Seewölfe - Piraten der Weltmeere 156. Davis J.Harbord

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 156 - Davis J.Harbord


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      Impressum

      © 1976/2015 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      ISBN: 978-3-95439-480-7

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

       Kapitel 10

      1.

      Der Wind stand von Westen und schien etwas dagegen zu haben, die „Isabella VIII.“ in die weitgeöffnete Trichtermündung der Themse einzulassen. Da halfen nur Kreuzschläge und ein verbissenes Gegenanknüppeln. Draußen auf See war das ein Spielchen, mit dem die Seewölfe aus dem Handgelenk fertig wurden. Hier sah das anders aus.

      Die Galeone hatte tief geladen, und da waren diese verdammten Sande in der Themsemündung, von denen sogar die Fischer von Sheerness und Southend ständig behaupteten, da sei jemand tagtäglich dabei, unter Wasser Sand abzuladen – Berge davon! Abladen und irgendwo wieder aufbauen. Und tückisch genug: das Aufbauen immer dort, wo es vorher tief und sicher genug gewesen war, auch mit der schwersten Ladung noch durchschlüpfen zu können.

      Es war immer gut, jemandem für diese Veränderungen in der Einfahrt zur Themse die Schuld zuschieben zu können. Dabei waren hier keine Wassermänner oder womöglich Nixen und Meerweiber am Werk, sondern wer da baggerte, das waren Ebbe und Flut, der Themsestrom und jene Kraft unzähliger Tonnen von Wasser, die sich seit Menschengedenken durch jene Enge preßten und wälzten, die von den Engländern „Channel“ und von den Franzosen „La Manche“ genannt wurde.

      Die Leute hüben und drüben der Kanalküste – und die mußten es ja wissen – behaupteten auch, diese Enge sei ein bestimmter hinterer und unterer Körperteil des Teufels, deswegen zöge es dort auch so, und riechen könne man es auch.

      Aber den Kanal hatten die Seewölfe bereits hinter sich gebracht – bei Westwind kein Problem, mit dem hätten sie sich bis an die niederländischen Küsten blasen lassen können, aber da wollten sie ja nicht hin.

      Nein, sie wollten nach London. Und darum waren sie zuerst mit einem langen Schlag über Steuerbordbug an Ramsgate vorbei nordwärts gelaufen und so hoch wie möglich an den Wind gegangen.

      Ben Brighton, Philip Hasard Killigrews Bootsmann und erster Offizier, lotste die „Isabella“ an den Sanden vorbei. An Backbord waren es die Shingles, an Steuerbord der massige Long Sand. Er kannte diese Ekke, denn er war in Gravesend geboren und mit Themsewasser getauft worden. Sein Vater war Fischer gewesen und später auf See geblieben. Und Ben hatte schon als Junge draußen beim Fischfang hart mit anpakken müssen, ganz abgesehen von den Maulschellen, die es hagelte, wenn er als Rudergänger auf die Sande gesteuert war.

      Vielleicht beruhte auf diesen Erfahrungen Ben Brightons unbedingte Zuverlässigkeit, die Hasard an ihm so schätzte. Ruhig wie eh und je stand dieser breitschultrige, dunkelblonde Mann am Ruderhaus bei Pete Ballie und gab seine Kursanweisungen.

      Philip Hasard Killigrew konnte Däumchen drehen. Wenn Ben Brighton die „Isabella“ fuhr, hatte der Kapitän, wenn es so etwas überhaupt für ihn gab, Ruhepause.

      Es war frisch an diesem Tag, Anfang Mai 1588. Ungeachtet dessen waren die Männer der „Isabella“, braungebrannte, sehnige Gestalten, barfuß. Die Knaben Hasard und Philip, Philip Hasard Killigrews Zwillingssöhne, patschten ebenfalls barfuß über die Kuhl, bewaffnet mit Pütz und Schrubber, um das Deck zu säubern. Wasser war dabei die Hauptsache, das holten sie sich mit der Pütz, die an einem langen, eingespleißten Tampen hing, von außenbords an der Leeseite.

      Hasard beobachtete seine Sprößlinge. Nach deren Mienen zu urteilen, war da wieder was im Busch. Außerdem flötete Hasard junior – bei ihm immer ein Zeichen dafür, Unauffälligkeit zu mimen, aber bereits etwas im Schilde zu führen.

      Edwin Carberry, der eiserne Profos der „Isabella“, ein Mann wie ein Felsen, fuhr herum und fixierte den flötenden Knaben.

      „Ausscheiden!“ sagte er grimmig.

      Ausscheiden bedeutete nach Carberrys Sprachgebrauch soviel wie aufhören.

      „An Bord wird nicht gepfiffen“, fügte Carberry hinzu. „Klar?“

      „Nein“, sagte Hasard junior und grinste zu dem Profos hoch, dem er allenfalls bis zum Nabel reichte, „nicht klar, Mister Profos, Sir, überhaupt nicht klar.“

      „Nein, überhaupt nicht klar“, sagte nun auch Philip junior.

      Wenn es überhaupt etwas gab, um die beiden zu unterscheiden, dann war es das, daß Philip junior zumeist bestätigte, was Hasard junior feststellte. Das bedeutete keineswegs, daß er maul- oder denkfaul war, nein, es war bei ihm eher symbolisch gemeint, daß er mit seinem Bruder einer Meinung sei und demzufolge ihrer beider Meinung als einstimmig anerkannt werden müsse.

      „Wer an Bord pfeift, verscheucht den Wind“, erklärte Edwin Carberry, die Pranken in die Seiten gestützt. „Und was ist, wenn kein Wind weht?“

      „Flaute“, sagte Hasard junior.

      „Flaute“, bestätigte Philip junior, runzelte aber die Stirn und blickte zu dem Profos hoch. „Bist du ganz sicher, daß kein Wind mehr weht, wenn jemand an Bord pfeift, Mister Profos, Sir?“

      „Ganz sicher“, erwiderte Carberry mit dem Brustton der Überzeugung und landete damit in der Falle, die Philip junior prompt zuschnappen ließ.

      „Und bei Sturm?“ sagte er. „Warum pfeift da keiner, damit der Wind einschläft, Mister Profos, Sir?“

      Die Männer auf der Kuhl, die dem Dialog gefolgt waren, begannen zu grinsen. Auch Hasard lächelte in sich hinein. Da saß der Profos ganz schön in der Zwickmühle.

      „Hm“, sagte der Profos und kratzte sich den Bauch. „Bei Sturm gilt das nicht, und zwar deswegen nicht, weil der Sturm beim Heulen und Brausen gar nicht hört, daß jemand pfeift. Ist doch klar, oder?“

      Na, da hatte sich der Profos doch noch herrlich herausgeredet. Die Erklärung war gar nicht so schlecht.

      „Schade“, sagte Philip junior, war aber keineswegs von Carberrys Argument überzeugt. „Wir müßten eben alle Mann pfeifen und dann auf vier Fingern – so!“ Er steckte die rechten und linken Zeigefinger und Mittelfinger schräg in den Mund und stieß einen gellenden Pfiff aus.

      Carberry zuckte zusammen. Und er zuckte noch einmal zusammen, als auch Hasard junior auf die gleiche Weise demonstrierte, wie man bei Sturm den Wind überlisten könne. Da Hasard junior einen halben Ton höher pfiff, ergab das einen Mißklang, daß man Zahnschmerzen kriegen konnte. Und auf den Fingern pfeifen, das konnten die beiden, alles was recht ist.

      „Ausscheiden!“ brüllte der Profos. „Seid ihr wahnsinnig?“

      Hasard junior und Philip junior starrten gebannt


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