Seewölfe - Piraten der Weltmeere 395. Frank Moorfield

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 395 - Frank Moorfield


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      © 1976/2018 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      eISBN: 978-3-95439-803-4

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

       Frank Moorfield

Die Schergen des Gouverneurs

      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

      1.

      Man schrieb den 12. Juli im Jahre des Herrn 1594. Die Vormittagssonne tauchte den Hafen von Havanna in gleißendes Licht. Ein schwacher Ostwind, der vom Gebirgsland der Sierra Maestra herüberwehte, ließ die beginnende Hitze etwas erträglicher werden.

      Auf den öffentlichen Plätzen der Inselhauptstadt herrschte ein buntes Leben und Treiben. Die schrillen Rufe der Marktfrauen und das Stimmengewirr der kubanischen Fischer, die durch hartnäckiges Feilschen einen guten Preis für die in den frühen Morgenstunden gefangenen Fische erzielen wollten, war bis zu den Piers und Stegen des Hafens zu hören.

      Jörgen Bruhn, der dunkelblonde Mann mit dem schmalen, scharfgeschnittenen Gesicht und den braunen Augen, hatte sich gegen einen Stapel leerer Wasserfässer gelehnt und gähnte. Schließlich war er seit Stunden auf den Beinen, und dies in einer Mission, die ebenso geheim wie gefährlich war.

      Der etwa fünfeinhalb Fuß große Hamburger war bemüht, gar nicht erst Müdigkeit in sich aufkommen zu lassen, deshalb stieß er sich von den Fässern ab und zog die Hände aus den Hosentaschen. Gleichzeitig ließ er seine Blicke aufmerksam durch das Hafenlabyrinth schweifen. Es war gar nicht so einfach, sich in der grotesken Landschaft von Galeonen, Karavellen, Schaluppen und Booten zurechtzufinden. Die zahlreichen Masten, die in den strahlend blauen Karibikhimmel ragten, erinnerten ihn an einen Wald mit kahlen, völlig entlaubten Baumstämmen.

      Jörgen hatte den Schatten der Wasserfässer noch nicht verlassen, da flog plötzlich die Tür einer nahe gelegenen Hafenkneipe auf. Bei den verlotterten Gestalten, die heraustorkelten, handelte es sich nicht etwa um betrunkene Seeleute, sondern unverkennbar um zwei Ladys. Die eine war klein und dicklich, die andere das genaue Gegenteil davon. Ihr dürrer, hochaufgeschossener Körper erinnerte eher an eine Bohnenstange. Die beiden Ladys grölten, jawohl, und an der Art, wie sie sich fortbewegten, war überhaupt nichts Graziöses. Die kleinere hatte sichtliche Mühe, ihren Kurs zu halten und drohte immer wieder nach Backbord abzudriften. Ihre Begleiterin verhinderte das, indem sie durch Unterhaken Kurskorrekturen vornahm. So schafften sie es, sich dem Standort des Deutschen zu nähern und stoppten schließlich abrupt ihre Schritte.

      Die Dralle deutete mit ausgestrecktem Zeigefinger auf Jörgen.

      „Schau nur, Rosita“, sagte sie mit schwerer Zunge, „was für ein hübsches Mannsbild! Einen Blondschopf habe ich schon lange nicht mehr gesehen.“

      „Ziemlich dunkelblond“, berichtigte die Dürre sachkundig. „Aber du hast recht, Pepita, so einem schnuckeligen Burschen sollte man noch vor dem Frühstück den Tag versüßen, meinst du nicht auch?“

      Pepita hieb sich mit den Händen auf den Bauch und kreischte vor Lachen.

      „Auf was warten wir noch?“ schrie sie begeistert.

      Jörgen hatte den beiden Ladys zunächst grinsend zugehört, doch als sie sich wieder in Bewegung setzten, begann ihm die Situation unangenehm zu werden. Bei Gott, dachte er, die haben das doch wohl nicht ernst gemeint!

      Das hatten sie aber ganz offensichtlich, und der Zuckerrohrschnaps, mit dem sie sich schon am Vormittag die Kehlen angefeuchtet hatten, schien ihnen sogar noch Auftrieb zu geben.

      Jörgen kratzte sich verlegen am Hinterkopf. Was sollte er tun? Auf keinen Fall wollte er besonderes Aufsehen erregen, denn er, Arne von Manteuffel sowie Jussuf, der Türke, lebten hier auf Kuba ohnehin auf einem Pulverfaß, das ihnen jederzeit um die Ohren fliegen konnte.

      Natürlich hing das alles mit der berüchtigten Black Queen zusammen, denn dieses Teufelsweib war seit einiger Zeit wieder in Aktion, trotz der harten Niederlagen, die sie hatte einstecken müssen. Inzwischen verfügte die schwarze Piratin, vor der einst die ganze Karibik gezittert hatte, über eine Zweimastschaluppe und zehn draufgängerische Kerle, zu denen natürlich auch Caligula, ihr Geliebter, gehörte.

      In einem anonymen Schreiben und mit einem Seekartenausschnitt hatte sie dem spanischen Gouverneur in Havanna, dem feisten Don Antonio de Quintanilla, die genaue Position der Schlangen-Insel verraten. Arne von Manteuffel aber, der seinem Vetter, dem Seewolf, zum Verwechseln ähnlich sah, war zufällig Zeuge davon geworden und hatte die Freunde vom Bund der Korsaren per Brieftaube gewarnt.

      Diese Ereignisse waren auch der Grund dafür, daß sich Jörgen Bruhn und Jussuf seit zwei Tagen im Hafen herumtrieben und unauffällig Ausschau nach den Spähern der Black Queen hielten. Diese Späher mußte es geben, davon waren sie fest überzeugt, denn die Piratin wollte unbedingt wissen, ob der feiste Gouverneur aufgrund ihres anonymen Hinweises einen Kampfverband gegen die Schlangen-Insel zusammenstellen ließ. Schließlich brannte ihr nichts mehr auf dem Herzen als die Rache am Seewolf, den sie für all ihre Niederlagen verantwortlich machte.

      Jörgen stand noch immer an seinem Platz, als sich die Ladys vor ihm aufbauten und ihm herausfordernde Blicke zuwarfen. Natürlich hatte er längst bemerkt, daß es sich um zwei ausgesprochene Vetteln handelte um verlotterte Hafenhuren der übelsten Sorte.

      „Haste wenigstens ’n bißchen Geld, Kleiner?“ wollte die dürre Rosita wissen.

      „Quatsch!“ sagte die Dralle. „Davon haben wir jetzt selber genug. Er kann uns aber gern einen Humpen Rotwein spendieren.“

      „Verschwindet!“ sagte Jörgen. „Ich hab’ kein Geld bei mir und spendiert wird auch nichts.“

      „Hoho!“ rief die Dürre. „Spricht man so mit zwei Señoritas, he?“

      Jörgen begann zu grinsen. „Señoritas?“ fragte er spöttisch. „Gibt es denn hier welche?“

      „Aber klar, mein Söhnchen.“ Die Dürre rückte einen Schritt näher. „Das hier ist Señorita Pepita, und ich“, sie deutete auf ihren kaum vorhandenen Busen, „bin Señorita Rosita.“

      „Ach nein“, brummte Jörgen, „daß ich soviel Schönheit auf einem Haufen übersehen konnte! Na, vielleicht habe ich ein anderes Mal die Ehre, die Señoritas auf einen Krug Wein einzuladen. Heute geht es leider nicht, weil es meine Zeit nicht erlaubt. Es freut mich doch, daß ich zwei so liebreizende Schönheiten kennenlernen durfte.“

      Er drehte sich um und wollte gehen, um sich so rasch wie möglich aus der Affäre zu ziehen. Aber damit waren die Ladys wohl nicht ganz einverstanden.

      „He, Jüngelchen, nur nicht so eilig!“ rief Rosita und stelzte hinter ihm her.

      Da half es auch nicht, daß Jörgen seine Schritte beschleunigte.


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