Die schönsten Gedichte. Johann Wolfgang Goethe

Die schönsten Gedichte - Johann Wolfgang Goethe


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Götter, welch ein Glück!

       Heidenröslein

      Sah ein Knab ein Röslein stehn,

      Röslein auf der Heiden,

      War so jung und morgenschön,

      Lief er schnell es nah zu sehn,

      Sah’s mit vielen Freuden.

      Röslein, Röslein, Röslein rot,

      Röslein auf der Heiden.

      Knabe sprach: Ich breche dich,

      Röslein auf der Heiden!

      Röslein sprach: Ich steche dich,

      Dass du ewig denkst an mich,

      Und ich will’s nicht leiden.

      Röslein, Röslein, Röslein rot,

      Röslein auf der Heiden.

      Und der wilde Knabe brach

      ’s Röslein auf der Heiden;

      Röslein wehrte sich und stach,

      Half ihm doch kein Weh und Ach,

      Musst’ es eben leiden.

      Röslein, Röslein, Röslein rot,

      Röslein auf der Heiden.

       Wandrers Sturmlied

      Wen du nicht verlässest, Genius,

      Nicht der Regen, nicht der Sturm

      Haucht ihm Schauer übers Herz.

      Wen du nicht verlässest, Genius,

      Wird dem Regengewölk,

      Wird dem Schlossensturm

      Entgegen singen,

      Wie die Lerche,

      Du da droben.

      Den du nicht verlässest, Genius,

      Wirst ihn heben übern Schlammpfad

      Mit den Feuerflügeln;

      Wandeln wird er

      Wie mit Blumenfüßen

      Über Deukalions Flutschlamm,

      Python tötend, leicht, groß,

      Pythius Apollo.

      Den du nicht verlässest, Genius,

      Wirst die wollnen Flügel unterspreiten,

      Wenn er auf dem Felsen schläft,

      Wirst mit Hüterfittigen ihn decken

      In des Haines Mitternacht.

      Wen du nicht verlässest, Genius,

      Wirst im Schneegestöber

      Wärmumhüllen;

      Nach der Wärme ziehn sich Musen,

      Nach der Wärme Charitinnen.

      Umschwebet mich, ihr Musen,

      Ihr Charitinnen!

      Das ist Wasser, das ist Erde

      Und der Sohn des Wassers und der Erde,

      Über den ich wandle

      Göttergleich.

      Ihr seid rein, wie das Herz der Wasser,

      Ihr seid rein, wie das Mark der Erde,

      Ihr umschwebt mich und ich schwebe

      Über Wasser, über Erde,

      Göttergleich.

      –––––––

      Soll der zurückkehren

      Der kleine, schwarze, feurige Bauer?

      Soll der zurückkehren, erwartend

      Nur deine Gaben, Vater Bromius,

      Und hellleuchtend umwärmend Feuer?

      Der kehren mutig?

      Und ich, den ihr begleitet,

      Musen und Charitinnen alle,

      Den alles erwartet, was ihr,

      Musen und Charitinnen,

      Umkränzende Seligkeit

      Rings ums Leben verherrlicht habt,

      Soll mutlos kehren?

      Vater Bromius!

      Du bist Genius,

      Jahrhunderts Genius,

      Bist, was innre Glut

      Pindarn war,

      Was der Welt

      Phöbus Apoll ist.

      Weh! Weh! Innre Wärme,

      Seelenwärme,

      Mittelpunkt!

      Glüh entgegen

      Phöb’ Apollen;

      Kalt wird sonst

      Sein Fürstenblick

      Über dich vorübergleiten,

      Neidgetroffen

      Auf der Zeder Kraft verweilen,

      Die zu grünen

      Sein nicht harrt.

      –––––––

      Warum nennt mein Lied dich zuletzt?

      Dich, von dem es begann,

      Dich, in dem es endet,

      Dich, aus dem es quillt,

      Jupiter Pluvius!

      Dich, dich strömt mein Lied,

      Und kastalischer Quell

      Rinnt ein Nebenbach,

      Rinnet Müßigen,

      Sterblich Glücklichen

      Abseits von dir,

      Der du mich fassend deckst,

      Jupiter Pluvius!

       Nicht am Ulmenbaum

      Hast du ihn besucht,

      Mit dem Taubenpaar

      In dem zärtlichen Arm,

      Mit der freundlichen Ros umkränzt,

      Tändelnden ihn, blumenglücklichen

      Anakreon,

      Sturmatmende Gottheit!

      Nicht im Pappelwald

      An des Sybaris Strand,

      An des Gebirges

      Sonnebeglänzter Stirn nicht

      Fasstest du ihn,

      Den Blumen-singenden

      Honig-lallenden

      Freundlich winkenden

      Theokrit.

      Wenn die Räder rasselten

      Rad an Rad rasch ums Ziel weg,

      Hoch flog

      Siegdurchglühter

      Jünglinge Peitschenknall,

      Und sich Staub wälzt’,

      Wie vom Gebirg herab

      Kieselwetter ins Tal,

      Glühte deine Seel Gefahren, Pindar,

      Mut. – Glühte? –

      Armes


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