geschwind zu Pferde!

      Es war getan fast eh’ gedacht;

      Der Abend wiegte schon die Erde

      Und an den Bergen hing die Nacht:

      Schon stand im Nebelkleid die Eiche,

      Ein aufgetürmter Riese, da,

      Wo Finsternis aus dem Gesträuche

      Mit hundert schwarzen Augen sah.

      Der Mond von einem Wolkenhügel

      Sah kläglich aus dem Duft hervor,

      Die Winde schwangen leise Flügel,

      Umsausten schauerlich mein Ohr;

      Die Nacht schuf tausend Ungeheuer;

      Doch frisch und fröhlich war mein Mut:

      In meinen Adern welches Feuer!

      In meinem Herzen welche Glut!

      Dich sah ich, und die milde Freude

      Floss von dem süßen Blick auf mich;

      Ganz war mein Herz an deiner Seite

      Und jeder Atemzug für dich.

      Ein rosenfarbnes Frühlingswetter

      Umgab das liebliche Gesicht,

      Und Zärtlichkeit für mich – ihr Götter!

      Ich hofft’ es, ich verdient’ es nicht!

      Doch ach, schon mit der Morgensonne

      Verengt der Abschied mir das Herz:

      In deinen Küssen welche Wonne!

      In deinem Auge welcher Schmerz!

      Ich ging, du standst und sahst zur Erden,

      Und sahst mir nach mit nassem Blick:

      Und


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